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F95 vs Bielefeld 4:2 – Die Mannschaft ist der Sieger


Wer hätte gedacht, dass man das in dieser Saison einmal schreiben müsste: Torwart Raphael Wolf war der schwächste F95-Spieler auf dem Platz. Ja, genau der Raphael Wolf, der unserer Fortuna seit dem Spätsommer 2017 so viele Punkte festgehalten hat, der so viele Hundertprozenter gekillt hat, die Zuverlässigkeit in Person. Der sah bei beiden Toren der Gäste nicht wirklich gut aus, und lieferte zwei bis drei weitere Klopper, die aber nicht zu Buden führten. Dass die überaus glorreiche Fortuna dieses Spiel trotzdem gewann, beweist: Die Mannschaft ist der Sieger.

Und das ist besonders erfreulich, weil Fußball bekanntlich ein Mannschaftssport ist – was ja in den Zeiten dieses bescheuerten Starkults rund um Kicker gern vergessen wird. Wie aber kann man die Geschlossenheit einer Mannschaft objektiv messen? Vielleicht so: Vier Tore, vier Torschützen. Oder: Verschieben in Richtung Ball jederzeit durch alle. Sicher aber beim Torjubel und dem gemeinsamen Freudentanz nach dem Sieg. Da sprang Benito Raman wahllos allen Kollegen auf den Rücken, da rempelte Marcel Sobottka seinen Mitspieler Genki Haraguchi pogoartig an, da lagen sich Rouwen Hennings und Oliver Fink minutenlang vor der Südtribüne in den Armen.

Das Duo des Abends

Überhaupt: Diese zwei Herren waren fraglos das Duo des Abends – und dass nicht nur wegen des blitzsauberen Konters nach Balleroberung durch Fink, den dieser maßgenau dem Stürmer vorlegte, und Hennings versenkte die Pille gnadenlos per Direktschuss. Dies war das eine Beispiel für die erfolgreiche Anwendung dessen, was man heute „Umschaltspiel“ nennt. Das zweite Beispiel fand dann in der 71. Minute statt, als Raman einen Pass von Hennings freistehend in die Bielefelder Hütte einschob. Dieses 4:2 war dann auch schon der zählbare Schlusspunkt, obwohl er den Gästen den Zahn keinesfalls zog. Überhaupt kann man das Team des DSC Arminia gar nicht laut genug loben. Gerade in der ersten Halbzeit standen deren beiden Ketten derart perfekt und verschoben derart richtig, dass sich die Fortuna schwertat, überhaupt Chancen zu kreieren.

Gleichzeitig wirbelte die Bielefelder Offensive mit großem Selbstbewusstsein vor dem F95-Sechzehner und hatte – dies ein Qualitätsmerkmal in der diesjährigen Zweitligasaison – mehr als eine Variante zu Einschussgelegenheiten zu kommen. Tatsächlich entstanden aber beide Treffer aus Standards. Das 1:0 kam über 40 Meter bogenförmig in den Strafraum, wo ein Bielefelder nur noch die Birne hinhalten musste. Ohne in Wolfs Wunden rühren zu wollen: Der Keeper kam zu spät raus und griff den späteren Schützen nicht konsequent genug an. Das zweite Tor für die Gäste war dann ein direkt versenkter Freistoß. Der Tatort lag mittig und vielleicht 25 Meter vom Tor entfernt. Die Fortuna-Mauer stand im Prinzip richtig, aber leider sprangen nicht alle Insassen hoch als der Ball kam. Zu allem Überfluss hatte Wolf das Gewicht auf dem falschen Fuß, was ihn ein paar Millisekunden kostete, die dafür sorgten, dass er den Ball nicht abwehren konnten.

Großes Selbstbewusstsein

Beide Male aber kam das Team in Weiß zurück, ohne sich vorher hätte schütteln zu müssen. So groß ist anscheinend das Bewusstsein für die eigene Leistung, dass beide Male kein Schock nach den Gegentreffern zu spüren war. Der erste Ausgleich war das Ding mit Fink und Hennings. Der zweite Ausgleich in der 57. Minute war dann Folge von Willensstärke. Nach Chaos im Bielefelder Strafraum haute Hennings dem Torwart die Pille um die Ohren, der sie aber noch abwehren konnte. Marcel Sobottka stand richtig und war willens, die Bude zu machen. Überhaupt: Sobottka ist einer der Angelpunkte, um die diese wunderbare Mannschaft kreist. Sowohl nach vorne, als auch nach hinten eröffnet er seinen Kollegen die Räume, die diese für ihr kreatives Tun brauchen, und gleichzeitig zeigt er sich immer wieder als Vorbereiter und Vollstrecker.

Erneut erfreulich: Das Tandem auf rechts, auf dem Julian Schauerte und Takashi Usami sitzen. Diese beiden haben sich aufeinander eingespielt. Auch wenn Schauertes Fehlerquote mal wieder erschreckend hoch war, muss er doch wieder als Aktivposten im Angriff gewertet werden. Je sicherer er sein kann, dass seine Offensivaktionen nach hinten abgesichert werden, desto wertvoller wird er. Und wenn er beinahe an der gegnerischen Eckfahne feststeckt, kann er den Ball blind nach hinten innen passen, weil Usami da ganz sicher steht. Auf links läuft es zwischen Niko Gießelmann und Genki Haraguchi ganz anders; klar, völlig andere Spielertypen. Gießelmann geht ganz selten ganz nach vorne, ist aber jederzeit bereit, einen Doppelpass mit Haraguchi anzulegen. Defensiv ist der Mann mit dem Vollbart zuverlässig, und wenn die beiden auf der anderen Seite Angriff spielen, dann wird er quasi Teil einer Restkette. Gestern zusammen mit Kaan Ayhan und Adam Bodzek.

Tor durch Bodze!

Welchen Anhänger der wunderschönen Diva vom Rhein hat es nicht gefreut, dass der Bodze gestern ein Tor gemacht hat? Und was für einen feinen Kopfball hat er da dem Bielefelder Tormann in die Maschen gesetzt! Und das aus seiner Rolle als Innenverteidiger, in der er sich offensichtlich gar nicht so unwohl fühlt. Auch wenn er da ein paar Mal für Unsicherheiten sorgte. Bleibt aus der Startelf noch Florian Neuhaus, der ein eigenartiges, schwer zu beurteilendes Spiel bot. Manchmal glänzt der junge Mann durch perfekte Ballbeherrschung und ein tolles Auge, manchmal fragt man sich: Wo will er denn hin mit dem Ball? Vielleicht ist der gute Neuhaus manchmal ein bisschen zu kreativ für seine Mitspieler – dies als Vermutung und nicht als Kritik.

Kritisch ist ebenfalls nicht gemeint, dass sich die erste Halbzeit aus F95-Sicht nicht gut anfühlte. Da wurde viel quer und zurückgespielt, was manche Beobachter als taktische Disziplin werteten, manchmal aber auch fast hilf- oder ratlos wirkte. So richtig änderte sich das mit der Einwechslung von Raman für Usami. Plötzlich war alles vor dem Bielefelder Sechzehner ein einziger Wirbel, und beinahe hätte der gute Benito schon in der 67. sein Tor gemacht; sein Abschluss war jedoch ungenau und schlapp. Allein seine Anwesenheit sorgte nun für permanente Unsicherheit bei den Gästen. Hinzu kamen einige Rochaden zwischen ihm und Haraguchi, und weil vor dem Strafraum ebenfalls viele Beine mit weißen Stutzen wirbelten, verging den Arminen Hören und Sehen.

Es waren diese gut 25 Minuten in dieser ungeheuren Geschlossenheit mit diesem irrwitzigen Siegeswillen, die aus dem Team den verdienten Sieger dieses guten, nicht immer aufregenden Spiels machte. Wir fröhlich die Kollegen danach waren, zeigt der Auftritt von Knipser Hennings, der sich in den Block der Ultras wühlte wie in eine gegnerische Abwehr, den Platz des Kapos eroberte und von dort aus das berühmte Laut-Leise-Lied anstimmte – dies mit einem Dauergrinsen.


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