Euer Ergebener

Fortuna-Punkte: Wie die Stadt einmal eine Arena baute, die uns Düsseldorfer immer noch viel Steuergeld kostet

Die Meldung, dass der KFC Uerdingen in der kommenden Saison seine Heimspiele in der Düsseldorfer Mehrzweckarena austragen wird, hat die Emotionen hochkochen lassen. Dabei heißt es immer wieder, der 2008 verstorbene Oberbürgermeister Erwin habe das Ding doch für die Fortuna gebaut und überhaupt habe er die Fortuna gerettet – wir nannten ihn damals den „GröFRaZ“ (Größter Fortuna-Retter aller Zeiten). Historisch könnte beides nicht weniger zutreffen. Da lohnt es sich, noch einmal einen Blick auf die Entstehungsgeschichte der Villa Kunterbunt zu werfen. Dies mit einem Potpourri aus zwei Artikeln, die zwischen 2004 und 2012 im Vorgänger-Blog „Rainer’sche Post“ erschienen sind. Aber Vorsicht: Sehr, sehr viel Lesestoff!

Die Entstehungsgeschichte (erschienen im Juli 2008)

Als sie noch Mehrzweckarena hieß...
Als sie noch Mehrzweckarena hieß…
Hübsch muss man sie nicht finden, die Arena, die passend zum Umfeld aussieht wie eine überdimensionierte Messehalle. Zweckmäßig ist sie, das haben die gut dreieinhalb Jahre seit der Noteröffnung am 10. September 2004 ergeben. Damals ließ der OB persönlich anordnen, dass die Halle etliche Monate vor der eigentlichen Eröffnung und im Zustand einer Baustelle mit dem Regionalligaspiel der Fortuna gegen Union Berlin dem Volke übergeben wird. Gut 38.000 Interessierte füllten die staubigen Ränge, und alle Verantwortlichen sind heut noch froh, dass es keine Unfälle gab, denn das Gebäude war zu dem Zeitpunkt weder bau-, noch feuerpolizeilich abgenommen. Aber es herrschte Wahlkampf und Joachim Erwin wollte sich – ganz im Sinne seiner Brot-und-Spiele-Politik – als Erbauer der Arena feiern lassen und so seine Wiederwahl sichern.

Wie gesagt: Über Geschmack kann man streiten, über Kosten allerdings noch besser. Denn der Bau der Mehrzweckarena verschlang den unglaublichen Betrag von 218 Millionen Euro. Zum Vergleich: Das Mönchengladbacher Stadion im Borussen-Park, das etwa gleichzeitig entstand und mit rund 54.000 Plätzen sogar ein bisschen größer ist, kostete kaum 90 Millionen Euro; die schnuckelige MSV-Arena in Duisburg mit rund 32.000 Plätzen gab es gar für nur 43 Millionen Euro. Wohlgemerkt: Bei den genannten Beispielen handelt es sich um die Spielstätten von Zweit- bzw. Erstligisten! Die Düsseldorfer Fortuna spielte zur Zeit der Grundsteinlegung der Arena in der Oberliga gegen Clubs wie Borussia Freialdenhoven oder Adler Osterfeld – meist vor weniger als 6.000 Zuschauern im heimischen Paul-Janes-Stadion.

Kurz und ungut: Die in ihrer heutigen Form von Erwin durchgepeitschte Arena ist mit 51.500 Plätzen und Baukosten von fast 220 Millionen Euro deutlich überdimensioniert. Gut, für das angebaute Hotel muss man einen Abschlag rechnen, auch für die Nebenräume, die ursprünglich für Spaßbetriebe à la Bowlingbahn genutzt werden sollten, auch. Trotzdem kann der Bau als Finanzierungsskandal bezeichnet werden, der heutzutage den Düsseldorfer Steuerzahler Jahr für Jahr und auf nicht absehbare Zeit zwischen 8,5 und 12 Millionen Euro Subventionen im Jahr kosten wird.

Dabei sah die Finanzierung zu Zeiten der SPD-Oberbürgermeisterin Markies Smeets noch sehr solide aus. Immerhin rund 75 Millionen Euro hatte die Stadt für die Sanierung oder den Umbau des Rheinstadions oder einen Neubau an dessen Stelle beiseite gelegt. Ein Fußballstadion wie in Mönchengladbach oder Duisburg wäre damit locker zu machen gewesen. Da es aber keine öffentliche Ausschreibung, sondern nur – dies hatte unter Erwin Methode – ein Werkstattverfahren gab, ließen die potenziellen Planer ihren Phantasien freien Lauf. Was der OB sehr goutierte. So stand eine Zeitlang die Idee im Raum, die Rasenfläche mit einer Hubmechanik auszustatten, sodass diese immer dann, wenn nicht Fußball bzw. American Football gespielt würde, als Dach dienen könnte, was dem Rasen gut täte – übrigens ein Konzept der Firma Schüßler-Plan, das allein für einen Betrag zwischen 40 und 60 Millionen gut gewesen wäre.

Im September und November 2002 wurde das Rheinstadion gesprengt. Der Fortuna ging es nicht gut, denn sie dümpelte nicht nur in der vierten Liga herum, sondern stand vor dem finanziellen Ruin. Weil aber eine Erst- oder wenigstens Zweitligamannschaft unverzichtbarer Baustein der Finanzierung der 218-Mio-Arena war, schaltete sich OB Erwin ein, wurde Vorsitzender des neu installierten Aufsichtsrats des TSV Fortuna Düsseldorf von 1895 und ließ sich gleich als Retter des Vereins feiern. Dabei machte er zunächst nur Versprechungen.

Im Hintergrund versuchte er allerdings die Firma Hochtief, die damals noch an der ArGe zum Arenabau beteiligt war, zu zwingen, der Fortuna mit Sponsorgeldern auf die Füße zu helfen, was das Unternehmen ablehnte und in der Folge aus dem Konsortium ausschied. Dessen Platz nahm die Augsburger Firma Walther Bau ein, vor der es hieß, sie sei finanziell in Schwierigkeiten. Mit diesem Unternehmen wurde eine bis heute ungeklärte Vereinbarung über Gelder zum Wohle der Fortuna getroffen, in deren Folge Joachim Erwin den Weltmeister Thomas Berthold als Retter präsentierte. Immerhin gelang so 2004 der Aufstieg in die dritte Liga – einen messbaren Anteil hatte Berthold daran nicht. Im Gegenteil: Sein Rausschmiss kostete den Verein rund 300.000 Euro. Damit war die Rolle der Fortuna als Arenabetriebsfinanzierer weiter ungewiss.

Dabei hatte Erwin in einer turbulenten Ratssitzung am 25.02.2002 vorgerechnet, dass die Arena sich selbst tragen würde, selbst wenn nicht mehr als „ein Hallenskatturnier“ pro Jahr dort stattfände. Das war natürlich Blödsinn, denn der Chef der Verwaltung rechnete zu jenem Zeitpunkt noch damit, das angebundene Hotel teuer verpachten zu können und auch mit Bowlingbahn und Wellnesscenter sowie Büromieten über die Runden zu kommen. Tatsächlich fand sich für das vor Fehlplanungen nur so strotzende Hotel erst im Jahr 2007 nach teuren Ausbaumaßnahmen ein Pächter, die Spaßbetriebe fanden nicht statt, und Büros konnten nur an städtische Einrichtungen zwangsvermietet werden.

Immerhin erzielt die Düsseldorfer Fortuna bei ihren Drittligaheimspielen einen Schnitt von um die 12.000 Zuschauer. Da der Verein aber zumindest in der Spielzeit 2007/08 die Stadionmiete im siebenstelligen Bereich schuldig blieb, gab es aus dieser Ecke keine Einnahmen. Zu allem Unglück wurde außerdem zum Ende der 07er-Saison der Spielbetrieb der NFL Europe eingestellt – zu den je fünf Spielen von Rheinfire kamen immerhin regelmäßig mehr als 30.000 Leute; andere Sportereignisse gab es nur sporadisch. Die ganz dicke Kohle sollten aber Stadionkonzerte bringen. Tatsächlich füllten Künstler wie Die Toten Hosen, Madonna, Police und Depeche Mode die Arena mit gut 50.000 Fans, und auch bei Herbert Grönemeyer und den Stones waren viele Menschen anwesend. Wirklich gut unterrichtete Veranstalterkreise wissen aber zu berichten, dass mindestens zwei dieser Großereignisse Zuschussgeschäfte waren, denn die Arena-Betriebsgesellschaft soll nicht nur für die Kosten aufgekommen sein und die Einnahmen in voller Höhe weitergereicht haben, sondern mindestens in einem Fall sogar noch ein Honorar gezahlt haben.

Apropos Betriebsgesellschaft: Einer Farce glichen die Ereignisse rund um die Fast-Pleite dieser BG im Sommer 2005. Nachdem Walther Bau eine formidable Pleite hingelegt hatte, stellte sich heraus, dass auch die BG, an der Walther beteiligt war, so gut wie insolvent war. Mit einem feinen Trick versuchte daraufhin der Krefelder Unternehmer Gerald Wagener die Gesellschaft – und damit den Betrieb der Arena – zu übernehmen. Für die Stadt wäre das eigentlich eine feine Sache gewesen, hätte der Deal sie doch vollständig von den Subventionen entlastet. Joachim Erwin persönlich wollte aber um jeden Preis verhindern, dass sein verhasster Parteifreund die Herrschaft über SEINE Arena gewönne. So zwang er den Rat unter Zuhilfenahme mehrfacher Erpressungen, die BG zu 100 Prozent zu übernehmen und Wagener mit einem netten siebenstelligen Betrag zu entschädigen. So ist heute die Stadt Düsseldorf über ihre Kongress-GmbH de facto Betreiber der Arena und damit für den Ausgleich der Unterdeckung des Betriebs verantwortlich.

Die Düsseldorfer Arena-Lüge (erschienen im Juni 2012)

Wo ist was? Softopening im September 2004
Wo ist was? Softopening im September 2004
In der Ratsversammlung am 25. April 2002 sagte der damalige Oberbürgermeister Joachim Erwin auf kritische Fragen zur Finanzierung des Betriebs seiner Multifunktionsarena wörtlich: „Das Risiko eines Jahres beträgt knapp 2 Mio., wenn nämlich innerhalb der Arena überhaupt nichts stattfindet, nicht einmal ein Wettkampf im Skat“ (siehe unten). Dies war, ist und bleibt eine offene Lüge des Mannes, der sich in dieser Stadt systematisch selbst Denkmäler baute und mit aller Macht als der OB in die Geschichte eingehen wollte, der die Stadt angeblich „schuldenfrei“ gemacht hat. Am 10. September jährt sich das so genannte „Softopening“ der Arena, das sich der OB selbst zum Geburtstag geschenkt hatte. Damals ließ er kurzerhand das Regionalligaspiel der Fortuna gegen Union Berlin in das halbfertige Stadion verlegen – und schlug dafür alle Warnungen von Bau- und Sicherheitsexperten in den Wind. Nun war es tatsächlich eines dieser ewigen F95-Erlebnisse, nach langen Jahren einmal wieder mit 34.000 anderen Düsseldorfer die Mannschaft anzufeuern. Doch im Nachhinein wird diese Freude durch die diversen Lügen und Winkelzüge des im Mai 2008 verstorbenen OB rund um die Arena getrübt. Denn inzwischen ist klar, dass die Stadt diese Einrichtung seit 2006 und bis 2024 mit jährlich um die 16 Millionen Euro subventionieren muss.

Summasummarum werden – die diversen versteckten Anlaufkosten eingerechnet – die hiesigen Steuerzahler den Erwin-Tempel mit rund 270 Millionen Euro bezuschusst haben, weil die überdimensionierte Halle weit davon entfernt ist, sich selbst zu tragen. Laut dem oben verlinkten Derwesten-Artikel „hofft“ man darauf, dass die Subvention im kommenden Jahr ein, zwei Milliönchen geringer ausfallen könnte…
Nun haben sich die Fortuna-Fans und -Zuschauer seit 2005 sehr an die neue Heimspielstätte gewöhnt. Nach dem die Rheinbahn den ÖPNV-Abtransport besser im Griff hat und seit der Spielzeit 2008/09 die Zugangskontrollen auf der Südplattform besser geregelt wurden, bleibt im Wesentlichen die harsche Kritik am Caterer des Grauens und am Klüh-Sicherheitsdienst übrig. In beiden Fällen scheint die mangelhafte Qualität aber daran zu liegen, dass man die Konzessionäre gepresst hat bis aufs Blut und diese das in Form minimaler Entlohnung auf ihre Mitarbeiter abwälzen.

Inzwischen ist nach zwei Aufstiegen der glorreichen Fortuna auch kaum noch die Rede davon, die Arena sei überdimensioniert, was angesichts eines Zuschauerschnitts von deutlich über 30.000 in der Saison 2011/12 und insgesamt vier ausverkauften Spielen auch nachvollziehbar ist. Es hat sich aber auch klar herausgestellt, dass die Arena an der Stelle des Rheinstadions für Nicht-Fußball-Ereignisse nicht sonderlich attraktiv zu sein scheint oder aber keinen entscheidenden Vorteil gegenüber der Konkurrenz – vor allem in Köln, Mönchengladbach und Gelsenkirchen – bietet. Das gilt besonders für (wie sagt man modern?) Musik-Acts. Nach Aussagen von Experten gibt es weltweit überhaupt nur 25 bis 30 solcher Musiker und Gruppen, die ein Stadion mit um die 50.000 Plätzen füllen können. Jeweils die Hälfte davon tourt gleichzeitig, sodass es in ganz Deutschland selten mehr als 50 Veranstaltungen gibt, für die ein Stadion in der Größenordnung der Düsseldorfer Arena gebraucht würde.

Das alles hat OB Erwin seinerzeit ignoriert, weil es in den Jahren 2002 bis 2004 seine persönlichen, womöglich egoistisch geprägten Plänen einer Multifunktionsarena gefährdet hätte. Ursprünglich war ja geplant, die Arena mit Einrichtungen wie einer Bowling-Bahn auszustatten, um auch an veranstaltungsfreien Tagen Verkehr in der Bude zu haben. Damit sollten – wie mit dem Hotel, das auch erst nach langem Hickhack einen Pächter fand – die Betriebskosten aufgefangen werden, damit MAXIMAL ZWEI MILLIONEN Subventionen nötig wären. Daraus sind nun sechzehn geworden – städtische Mittel die besonders im sozialen Bereich fehlen.

Und wer sich fragt, was dieser Artikel soll, dem sei gesagt: Geschichte heißt, sich erinnern. Sich erinnern heißt, zu wissen, warum die Dinge jetzt so sind wie sie sind.

Ratssitzung vom 25.04.2002: Anfrage aus aktuellem Anlass der Ratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen Multifunktionsarena Düsseldorf

Oberbürgermeister Erwin: Frau Bürgermeisterin, Ratsfrau Enke, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, Frage 1 lautet: Welche Informationen liegen der Verwaltung über die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Walter-Bau AG vor? Vorbemerkung: Der deutschen Bauindustrie geht es generell, wie Sie dem „Handelsblatt“ fast täglich entnehmen können, nicht gut. Nur die wenigsten Unternehmen der deutschen Bauindustrie sind Großunternehmen, die sich schwarzer Zahlen erfreuen können. (Ratsherr Mülhaupt [SPD]: Nur eines, und das ist Bilfinger und Berger!) – Richtig. – Dass dies generell für unsere Volkswirtschaft keine erfreuliche Entwicklung ist, steht außer Frage. Und nun die Antwort!
Der Verwaltung liegen die gleichen Informationen wie Ihnen als Fragestellern vor, nämlich der im Pressespiegel am 23.04.2002 veröffentlichte Artikel aus der „Stuttgarter Zeitung“ vom 20.04.2002 mit der Überschrift „Walter Bau ächzt unter der Schuldenlast“. Bereits einen Tag vorher veröffentlichte das „Handelsblatt“ einen Artikel mit der Überschrift „Walter Bau sieht keine Parallelen zu Holzmann“. Frage 2: Welche Auswirkungen könnten die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Walter-Bau AG auf die Besitz-, die Betreibergesellschaft sowie die Bau-ARGE der Multifunktionsarena haben? Antwort der Verwaltung: Beteiligt an der Besitz- und der Betreibergesellschaft ist die WPF, Walter Group Project Development and Financial Services. Die WPF ist eine Tochtergesellschaft, an der Walter-Bau AG, Ed. Züblin AG und Dyckerhoff & Widmann AG beteiligt sind. Wirtschaftliche Schwierigkeiten der Walter-Bau AG könnten sich auf die WPF in der Form auswirken, dass diese ihre Gesellschaftsanteile verkauft. Nur nebenbei möchte ich erwähnen, dass die WPF gleichzeitig Betreiber des Olympiastadions in Berlin und damit des Schauplatzes des Endspiels der Fußballweltmeisterschaft 2006 ist. (Ratsfrau Piltz [FDP]: Das macht uns nicht fröhlicher!)
Im Totalunternehmervertrag, den Sie kennen, ist vereinbart, dass die Mitglieder der Bau-ARGE (Walter- Bau, Hochtief und ABB) gesamtschuldnerisch haften, d. h. im Falle des Ausscheidens eines ARGE-Partners sind die anderen zur vollen Leistungserfüllung verpflichtet. Frage 3: Sieht die Verwaltung Anlass, die Fortführung des Multifunktionsarena-Projektes mit den bisherigen Partnern zu überprüfen? Antwort der Verwaltung: Die Verwaltung hat durch die Ratsbeschlüsse vom 22.11.2001 und 11.03.2002 Aufträge erhalten, die umgesetzt werden, solange vonseiten des Rates keine andere Entscheidung getroffen wird. Konsequenzen wurden in der gestrigen Sitzung des Lenkungsausschusses „Arena“ dargelegt.

Bürgermeisterin Schiefer: Vielen Dank. – Ich habe zunächst eine Zusatzfrage von Frau Kollegin Piltz, dann von Ratsfrau Enke und Ratsherrn Krüger. (Widerspruch der Ratsfrau Enke [Grüne]) – Bei den aktuellen Anfragen sieht die Geschäftsordnung nicht die erste Zusatzfrage für die anfragestellende Fraktion vor. – Bitte schön, Frau Kollegin Piltz!
Ratsfrau Piltz (FDP): Frau Bürgermeisterin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich habe zwei Zusatzfragen, eine, die hier vorn auch aufgekommen ist. Wenn in meiner Firma bekannt wird, dass einer unserer Mieter in wirtschaftlichen Schwierigkeiten ist, tun wir als Erstes eines: Wir erkundigen uns dort persönlich und verlassen uns nicht nur auf einen Zeitungsartikel. (Ratsherr Marquis [Grüne]: Bravo!) – Ja, man lernt einiges in der freien Wirtschaft; darauf bin ich auch sehr stolz. – Aber mich interessiert das jetzt, auch wenn vielleicht die Antwort nicht die ist, die man erwartet. Ich hätte von der Verwaltung umgekehrt erwartet, dass sie mit Walter-Bau Kontakt aufnimmt und sich erkundigt, was daran ist. Das Zweite ist: Vor einem halben Jahr, als wir den Grundsatzbeschluss zur Arena gefasst haben, war es insbesondere die FDP, die dafür war, sich anstelle einer Konzernbürgschaft eine Bankbürgschaft für Bauund Fertigstellung im weiteren Verlauf geben zu lassen. Ich denke, im Nachhinein betrachtet war das eine gute Entscheidung. Ich weiß, es waren auch andere Kollegen, die sich enorm dafür eingesetzt haben. Es ist ja nichts Neues, dass es Baukonzernen nicht so besonders toll geht. Meine Frage: Gibt es Erkenntnisse in der Verwaltung Düsseldorf, dass die Gestellung einer Bankbürgschaft über die erforderliche Höhe eventuell gefährdet sein könnte?
Bürgermeisterin Schiefer: Danke schön. – Herr Oberbürgermeister, bitte!
Oberbürgermeister Erwin: Frau Bürgermeisterin, Ratsfrau Piltz, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, die Zeitungsartikel, die im Pressespiegel standen, aufgrund dessen diese Anfrage nur läuft, sind ja nichts Neues. Wir haben uns ja über die Frage der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Firma Walter-Bau auch unterhalten, bevor Sie mit breiter Mehrheit die Verwaltung beauftragt haben, die Vertragsverhandlungen abzuschließen, also vor dem 22.11.2001. Die wirtschaftliche Situation – und das entnehmen Sie bei aufmerksamem Studium sowohl den Geschäftsberichten als auch den Presseveröffentlichungen – hat sich, wie wir auch aus Gesprächen mit dem Vorstand der Firma Walter-Bau wissen, seitdem nicht verändert. Insoweit danke ich für den Hinweis, wie das in der freien Wirtschaft geschieht. Aber Sie gestatten uns, dass wir als Verwaltung das schon längst getan haben. (Ratsfrau Piltz [FDP]: Dann hätten Sie das auch entsprechend ausführen können! – Ratsherr Marquis [Grüne]: Es hat sich nichts getan bei der Walter-Bau!) Wir reden ständig mit diesem Unternehmen und reden auch über Presseartikel. Aber wenn wir nach jedem Presseartikel, der irgendwo in Deutschland erscheint, die meistens auch noch voneinander abgeschrieben werden – das gehört auch zu dem „dynamischen Journalismus“ -, jedes Mal fragen, „Ist denn heute etwas Neues passiert?“, wäre das relativ töricht.
Die Tatsache, dass die Firma Walter-Bau für das Jahr 2001 keine Dividende zahlen wird, konnten Sie auch im Oktober 2001 – das stand allerdings nicht im Pressespiegel; darum haben Sie es wahrscheinlich nicht gelesen – dem „Handelsblatt“ entnehmen. Insoweit hat sich wirtschaftlich dort nichts geändert. Wir haben, wie Sie selbst wissen, im Vertragsnetzwerk – Ratsfrau Piltz, das war Ihre zweite Frage – am 11.03.2002 beschlossen, dass die ARGE eine Bankbürgschaft vorlegt. Das ist eine der Bedingungen zur Durchführung des Vertrages. Insoweit ist auch eine Absicherung gegeben.
Lassen Sie mich nur darauf hinweisen: Wir haben bedauerlicherweise die Insolvenz der Philipp Holzmann AG zu beklagen. Diese Philipp Holzmann AG baut nicht nur im Hafen, sondern auch an anderen Stellen in Düsseldorf trotz Insolvenz intensiv weiter, und das auch in hoher Qualität, sodass sich – ich erinnere an den Bereich Golzheim – sehr deutlich zeigt, dass auch dort kein Risiko für den Bauherrn gegeben ist. Andererseits – das wissen Sie aus dem Vertragsnetzwerk – ist die Vertragskonstruktion so gewählt, dass die beiden anderen ARGE-Partner weiterhin ARGE-Partner wären. Es mag auch diesem Haus noch im Bewusstsein sein, dass bei der ersten wirtschaftlichen Schieflage von Philipp Holzmann bei der Rheinhalle 6 der Messe Düsseldorf GmbH natürlich auch weitergebaut worden ist und insoweit kein Risiko bestanden hat. Sie können ja die Halle 6 im Augenblick besichtigen. (Ratsfrau Piltz [FDP]: Jede Insolvenz ist ein Risiko! – Ratsherr Mülhaupt [SPD]: Wir haben nach der Walter-Bau gefragt!) – Ich vermag nicht zu erkennen, dass ABB wackelt, Herr Mülhaupt. – Aber es hat auch wenig Sinn, nunmehr zu versuchen, hier aus Zeitungsmeldungen Wirtschaftsnachrichten zu machen. Ich glaube auch, dass das für die Arbeitsplätze bei den Unternehmen, um die es geht, wenig hilfreich wäre. (Ratsherr Marquis [Grüne]: Aber das Eis wird dünner, Herr Erwin!)

Bürgermeisterin Schiefer: Danke. – Frau Kollegin Enke, bitte!
Ratsfrau Enke (Grüne): Frau Bürgermeisterin, meine Damen und Herren, gestatten Sie mir eine kurze Vorbemerkung zum Thema Auswertung der Presseberichte. Wir befinden uns als ehrenamtliche Ratsmitglieder in der Situation, dass wir unsere Informationen zunächst einmal der Presse entnehmen müssen und nicht nur dem Pressespiegel, Herr Oberbürgermeister. Wir sind schon fähig, uns auch ansonsten einen Überblick über die Presse zu verschaffen. Das sind unsere Ansätze und die einzigen Möglichkeiten, die uns dazu offen stehen. Dann erwarten wir allerdings von einer Verwaltung, die ihre Aufgabe ernst nimmt – und davon gehe ich natürlich auch in Ihrem Falle aus -, dass sie aufgrund derart beunruhigender Presseberichte dort etwas tiefer hineingeht, so wie sie es im Gegensatz zu uns nämlich kann. (Beifall bei den Grünen)
Wie Sie ganz genau wissen, Herr Oberbürgermeister, hat sich gegenüber der Situation vom letzten Herbst bei der Walter-Bau einiges verändert, und das nicht zum Besseren, sondern im Gegenteil zum Schlimmeren. Das zu eruieren, Herr Oberbürgermeister, sehen wir schon als Aufgabe der Verwaltung an. Aber nun zu meiner eigentlichen Zusatzfrage! Ich habe noch einmal darauf hingewiesen – und das würde ich gern von Ihnen beantwortet bekommen, Herr Oberbürgermeister -, dass es einen Unterschied zwischen der Bau- und der Betriebsgesellschaft gibt und dass die Bau-ARGE sehr wohl gesamtschuldnerisch haftet. Das haben Sie uns ja auch gestern deutlich gemacht. Davon gehe ich auch aus. Aber in der Betriebsgesellschaft sieht die Situation wesentlich anders aus. Wenn dort der größte Partner herausfällt oder die Gefahr besteht, dass er herausfällt, dann sind da die Verhältnisse ganz anders. Über das Risiko bei der Betriebsgesellschaft haben Sie nichts gesagt. Diese Frage bitte ich Sie doch noch einmal zu beantworten. – Danke. (Beifall bei den Grünen)
Bürgermeisterin Schiefer: Herr Oberbürgermeister, bitte!
Oberbürgermeister Erwin: Frau Bürgermeisterin, Ratsfrau Enke, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich mache jetzt nicht die Vorbemerkung, Ratsfrau Enke, dass man aus Ihrem Antrag, den Sie nachher stellen, entnehmen kann, dass Sie die Arena überhaupt nicht wollen. (Ratsherr Marquis [Grüne]: Das haben Sie doch gerade gesagt!) Diese Vorbemerkung spare ich mir (Ratsfrau Enke [Grüne]: Dann beantworten Sie doch einfach die Frage!) – regen Sie sich doch gar nicht auf -, aber jeder kann sich das denken. (Ratsherr Marquis [Grüne]: Das hat mit Denken nichts zu tun. Die Meldungen zu Walter-Bau sind nicht von uns, Herr Erwin!)
Der zweite Punkt ist doch, die Firma WPF ist eine Tochter von drei Unternehmen. Die Firma WPF hat – das wissen Sie auch aus dem Vertragsnetzwerk – selbst wieder eine Sicherheit in Höhe von 15 Mio. zu leisten. Insoweit ist das ja auch ein Thema unserer Debatte gewesen, die wir hier geführt haben. (Ratsfrau Enke [Grüne]: Was sind denn 15 Mio.? Das Risiko eines Jahres!) – Nein, eben nicht! Ratsfrau Enke, ich versuche noch einmal, es Ihnen vorzurechnen. Das Risiko eines Jahres beträgt knapp 2 Mio. i, wenn nämlich innerhalb der Arena überhaupt nichts stattfindet, nicht einmal ein Wettkampf im Skat.
Das andere, das wissen Sie ganz genau, sind Finanzierungsteile – Parkhaus, Hotel, Büros, Showrooms etc. -, die nicht aus dem Event-Bereich laufen. Die von Ihnen immer wieder trotz der Ihnen vorliegenden Zahlen in die Welt gesetzten Behauptungen sollten wir – und darum möchte ich wirklich bitten – vielleicht doch auf das reduzieren, was richtig ist. Sie wissen aus den Unterlagen und den Gutachten, die Sie zur Arena haben, wie viele Einnahmen aus dem Betrieb des Innenlebens Schüssel erzielt werden sollen, und Sie wissen, welche Kosten dem entgegenstehen, und Sie wissen, was aus der Mantelfinanzierung kommt. Da die Mantelfinanzierung eine Finanzierung ist, die wir ohne Probleme sehen, sehen wir auch das Risiko reduziert. Wir hatten das auf etwa acht Jahre ausgerechnet. Wenn die Betriebsgesellschaft acht Jahre lang überhaupt nichts betreiben würde und auch nicht mehr bestünde, dann würden die 15 Mio. aufgezählt werden. Insoweit halten wir das Ganze in der Tat für ein beherrschbares Risiko. Damit sind wir genau in der Debatte, die wir auch im März dieses Jahres hatten.

Bürgermeisterin Schiefer: Danke. – Zu einer weiteren Zusatzfrage, Ratsherr Krüger! – Er zieht zurück. Weitere Zusatzfragen sehe ich nicht. Herzlichen Dank.
[Quelle: Protokoll der Ratssitzung vom 25.04.2002 als PDF-Dokument – Link leider nicht mehr aktuell]


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5 Gedanken zu „Fortuna-Punkte: Wie die Stadt einmal eine Arena baute, die uns Düsseldorfer immer noch viel Steuergeld kostet

  • Möge Hr. Erwin in Frieden ruhen (trotz allem). Die Diskussion ist doch ob andere Vereine , wie Krefeld, in Düsseldorf spielen sollen . Früher hat Gladbach manchmal in Düsseldorf gespielt und Leverkusen. Jetzt will Krefeld mit ca. 3000 Zuschauern pro Heimspiel in der Arena spielen. Stört uns das? Oder vielleicht sollte Krefeld besser in Ratingen spielen.

    Antwort
  • Ja, Ratingen würde eher passen. 4 bis 5.000 Uerdingen in der Arena. Würg.

    Stellt euch mal vor, es käme zu einem DFB-Pokalspiel gegen Uerdingen. Nach heutigem Stand wäre Fortuna Gast, würde 10% Eintritt bekommen und einen entsprechend geringen Betrag der Einnahmen. Obwohl wir die Hütte wohl mit den meisten Zuschauern füttern würden.

    Was die Stadionvergleiche angeht: ja, das in Gladbach war billiger, so der Artikel. Von innen ist das Stadion auch okay. Es ist auch nur eine „einfache“ Stahlkonstruktion. Catering ist dort nur im Freien, im Winter oder bei Regen und Wind ist keine Freude. Da finde ich unsere Arena aber solider und komfortabler. Ein eigenes Stadion für Fortuna wäre toll, aber so eines wie in Gladbach möchte ich dann doch nicht.

    Wenn dann nächste Saison tatsächlich Uerdingen hier noch spielt, wird der Rasen ja der Horror sein. Angeblich soll ja mit Uerdingen der Rasen im Vertrag ein Thema sein. Ob der dann aber wirklich öfter getauscht wird, bezweifele ich. Ja, Leverkusen hat hier auch gespielt. Die Fans haben sich benommen wie die Schweine, ich erinnere mal an die herausgerissenen Sitzbänke.

    Nee, ich bin nicht dafür, dass ein weiterer Verein hier spielt. Ich werde aber auch nicht gefragt 😉

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    • Also, die Sitzbänke auf der Nord-West-Tribüne, also der damaligen Gästetribüne, sind wohl hauptsächlich von den Ultras MG (oder war das Sottocultura?) demontiert worden. Aber die wurden sauber abgeschraubt und dann über den Zaun gehievt..

      Antwort
      • Okay, ich hatte Lev in Erinnerung.
        So oder so eine bescheuerte Aktion.

        Antwort
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