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Ach, du liebe Trainerdiskussion. Oder: Funkel kommt nicht mehr zurück.

Meinung · Was täten Fußballjournalisten nur den lieben langen Tag, gäbe es die Trainerdiskussion nicht? Wenn nix mehr geht, Trainerdiskussionen gehen immer. Und werden von den Fußballinteressenten nicht nur gern verfolgt, sondern mit allerlei Pros und Contras begleitet. Momentan boomt diese spezielle Form, der Berichterstattung, die alles andere ist als Berichterstattung mächtig. Man denke nur an die Frage, wer Nachfolger als Coach der DFB-Auswahl wird. Oder an Friedhelm Funkel. Dem wird von der einen Seite Heuchelei vorgeworfen, weil er sich seinerzeit so herzhaft zur wunderbaren Fortuna bekannt hat und jetzt den (Achtung! Spochtrepochter-Jargon!) „Feuerwehrmann“ beim Äff-Zäh gibt, also quasi den Erzfeind unterstützt. Die andere Seite wirft ein, dass der faltige Neusser vor einem Jahr ja nicht aus freien Stücken gegangen ist, sondern (Zitat) „vom Hof gejagt“ wurde. Und dann soll die F95-Fans auch noch bewegen, ob Uwe Rösler in der kommenden Saison noch Cheftrainer sein wird/soll und, falls nicht, wer sein Nachfolger werden wird/soll. Stoff genug für viele lange Kolumnen und die Kommentare der Anhänger. [Lesezeit ca. 6 min]

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Wer Friedhelm Funkel persönlich kennt und sein mediales Verhalten über die Jahre verfolgt hat, ahnt: der Mann braucht Aufmerksamkeit, viel Aufmerksamkeit. Und weil alt und eitel das neue hip und cool ist, erhält er sich so wie sich Endsechziger nach dem Verfallsdatum ihrer Berufstätigkeit eben verhalten. Man geht ja nicht mehr in Rente, man macht so lange weiter wie man noch eine öffentliche Bühne vorfindet. Ihr erheblich ergebener Berichterstatter (68) weiß, wovon er redet. Einigermaßen nachvollziehbar führt Friedhelm an, er habe begonnen sich zu langweilen, weil die Tätigkeiten – Tennisspielen, Reisen… -, mit denen er den Ruhestand füllen wollte, dank der Seuche nicht möglich waren und sind. Dann doch lieber wieder auf dem Trainingsplatz stehen, an der Seitenlinie und vor den Sky-Kameras.

Trainerwechsel bringen nichts

Ignorieren wir mal den fachlichen Einwand, dass Trainerwechsel zum Zwecke des Klassenerhalts rein statistisch gesehen in weniger als der Hälfte der Fälle zum gewünschten Ergebnis führen. Die glorreiche Fortuna hat diese Erfahrung im vergangenen Jahr ja auch machen müssen. Weil im Fußballgeschäft die Küchenpsychologie regiert, konnte sich auch der Sportvorturner des Hundmithörner-Vereins nicht enthalten davon zu sprechen „neue Impulse zu setzen.“ Die armen Profis werden nicht gefragt, ob sie sich einen solchen neuen Impuls wünschen bzw. ob sie sich davon etwas für die eigene Leistung versprechen.

Und nur selten wird rational und durch Fakten belegbar darüber nachgedacht, welche Rolle beim Erfolg oder Misserfolg eines Teams solch ein Chefcoach tatsächlich spielt. Auf der emotionalen Seite scheint die Sache aus Sicht der Fans klar: Man wünscht sich einen Typen, der ungefähr genauso mit der Mannschaft umgeht, wie man selbst es tun würde. Eher autoritär verfasste Gestalten plädieren für einen Coach, der die Jungs „mit harter Hand“ anfasst, schonmal rumbrüllt oder wenigstens ein bisschen Angst verbreitet. Beliebt sind Übungsleiter, von denen man sich vorstellen kann, dass sie mit einem in der Kurve stehen und ab und an auch am Biertisch.

Was genau ist Mentalität?

Mentalität steht hoch im Kurs, ohne dass je jemand erklärt, was genau damit gemeint ist. Der geschätzte WDR-Mann Andreas Kramer hat im Mai 2018 in seinem grandiosen Halbstünder über die Fortuna den ewigen Uerdinger ausführlich zu Wort kommen lassen und versucht, dessen menschliche Seite zu zeigen. Funkel gab sich bodenständig und präsentierte sich als Rheinländer. Man konnte ihm die Rolle abnehmen. Und auf dieser unscharfen Seite war der Friedhelm der ideale F95-Cheftrainer. Man glaubte ihm sein Bekenntnis, dass der Posten bei der Fortuna eine Herzensangelegenheit war, und viele, viele Freunde des Vereins wünschten sich, dass er auch nach dem Ende seiner aktiven Zeit eine bedeutende Rolle bei der Diva spielte.

Die Umstände seiner Demission verhinderten das, denn FF war beleidigt und suchte die Nähe zu den Medien, äußerte sich oft und gern in der BILD und in den einschlägigen Laberformaten der Fernsehversender. Das klang manchmal wie Nachtreten, bisweilen wie Einmischung, aber in den letzten Monaten wieder eher freundlich. Es gab sogar Gerüchte, man könne ihn demnächst im Verein einbinden. Dagegen sprach, dass das Verhältnis von Klaus Allofs zu Funkel kein besonders schönes sei. Der Zug ist nun abgefahren, egal was der Neusser Schützenbruder beim Äff-Zäh anstellt; das Tischtuch zwischen ihm und F95 ist final zerschnitten. Mehr ist zur Causa Funkel ab heute nicht mehr zu sagen.

Die Causa Rösler

Womit wir bei der Causa Rösler sind. Dessen Bilanz liest sich zunächst verheerend. Er konnte weder den Abstieg aus der ersten Liga verhindern noch den Wiederaufstieg bewerkstelligen. Außerdem – und das nehmen ihm viele altgediente Fortuna-Fans ganz besonders übel – gehen zwei verlorene Pokalspiele, die jeweils das Aus im Wettbewerb bedeuteten, auf sein Konto. War schon das Abschenken des Weiterkommens im DFB-Pokal gegen Schalke durch Herrn Funkel im Februar 2019 eine kaum zu schluckende Kröte, tat die Niederlage gegen Rot-Weiss Essen kurz vor Weihnachten 2020 doppelt weh. Tatsächlich begann der Abstieg von FF in der Fan-Gunst mit der angegebenen Niederlage auf Schalke.

Das hat sehr viel damit zu tun, dass der Pokal den Fortuna-Freunden heilig ist, dass die Sehnsucht nach einer Endspielteilnahme nach 40 Jahren groß und tief ist und es im Grunde Kernaufgabe eines jeden Cheftrainers ist, das jeweilige Team nach Berlin zu bringen. Denn da das Soccer-Entertainment-Business einem eingetragenen Verein ohne Öl- oder Gassponsor auf ewig verwehrt bleiben wird ist der Pott selbst für einen Traditionsverein wie die Fortuna zumindest in Griffweite. Das muss jeder Nachfolger von Uwe Rösler wissen. Womit wir bei der eigentlichen Trainerdiskussion sind.

Endlich! Die Trainerdiskussion…

Variante 1: Der strunzsympathische Denglisch-Thüringer bleibt verantwortlicher Trainer. Und zwar mit der klaren Mission Aufstieg (und eben Pokalendspiel…). Das ist nur vorstellbar, wenn er den kommenden Kader maßgeblich nach seinen Vorstellungen formen kann. Denn das große Manko des UR ist es, dass er seine ganz persönlichen und durch eigene Erfahrungen als Topspieler und Trainer entstandene Spielphilosophie spielen lassen muss, um erfolgreich zu sein. Und dafür braucht er genau die Kicker, die in die dafür von ihm geliebten taktischen Systeme passen. Man kann auch sagen: In den Bereichen Strategie und Taktik ist der Rösler erschreckend unflexibel. Aber, das war Funkel ja auch… Nur wenn die Herren Allofs und Klein bei der Kaderplanung nach URs Pfeife tanzen würden, hätte er als F95-Trainer eine Zukunft.

Variante 2: Einer der jungen Trainer im Verein wird Chefcoach. Sah Tom Kleine lange wie der natürliche Nachfolger von FF auf dem Pattex-Stuhl aus, ist sein Einfluss unter UR so weit zurückgegangen, dass er die passende Blässe für einen Co-Trainer zeigt und unter einem neuen (externen) Coach gut auf diesem Posten bleiben könnte. Für viele Kenner wäre Nico Michaty die richtige interne Lösung, denn der hat mit der Zwoten in der laufenden Saison gezeigt, dass er eine Mannschaft formen, ihr eine Spielphilosophie vermitteln und einzelne Kicker besser machen kann. Das gilt aber – was weniger gesehen wird – auch und in vielleicht sogar höherem Maße für den Trainer der U19, Sinisa Suker, der nun schon seit 25 Jahren im Verein ist, also ein echter Fortune. Im Hintergrund lauern vier hochverdiente F95-Spieler, die zumindest aktuell den Trainerberuf im Blick haben: Axel Bellinghausen (Erste), Lumpi Lambertz (U23) und Oliver Fink (U23) sowie Jens Langeneke als Trainer der U17. Die Kombination aus Michaty oder Suker mit einem oder mehreren der genannten Helden hat vieles für sich – vor allem die garantierte Einbindung von jungen Spielern.

Variante 3: Einer der jungen, modernen Trainer von woanders wird Chefcoach. In der Verlosung wären da nach Meinung der hauptberuflichen Glaskugelleser vor allem Edin Terzic (BVB), Hannes Wolf (DFB/L’kusen) und Lukas Kwasniok (Saarbrücken), genannt werden aber auch David Wagner, Tim Walter und Domenico Tedesco. Bei Terzic ist nur schwer vorstellbar, dass er NICHT Co-Trainer unter Marco Rose sein möchte. Wolf ist ja beim DFB fest unter Vertrag und wird den wohl nur lösen, wenn er Chef der Werkself wird. Kwasniok, der den 1. FC Saarbrücken zu unerwarteten Höhenflügen geführt hat, ist bekannt, dass er bereit ist für eine höherklassige Tätigkeit; er gilt als einer, der gerade junge Spieler schnell entwickeln kann. Wagner und Tedesco wird die arme kleine Fortuna nicht bezahlen können. Tim Walter, der beim VfB Stuttgart grandios scheiterte und nun schon mehr als ein Jahr vereinslos ist, ist mehr eine Wundertüte, gilt aber als ein bisschen schwierig. Aus dieser Kategorie kommen also realistisch nur Kwasniok und Walter in die Verlosung.

Variante 4: Ein „Promi“ mit Erstligaerfahrung. Absoluter Favorit der Fans ist anscheinend Steffen Baumgart, der bekanntlich Paderborn zum Ende der Saison verlässt. Eigentlich ist der Mann, der auch bei Minusgraden im T-Shirt an der Linie steht, noch zu den jungen Coaches zu zählen, nicht aber zu den modernen. Seine Ideen vom Spiel sind eher traditionell, wobei er über die Jahre taktische Flexibilität dazugelernt hat. Beliebt ist er bei vielen Fußballfreunden wegen seiner unprätentiösen Art für seine Sprechweise, seine Gradlinigkeit im öffentlichen Auftritt. Er gilt als einer, der aus einem Kader eine Truppe macht, nicht aber unbedingt als jemand, der Spieler besser machen kann. Dafür kommt er aber, das hat er bei Paderborn gezeigt, mit ausgesprochen heterogenen Kadern zurecht, wird also nicht nur erfolgreich, wenn er alle seine Wunschspieler kriegt. Geheimfavorit ist übrigens Andre Breitenreiter, der in der laufenden Saison schon ein paar Mal in der Arena zum Zugucken war. So richtig schlau wird man aus dem nicht, der zudem auch nur drei Stationen aufzuweisen hat, auf denen er nie besonders erfolgreich war. Da hat Uwe Neuhaus schon mehr auf dem Kerbholz, vor allem sieben goldene Jahre bei Union Berlin, wo er die Basis für den heutigen Erfolg legte; ein moderner Trainer ist er aber definitiv nicht.

Alle anderen bekannten Übungsleiter – vom schönen Bruno Labbadia bis zu Markus Weinzierl oder gar Robin Dutt -, die gerade nichts zu tun haben, passen durch die Bank nicht zur Fortuna und zu den Zukunftsplänen, die dieser wundervolle Fußballverein schmiedet.


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6 Gedanken zu „Ach, du liebe Trainerdiskussion. Oder: Funkel kommt nicht mehr zurück.

  • ich habe nie etwas gegen den FC gehabt. Warum auch? Schuhmacher, Littbarski, Häßler und von mir aus auch Podolski sind alles Leute mit denen ich gut leben konnte. Aber was sich dieser Torwart bei dem letzten Spiel der vorigen Saison geleistet hat war eine Frechheit und ich habe mich gefreut, dass dieser Trainer der dafür verantwortlich war, gestern gehen musste.
    Jetzt kann Ihnen Friedhelm den Rest geben und die Sache ist erledigt.

    Antwort
    • Genaus so ist es, dass in Bremen war volle Absicht. Das erklärt natürlich nicht unseren Abstieg, aber es bleibt unabhängig von unseren Gründen ein Betrug der Kölner. Den Abstieg in diesem Jahr würde ich mit Wohlwollen betrachten.

      Ob unser beleidigter und eitler Funkel da noch etwas bewirken kann, muss man abwarten. Ist mir auch relativ egal, solange die Kölner runtergehen.

      Antwort
      • Ich jubele mittlerweile grundsätzlich für den jeweiligen Gegner des FC (sehr laut letzten Sonntag für Mainz). Ich wohne jetzt in Bonn und was hier ein Hype um diese Stadt und und um diesen Verein gemacht wird, ist nicht mehr zu ertragen. Auch der Bonner Generalanzeiger ist voll im FC-Rausch, gestern und heute über eine ganze Seite. Der Heimatverein Bonner SC (Regionalliga) geht dagegen völlig unter. Habe den entsprechenden Journalisten schon mal dazu angeschrieben, kommt natürlich keine Reaktion.
        Diese Besoffenheit der Kölner für ihre hässliche Stadt ist unglaublich! Da werden neue Spieler doch tatsächlich mit dem Slogan begrüsst „Willkommen in der schönsten Stadt der Welt“. Dann das erwähnte Verhalten des sogenannten Torhüters. Hat man jemals vorher gehört, dass sich ein Spieler den Abstieg einer Mannschaft aus der Nachbarstadt wünscht und dann im entscheidenden Spiel durch gezielte Nichtleistung auch befördert?

        Antwort
  • Ich bevorzuge in Bezug auf uns die Variante 2 („…. Die Kombination aus Michaty oder Suker mit einem oder mehreren der genannten Helden hat vieles für sich – vor allem die garantierte Einbindung von jungen Spielern.“).

    Bloß nicht Wagner und Co., Terzic könnte ich mir vorstellen, glaube aber, dass er ganz andere Angebote bekommen wird.

    Nein, ich würde mich tatsächlich im Sinne eines nachhaltigen Aufbaus einer Mannschaft über die Variante 2 mit Michaty freuen. Warum sollte er das nicht schaffen?

    Antwort
    • Der Michaty scheint ein Guter zu sein, aber ich warne vor dieser romantischen Vorstellung, die Leute mit der 95-DNA könnten uns weiterbringen. Das haben wir auch schon gehabt, selbst Bellinghausens Rückkehr als Spieler habe ich mit Skepsis gesehen, bis er dann endlich (!) aufhören durfte, die linke Außenlinie mehr schlecht als recht zu beackern.

      Den Namen „Lumpi“ will ich schon gar nicht mehr hören, nachdem wir ihn drei Jahre als völlig überfordertes Maskottchen (!) in der Startelf ertragen mussten, und weder Klein noch Fink oder Langeneke (toller Typ!) helfen in den nächsten Jahren irgendwie weiter.

      Ein Schnitt muss her, der Rösler-Loser müsste längst weg sein und – ceterum censeo, last but not least – darf der Rumpler A.B. nie mehr in der Startformation stehen, niemals!

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  • Ha ha, ich wohne ebenfalls in Bonn und fühle mich hier in der F95-Diaspora. Dafür wimmelt es von BN-FC Autokennzeichen. Selbst AW-FC ist keine Seltenheit. Erstaunlicherwiese wird der heimische Bonner SC – immer hin (noch) – Vierligist also in der selben Liga wie Bayer04-Bezwinger Essen medial sehr wenig und in der Bevölkerung so gut wie gar nicht unterstützt. Spricht nicht für die Leute hier.

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