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Hertha vs F95 0:2 – Im Stil eines Spitzenreiters: diszipliniert, konzentriert und abgeklärt

Am Sonntag schlug das Team der glorreichen Fortuna die olle Tusse Hertha auswärts und völlig zu Recht und ist damit in 19 Ligaspielen ungeschlagen.

Bericht · Da saß euer Ergebener im Block 15.2 des Olympiastadions zu Berlin (das für ihn immer noch nach 1936 riecht) und hatte einen Vogelblick aufs Spielfeld. Interessant war das vor allem in den ersten 10, 12 Minuten, in denen man wunderbar das defensive Konzept von Cheftrainer Daniel Thioune und seinen Coaching-Kollegen sehen konnte. Die Buben in Rot gaben dem Gegner exakt den halben Rasen. Zwei Viererketten riegelten das eigene Territorium ab, immer schön vertikal gestaffelt. Und dazu fiel den Herthanern nichts ein. So machen Spitzenmannschaften das heute bei Auswärtspartien. Dazu ein paar dezente Angriffsstiche, nichts Dolles, nur um mal zusehen, was geht. Ein Musterbeispiel an Disziplin und Konzentration. [Lesezeit ca. 6 min]

Hertha vs F95: Der mächtige Fortuna-Fanblock (Screenshot Sky)
Hertha vs F95: Der mächtige Fortuna-Fanblock (Screenshot Sky)

Und Ruhe. Wie ruhig und abgeklärt die Fortunen (fast) durchgehend agierten, konnte man nach der Einwechslung des wilden Holländers Myron van Brederode in der 69. Minute sehen. Der brannte wie ein Osterfeuer, der wollte unbedingt was reißen. Engagiert, ja, aber eben auch zappelig. Kann man auch verstehen, weil der einfach zeigen will, dass er das Zeug hat Tzolis 2.0 zu werden. „Rustig, jongen, rustig!“ wollte der Ergebene ihm schon zurufen. Aber dann dachte er: Ach, lass den einfach mal machen. Ein Beispiel hätte sich der gute Myron am anderen Neuling nehmen können, Gio Haag, der seinen Job als Sechser neben Zimbo Zimmermann ab der 61. Minute mit großer Gelassenheit erledigte und bewies, dass er mehr ist als nur Ersatz für Cello Sobottka.

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Schön, dass auch Valli Lunddal, unser neuer Isländer, noch ein paar Minuten zeigen konnte, wie er den Job eines rechten Außenverteidigers interpretiert. Nominell ersetzte er Dawid Kownacki, tatsächlich aber rückte nach der 81. Minute Emma Iyoha, der bis dahin den rechten Flügel der Viererkette – nicht immer zuverlässig – beackert hatte, nach vorne und nahm dort eigentlich die Rolle von Ìsak Jóhannesson ein, der bis dahin eine Mischung aus offensivem Sechser und Achter vor Zimbo gespielt hatte.

Hertha vs F95: Der übliche Motivationskreis (Foto: FP)
Hertha vs F95: Der übliche Motivationskreis (Foto: FP)

Da war aber auch schon Jona Niemiec auf der blauumrandeten Wiese, der im Testspiel gegen Twente so geglänzt hatte, dass nicht wenige Expert:innen ihn in der Startelf gesehen hatten. Der Ergebene meinte zu seinem Kumpel Jannis, selbst aktiver Fußballer: Der Niemiec könnte so was werden wie der Nils Peterson, ein echter und wertvoller Joker. Jona hat so viele Qualitäten, aber auch einige Mängel. Der ist durchsetzungsstark und schnell und hat einen guten Schuss. Leider bleibt er ballführend nicht selten hängen, und als verlässlicher Vollstrecker fehlen ihm manchmal die Nerven.

Aber das kräftige und spielentscheidende 2:0 machte er dann nur fünf Minuten nach seiner Einwechslung. Erfreulich an Jona Niemiec ist auch, dass er alle drei Sturmpositionen spielen kann – auch eine Form von Polyvalenz (um dieses schwer angesagte Fachwort mal zu bemühen). Rückkehrer Dawid Kownacki aber ging dem Ergebenen mit seinem Phlegma zwischenzeitlich auf den Geist. Umschaltspiel des Gegners? Ach, denkt der Dawid, ja, mal sehen, da müsste ich vielleicht auch mal nach hinten… Oder dass er die Rolle des Wandspielers (noch so ein beklopptes Stück Jargon) ausgesprochen merkwürdig auslegt. Beim Versuch einen langen Ball zu kriegen, geht er mit seinem Gegenspieler fast immer rückwärts auf Körperkontakt, was wenig erfolgversprechend ist.

Hertha vs F95: Chance, die nichts einbringt (Foto: FP)
Hertha vs F95: Chance, die nichts einbringt (Foto: FP)

Dafür aber gelang dem unfassbar sympathischen Polen seine erste Bude nach der Rückkehr zur Fortuna, dem Verein, in dem er zuhause ist. Ja, das war schick, das hatte klasse, das war nicht einfach, das war mutig. Wie er im Stil eines Kampfkünstlers mit gestrecktem Bein und der Pike in die auf Schulterhöhe einfliegende Kugel ging und sie ins rechte Eck drückte. Vielleicht war diese Hütte der Knotenplatzer, der Dosenöffner oder – wie besonders alberne Spochrepochter sagen – „Brustlöser“ für Dawid. Der nach dem Einlochen vor die Kurve kam und sich die Freude über den Treffer in der 13. Minute aus dem Leib schrie.

Vorangegangen war ein Freistoß von der linken Ecke des Sechzehners, ausgeführt von Ísak Jóhannesson, der die Pille sanft in die Box hebt, wo Dawid Kownacki frei von Bewachern seine Artistik vorführen kann. Führung für den alten und neuen Spitzenreiter der zweiten Bundesliga!

Finde den Fehler: Menschen machen Fehler. Schreiber:innen sind Menschen, machen also Fehler. Und Schreiber ohne großes Team hinter sich – wie der Ergebene – machen natürlich auch Fehler. Deshalb unsere Bitte an alle: Wer einen Fehler im Text entdeckt, meldet ihn uns auf einem der bekannten Wege – z.B. per Mail an kontakt@fortuna-punkte.de oder über das Kontaktformular. Wir versprechen, falls wirklich etwas Falsches im Beitrag stand, bedanken wir uns nicht nur, sondern korrigieren es umgehend. Schönen Dank im Voraus!

Übrigens: Der junge Schiri Bacher leitete die Partie ziemlich souverän, was ihm den Zorn der Hertha-Fans einbrachte, die einfach nicht verstehen wollten, dass der Referee mit gelben Karten gegen die Heimmannschaft (16., 20., und 24. Minute) deren sich anbahnende Klopperei unterbinden wollte. Als die Blauen das Bacher’sche Konzept kapiert hatten, ließen sie sich dann in regelmäßigen Abständen nach Zweikämpfen fallen in der Hoffnung, der Unparteiische würde auch die Fortunen rasch mit Gelb bestrafen. Hat er aber nicht. Wie er bei den drei oder vier überprüfungsmöglichen Situationen auch ohne Hilfe der kölschen Grottenolme richtig lag.

Hertha vs F95: Das wunderbare 1:0 durch Dawid Kownacki (Screenshot Sky)
Hertha vs F95: Das wunderbare 1:0 durch Dawid Kownacki (Screenshot Sky)

Dann kam die 30. oder 32. Minute. Hertha-Innenverteidiger Linus Gechter war heftig mit seinem Mannschaftskollegen zusammengerasselt, zu Boden gesunken und lag auf dem Rasen, die Hand auf seine linke Schulter gepresst. Zunächst war weder klar, was genau passiert war und wie genau und wie schwer der DFB-U-Auswahlkicker verletzt war. Es dauerte Minute, bis die behandelnden Ärzte die Sanis anforderten und bis die den armen Kerl auf die Trage gewuchtet hatten. Zu Recht arbeiteten die Mediziner vorsichtig, denn es hätte auch eine Schädel- oder Wirbelverletzung sein können. Deswegen pflegten sie den Verletzten auch nach dem Abtransport minutenlang auf der Laufbahn außerhalb des Spielfelds.

Hertha vs F95: Lange Unterbrechung nach der schlimmen Verletzung (Foto: FP)
Hertha vs F95: Lange Unterbrechung nach der schlimmen Verletzung (Foto: FP)

Das Publikum auf beiden Seiten versuchte, Linus Gechter durch anhaltenden Applaus aufzumuntern. Käpt’n Hoffmann, der sich mit der kaputten Schulter auskennt, gab dem Verletzten ein paar aufmunternde Worte mit, und auch Daniel Thioune sprintete rüber, um seinen Trost zu spenden.

Nach zehn Minuten Unterbrechung ging’s weiter, und das Spiel war irgendwie völlig aus dem Leim. Gerade auf fortunistischer Seite häuften sich die Fehler, und vermutlich ist diese Periode verantwortlich für die miese Passquote von nur 79 Prozent (Hertha: 88 Prozent). Felix Klaus haute übermotiviert einen Kontrahenten um und sah Gelb. Sogar einen waschechten Kastenmeier-Moment gab es in der 39. Minute, als der Flo einen Hertha-Stürmer perfekt anspielte, der aber zu überrascht war, um was draus zu machen. Oder Emma Iyoha, der in der 42. Minute einen katastrophalen Rückpass auf seinen Tormann fabrizierte.

Hertha vs F95: Gefährliche Ecke, die nichts einbringt (Foto: FP)
Hertha vs F95: Gefährliche Ecke, die nichts einbringt (Foto: FP)

Käpt’n Hoffmann grätschte in der 43. Minute dicht an der Strafraumgrenze einen Herthaner ohne große Not um und sah ebenfalls die gelbe Karte. Da waren dann alle, die es mit der wundervollen Diva haben, doch erleichtert, dass Schiri Bacher neun Minuten nach dem Ende der regulären Spielzeit endlich zur Pause abpfiff.

Bis dahin hatte sich die beiden Außenstürmer, also Felix Klaus auf rechts, Tim Rossmann auf links, nur wenig in Szene gesetzt; eine Bindung zu Dawid Kownacki ganz vorn und Danny Schmidt als Neuneinhalber kam kaum zustande, sodass es vor allem Ísak Jóhannesson und Zimbo Zimmermann waren, die das Sturmzentrum fütterten. Kein Wunder, dass bis dahin die größten Chancen für unsere Düsseldorfer Jungs aus Standards resultierten.

Hertha vs F95: Jona Niemiec macht das 2:0 nach Vorlage von Dawid Kownacki (Screenshot Sky)
Hertha vs F95: Jona Niemiec macht das 2:0 nach Vorlage von Dawid Kownacki (Screenshot Sky)

Auch das 2:0 durch Jona Niemiec in der 66. Minute war wieder Ergebnis eines Freistoßes, dieses Mal getreten von Gio Haag und von Käpt’n Hoffmann weitergeleitet, wieder auf den langen Pfosten gezogen, wo Dawid Kownacki wieder mit dem spitzen Fuß ablegt, und Jona fast freies Schussfeld hat und mit einer satten Kugel einlocht. Die Berliner Bärchen protestieren, wollen ein Foul von Dawid gesehen haben, also „hohes Bein“. Tatsächlich aber gefährdet sich der blaue Verteidiger selbst, weil er seine Birne auf Höhe der Grasnarbe bringt. Alles korrekt, also.

Haben wir schon von Nico Gavory gesprochen? Wird aber Zeit, denn unser bärtiger Franzose zeigt jetzt, wo er endlich mal verletzungsfrei ist und keinen familiären Notfall zu verarbeiten hat, was wirklich in ihm steckt. Der Ergebene wünscht dem guten Nico so sehr, dass er den ganzen Rest der Saison gesund und fit bleibt, denn dann wäre klar, dass er die unumschränkte Nr. 1 auf dem Posten des Linksaußenverteidigers ist.

Und dann wäre da noch Flo Kastenmeier, der nach irgendeiner hochkomplexen Statistik auf einen Wert von 1,3 xSaves kommt, was wohl ein fabelhafter Wert ist. Der Ergebene hat jedenfalls vier prachtvolle Paraden auf dem Zettel; wäre nur eine davon reingegangen, hätte sich die Partie drehen können – Flo hat uns mal wieder den Arsch gerettet.

Hertha vs F95: Große rote Zufriedenheit nach dem Schlusspfiff (Foto: FP)
Hertha vs F95: Große rote Zufriedenheit nach dem Schlusspfiff (Foto: FP)

Wobei euer reisender Ergebener das Team von Hertha BSC stärker erwartet hatte und einigermaßen enttäuscht von dessen Auftritt war. Defensiv war ja alles so weit okay bei denen, aber offensiv traten sie harm- und ideenlos auf. In dieser Verfassung zählt die olle Tunte nicht zu den Aufstiegsfavoriten. Momentan sind es wohl der KSC, der HSV, Hannover und Paderborn, aus denen sich die tatsächliche Spitzengruppe der Liga bildet. Der hässliche Äff-Zeh zählt nicht dazu, was unsere glorreiche Fortuna den Ziegenanbetern am kommenden Samstag in die Poren reiben wird. In diesem Sinne: Cologne, Cologne, die… ihr wisst schon.

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5 Gedanken zu „Hertha vs F95 0:2 – Im Stil eines Spitzenreiters: diszipliniert, konzentriert und abgeklärt

  • Moin Tabellenführerreporter, ein, zwei Anmerkungen plus ein Korrekturwunsch: Gavory gibt den Linksverteidiger
    Und ich fand Kownacki als Wandspieler schon nicht schlecht, es hapert vielleicht noch an Absprachen zum 9 1/2er, wir hatten schon anfangs das Gefühl, wenn Kollege Schmidt genau gewusst hätte, was Kownacki vorhat, wären schon vor dem ersten Treffer Möglichkeiten vorhanden gewesen. Und Tim Oberdorf nicht zu erwähnen … was der wieder abgeklärt gespielt hat, sensationell! Den würde ich gerne mal in der Bundesliga sehen 😂

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    • Erstmal danke für den Rechts-Links-Hinweis – wird sofort korrigiert. Beim Rest sagt der Ergebene: Ja, das stimmt.

      Antwort
  • Finne? Ich dachte der ist Isländer …

    Antwort
  • Wie immer eine treffende Analyse des Ergebenen, der ich zustimmen kann, aber in einem Punkt bin ich doch entschieden anderer Auffassung, nämlich im Punkt „aufmunternder Applaus des Publikums aus Anlass der Verletzung von Gechter“. Für die Heimmannschaft ist es ein Leichtes, fair die Verletzung eines Spielers zu begleiten, da sehe ich eigentlich nur die Fairness der gegnerischen Fans, also hier der Fortuna-Fans. Bei den Berlinern gibt es keinerlei Fairness, das ist dieser Stadt schon a priori wesensfremd, die ganze Stadt ist ein heruntergekommener Moloch, und die sog. Fans dieses schlimmen Clubs sind nur ein Spiegelbild dessen. Wir, zwei meiner allesamt fortunabegeisterten Söhne und ich, saßen mitten auf der eigentlich ultralosen Gegentribüne – umgeben von Unterschichtenvertretern und A-Sozialen, die uns ständig bedrohten, weil die Jungs rotweiße Schals trugen. Auf dem Heimweg wurde mein Jüngster bespuckt und wir als „sch… Düsseldorfer F…“ beschimpft. Ich kann dieser Stadt, seinen Bewohnern (von Bürgern möchte ich nicht sprechen), diesem Verein, dessen Spieler selbst Schiedsrichter schlagen, nichts, aber auch gar nichts abgewinnen, und damit halte ich die positive Bewertung der Applausszene für einen Fehlschluss. Niemand von den Hertha-Anhängern hätte auch nur einen Finger gerührt, wenn ein Düsseldorfer mit einer schweren Verletzung auf dem Rasen liegen geblieben wäre, that’s for sure. In nur sehr, sehr wenigen Stadien habe ich so ein a-soziales, vulgäres und gewaltbereites -bzw. tätiges Verhalten von Anhängern gegen harmlose Auswärtsfans erlebt. Und was macht die Berliner Polizei? Die stellen sich in einem Zehnergrüppchen Rücken an Rücken, damit sie nicht von hinten von den gewalttätigen Hertha-Anhängern angegriffen werden können, klasse. Deshalb hoffe ich weiterhin inbrünstig, dass dieser Verein absteigt, so schnell wie möglich, und dass die Fortuna aufsteigt, damit ich in diesen Bau, der nicht nur nach 1936 riecht, nicht mehr hingehen muss.

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