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Vorschläge für eine neue Fortuna-Spielidee: solide, variabel, von Teamgeist geprägt

Meinung · Meine Güte, was hat sich der Fußball in den vergangenen Jahren verändert! Und damit meint euer Ergebener dieses Mal nicht die wirtschaftlichen Bedingungen und den Fortschritt der Wissenschaft, sondern die Weiterentwicklung alle taktischer und strategischer Belange. Vorbei die Zeiten, in denen ein Bundestrainer Beckenbauer seinen Schützlingen ein „Geht’s naus und spuit’s“ mit auf den Weg gab oder ein Ernst Happel während der laufenden Partie nicht ein einziges Mal mit seinen Kickern kommunizierte. Damals ging’s maximal ums System, wobei erst die Abkehr vom Libero im Verlauf der Neunzigerjahre die Frage nach Dreier- oder Viererkette überhaupt erst aufbrachte. Und heute? Heute gibt es die übergreifende Spielidee und den angepassten Matchplan. [Lesezeit ca. 3 min]

Der Unterschied: Der Matchplan wird ausgehend von der Spielidee an die Möglichkeiten der eigenen Spieler, den Gegner und die besondere Bedeutung einer Partie angepasst. Recht eigentlich ist die Formulierung der Spielidee die wesentliche Leistung des Cheftrainers, wobei der Ergebene inzwischen lieber Chefcoach sagt, denn als Trainer im Sinne des alten Übungsleiters wirkt der oberste Mann im Funktionsteam schon lange nicht mehr, dafür hat er seine Leute.

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Es gibt zwei Möglichkeiten für einen Chefcoach zu einer Spielidee für die von ihm betreute Mannschaft zu kommen. Erstens: Er denkt sich was Geniales aus und fordert dann vom Club die Beschaffung der passenden Spieler – so geht’s da, wo die Kohle dank potenter Sponsoren locker sitzt. Zweitens: Er analysiert den vorhandenen Kaders genauestens und schneidert eine Spielidee auf diese Truppe zu – das findet in reiner Form eher selten statt. Meistens entstehen die konkreten Spielideen für eine Saison in einer Art hermeneutischen Zirkel. Der Trainer formuliert eine Spielidee, die er klasse findet und die zu seiner persönlichen Vorstellung von Fußball passt. Oft entsteht die durch Abgucken bei erfolgreichen Trainern.

Dann überprüft er, ob diese Spielidee mit den vorhandenen Jungs überhaupt umsetzbar ist. Ist es oft nicht. Und dann kommt die Wunschliste. Sowas wie „Wir brauchen noch einen für diem linke Seite“ oder „Ein echter Achter, ein Box-to-Box-Spieler wird gebraucht“. Damit geht er an die Kaderplaner, und die … tun im Rahmen der finanziellen Rahmenbedingungen ihr Möglichstes. Können die Wünsche des Chefcoaches nicht erfüllt werden, überarbeitet er die Spielidee – so lange, bis es aus seiner Sicht passt.

Und wie könnte solche eine Spielidee aussehen? Thiago Motta von Juve verfolgt ein dynamisches, ballbesitzorientiertes Spiel mit Fokus auf schnelle Umschaltaktionen und ein dominantes Mittelfeld. Oder: Xabi Alonsos Spielidee bei Bayer Leverkusen war eine Mischung aus strukturierter Dominanz, taktischer Flexibilität und offensiver Eleganz mit Spielaufbau in Überzahl, Nutzen der Zwischenräume, Flügelspiel und Kombinationsfußball sowie defensiver Stabilität.

Wie sah’s bei Daniel Thioune für die Fortuna aus? Hier die wichtigsten Faktoren: Datengetriebene Taktik, Ballbesitz mit Zweck, Raumkontrolle statt hohem Pressing – insgesamt kein starres System, sondern ein dynamischer Prozess, ein hochmoderner Ansatz. Aber einer, der nicht selten die Fans frustrierte, die sich ein aggressives Offensivspiel auf der Basis einer stabilen Defensive wünschten – so wie in der Vorsaison mit Christos Tzolis, Yannik Engelhardt und Ao Tanaka. Die sind nicht mehr da, und Ísak Jóhannesson ist nun auch weg…

Faktoren für eine Spielidee 2025/26

Gehen wir davon aus, dass F95 bis zum Saisonbeginn weder einen neuen Spielgestalter noch gefährliche Außenstürmer findet. Gehen wir davon aus, dass es im Kader 2025/26 keinen sogenannten „Unterschiedsspieler“ geben wird. Gehen wir also davon aus, dass wir es mit einer Truppe ordentlicher Zweitligaprofis zu tun haben werden, die zumindest athletisch mit den konkurrierenden Teams mithalten können. Berücksichtigen wir, dass da mit Florian Kastenmeier ein äußerst stabiler Torhüter mit Spieleröffnungsqualitäten vorhanden ist sowie ein ebenfalls sehr stabiles, gut eingespieltes Innenverteidigerduo mit Jamil Siebert und Tim Oberdorf am Start ist.

Dann würde euer ergebener Fußballanalyst auf folgende Bausteine einer Spielidee setzen:
– weiterhin maximale Flexibilität beim Formulieren der Matchpläne mit datengetriebener Variabilität der taktischen Grundordnung auch im Verlauf einer Partie
– starke Kontrolle des Mittelfelds durch Sichern der Mittellinie bei Situationen vor dem Ball
– Schaffen von Überzahl in den Angriffszonen
– sicheres statt riskantem Passspiel
– kein hohes Pressing sondern Verteidigen in der Breite
– in der Offensive keine Betonung des Flügelspiels sondern Angriffe auch durch die Mitte, gern auch mit Distanzschüssen
– Einüben einer breiten Palette an Standardsituationen

Dies gedacht als Stichwortsammlung. Der Charmes dieses Ansatzes: Es muss nicht nach Spielern mit besonderen Fähigkeiten auf EINER Position gesucht; Polyvalenz heißt das Zauberwort. Und über allem muss der Teamgeist stehen, dass also eine Truppe gleichberechtigter Kicker entsteht, in der jeder – auch die Banksitzer – gleich wichtig ist.

So frustrierend es sich wieder anhört: Das Minimieren von Gegentoren hat die höchste Priorität. Außerdem müssen eigene Tore nicht zwingend Ergebnis hübscher Kombinationen sein, sondern dürfen gern aus Standardsituationen und Distanzschüssen folgen. Zugegeben: Attraktiv klingt das nicht, könnte aber erfolgreich sein.

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Ein Gedanke zu „Vorschläge für eine neue Fortuna-Spielidee: solide, variabel, von Teamgeist geprägt

  • Andreas Mirwaldt

    vom Grundsatz her, stimme ich dem Ergebenem zu.
    Allerdings hat die letzte Saison gezeigt, daß die Spieler die „Basics“ nicht beherrschen. Ballannahme und schnelle kurze Pässe waren nicht gut, das müssen Profis können.
    Laufwege, damit meine ich, einstudierte Bewegung ohne Ball waren auch nicht erkennbar. Insgesamt war viel zu wenig Bewegung ohne Ball vorhanden. Alles war, auch für den Gegner, vorhersehbar.
    Es soll keiner sagen, dafür hatten wir nicht genügend gutes Personal, andere Vereine, allen voran Elversberg, haben das gezeigt.
    Wir haben viel zu viel quer und zurück gespielt, bis dahin hatte sich der Gegner längst wieder formiert.
    Diese, meiner Meinung nach, Defizite muss das Trainerteam erkennen und beseitigen.
    Teamgeist und Basics sind unerlässlich für Erfolg und daran hat es oft gelegen, dass wir Punkte liegen gelassen haben.
    Wenn in der kommenden Saison wieder so viel verschlafen wird, dann landen wir maximal im Mittelfeld.
    Ich finde es toll, daß Kastenmeier so ein guter Fußballer ist, fände es aber trotzdem besser, wenn die Mannschaft schneller denken und spielen würde und zwar nach vorne.

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