Darmstadt vs F95 0:2 – Das fängt ja gut an
Erst mit einem abgezockten Auftritt in der Zweiten Spielhälfte holte die glorreiche Fortuna den Auswärtssieg in Darmstadt.
Bericht · Korrigieren wir die Überschrift: Nein, das fing nicht gut an. Das kann und muss ein Trainer mit taktischen Zwängen schönreden, wie es Trainer Daniel Thioune tat. Aber für uns Fans waren die ersten 45 Minuten einfach öde. Klar, dass kein vernunftbegabter Coach sein Team im ersten Auswärtsspiel der Saison in einen Hurrafußball jagt. Aber für den Ergebenen waren es in Hälfte Eins doch ein paar taktische Spielchen zu viel. Wobei die gezeigten Varianten aus rein fußballerischer Sicht durchaus interessant waren. Und trotzdem begann es ausgesprochen mut- und ideenlos. Auf beiden Seiten. [Lesezeit ca. 6 min]
Das hatte auch ein wenig mit den Befindlichkeiten der Akteure zu tun, was ja auch normal ist. Wobei eine Tagesschwäche eben am meisten auffällt, wenn die taktische Grundordnung einer Position nicht so richtig passt. Das war auf der linken Seite so, wo bei der Kooperation zwischen Emma Iyoha und Shinta Appelkamp von einer Schiene nicht die Rede sein konnte. Auf der anderen Seite verhielten sich Zimbo Zimmermann und Felix Klaus wie ein altes Ehepaar, das es immer auf dieselbe Weise treibt – manchmal klappt’s, manchmal nicht.
KAUFT LESEPUNKTE!
Na, schon gespannt auf den Spielbericht? Nach einer kurzen Werbeunterbrechung geht’s weiter. Denn die Fortuna-Punkte verstecken sich nicht hinter einer Paywall. Alles, was du hier findest, ist gratis, also frei wie Freibier. Wenn dir aber gefällt, was du liest, dann kannst du uns finanziell unterstützen – zum Beispiel mit dem Kauf von Lesepunkten. Wir würden uns sehr freuen.
Eigentlich gab es bei der Startaufstellung auch nur eine, na ja, Überraschung. Mangels Tzolis und weil die Coaches Tim Rossmann noch nicht so recht trauen, kam Shinta Appelkamp auf die linke Außenposition. Der Rest: wie üblich. Das betrifft aber (siehe oben) nur den personellen Bestand, nicht aber die Rollenverteilung. Hier zeigte Thioune erneut, wie modern er Fußball denkt. Nehmen wir nur einmal Flo Kastenmeier – Mann des Spiels aus Sicht des Ergebenen, der phasenweise den Libero gab. Er rückte zwischen die beiden Innenverteidiger, also Käpt’n Hoffmann und Tim Oberdorf, und ging mit denen in der ersten Halbzeit nicht selten bis fast 30 Meter von seiner Hütte entfernt vor.
Tatsächlich erreichte Flo in dieser Position mit die beste Passquote der Truppe. Übrigens: Der statistische Wert von 89 Prozent in dieser Kategorie ist hervorragenden, erklärt sich aber auch aus bis zu 65 Prozent Ballbesitze (am Ende waren es rund 55 Prozent). Wie variabel Thioune denkt und handeln lässt, zeigte sich dann in Halbzeit Zwei, denn da war es Ao Tanaka, der mit Hoffmann und Oberdorf hinter dem Ball eine Dreierkette bildete. Überhaupt kommt das Denken in Vierer- und Dreierketten langsam an seine Grenzen. Nominell sollte die Positionierung der Jungs wohl ein 4-3-2-1 sein – zu sehen war dieses System praktisch nur beim jeweiligen Anstoß.
In dieser Hinsicht konnte Altmeister Lieberknecht nicht mithalten, der zwar ein 3-4-2-1 formierte, dieses aber mit einiger Sturheit durchziehen ließ. Weil er anscheinend die komplette Kontrolle übers Mittelfeld im Sinn hatte, knubbelten sich in Defensivsituationen oft sechs Kollegen in der zweiten Reihe. Das ließ sich von den Fortunen sowohl über die Flügel als auch durch die Mitte ganz gut aushebeln. Denn war diese Reihe erstmal überwunden, hatten die Fortunen oft die Hoheit im gegnerischen Strafraum.
Und wenn gerade unsere Mittelfeldleute den als nominelle Spitze agierenden Danny Schmidt nicht mit Fleiß übersehen hätten, wer weiß, ob der nicht schon in den ersten 45 Minuten eine Bude gemacht hat. So hing er meistens in der Luft und versuchte, bisweilen erfolgreich, Unruhe im Darmstädter Sechzehner zu veranstalten. Wie gesagt: Das alles galt so für die ersten Halbzeit, in der leider die 98er die Mehrzahl der Zweikämpfe gewann.
Finde den Fehler: Menschen machen Fehler. Schreiber:innen sind Menschen, machen also Fehler. Und Schreiber ohne großes Team hinter sich – wie der Ergebene – machen natürlich auch Fehler. Deshalb unsere Bitte an alle: Wer einen Fehler im Text entdeckt, meldet ihn uns auf einem der bekannten Wege – z.B. per Mail an kontakt@fortuna-punkte.de oder über das Kontaktformular. Wir versprechen, falls wirklich etwas Falsches im Beitrag stand, bedanken wir uns nicht nur, sondern korrigieren es umgehend. Schönen Dank im Voraus!
Stabiler wurde es in Hälfte Zwei. Apropos: Unsere Defensive stand dank der soliden Leistungen der beiden Innenverteidiger bombensicher. Und weil sowohl Ao Tanaka als auch Cello Sobottka sowie Ísak Jóhannesson jederzeit bereit waren, die Abwehr zu verstärken, brannte nichts bis wenig an. Als die Fortuna dann aber nach der Pause mehr Offensivgeist zeigte, erreichten die Hausherren im Konterspiel ein-, zweimal Drei-gegen-Drei-Situationen, nie aber die Überzahl.
Die verstärkten Angriffsbemühungen zeigten sich vor allem daran, dass nun Zimbo Zimmermann als offensiver Sechser auftrat und Cello Sobottka so etwas wie einen Achter gab. Jóhannesson rückte weiter in Richtung linker Flügel und rochierte teilweise mit Appelkamp, der so deutlich wirkungsvoller wurde. Ziel der Übung war offensichtlich – wie heißt es heute so schön? – die gegnerische Box zu laden, sich dort also mit mindestens genauso viel Spielern aufzuhalten wie der Gegner.
Eine solche Situation brachte dann das 1:0 in der 55. Minute. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, handelte es sich um eine Standardsituation. Da hatte der Ergebene in der Halbzeitanalyse der Expertenrunde, die sich in der proppenvollen Retematäng eingefunden hatte, noch orakelt, dass die Partie durch Standards entschieden würde… Mit Shinta Appelkamp haben wir einen Experten für Ecken und Freistöße aus dem Halbfeld. Von seiner ungeliebten Aufgabe als Linksaußen teilweise entbunden, durfte er nun doch wieder den Zehner geben und war für den Freistoß von halbrechts zur Stelle. Den zog er auf den kurzen Pfosten, wo Zimbo Zimmermann lauerte.
Tatsächlich lochte aber der Zweimetermann in der SVD-Abwehr das Ding mit dem Kopf ein. Zimbo ließ sich trotzdem feiern. Wären beide nicht am Ball gewesen, hätte der Keeper der Gastgeber das Ei wohl gehabt. Geschenkt. Denn diese Bude war der Lohn für zehn Minuten energiereicher Angriffsbemühungen. Dass man diesen Spielstand nicht einfach würde verwalten können, war den Burschen in den roten Heimtrikots klar. Dass man aber auch nicht mit gelösten Bremsen auf einen Kantersieg spielen sollte, auch. Da nutzte auch der Ruf „Nur noch Fünf!“ wenig, mit dem ein Anwesender vorschlug, durch ein 6:0 den Schalkern die Tabellenführung zu klauen.
Komischerweise ging aber auch Darmstadt nicht All-in. Ganz selten gingen sie ins hohe Pressing und hielten sich sowie so an den alten Witz: „Wie treiben es die Stachelschweine? Gaaaanz vorsichtig.“ Man merkte den Lilien aber auch an, dass sie sich nach den vielen Ab- und Zugängen nach dem Abstieg noch nicht gefunden haben. Letztlich ließe sich die ganze Partie auch so zusammenfassen: Hier eine eingespielte, abgezockte Truppe, dort ein Team im Aufbau.
Dann brachte Lieberknecht einen weiteren Stürmer, und für ungefähr zehn Minuten waren die Darmstädter am Drücker. Nicht länger, weil ihnen nun die 3+2-Kette der Fortunen jeden Zahn zog. Die starken zehn Minuten der Hausherren endeten mit einer doppelten Glanzparade unseres wunderbaren Torhüters in der 68. Minute. Eine Ecke von links (aus SVD-Sicht) kommt sehr schick auf den langen Pfosten, wo ein Blauer perfekt und ziemlich frei steht. Den wehrt der Teufelskerl ab, aber einem Darmstädter vor die Füße, der zwischen Kastenmeier und Pfosten einlochen will. Aber der, Flo, der ist sofort wieder oben und haut den Ball ins Toraus. Ein Doppel-Wow!
Kurz danach bringt Thioune Jona Niemiec für den leicht frustrierten Schmidt. Und Jona spielte sofort wie ein klassischer Mittelstürmer. Der Wechsel zahlt sich dann in der 81. Minute aus. Darmstadt drückt und vergisst die Restverteidigung. Jóhannesson und Klaus setzen die letzten Männer des SVD ein paar Meter vor der Mittellinie unter Druck. Der Typ, der das Eigentor gemacht hat, will rückwärts auf den letzten Mann passen. Der Pass ist zu kurz. Niemiec startet durch, Klaus schiebt ihm den Ball in die Füße, und die arme Socke, die ihn als letzter Mann noch aufhalten könnte, zupft an Jonas Trikot. Der fällt.
Klarer Fall von Notbremse. Aber Schiri Kampka zeigt nur Gelb. Seiner Meinung nach wäre der herauslaufende Darmstadt-Keeper noch vor Jona am Ball gewesen. Die Grottenolme melden sich. Der Referee schaut sich die Sache am Monitor an und revidiert. Der nur fünf Minuten vorher eingewechselte, 17-jährige Nachwuchsspieler des SVD wird des Feldes verwiesen – die arme Socke! Heulend wird er von seinen Kollegen empfangen und getröstet. Sowas wünscht man keinem Jungprofi.
Natürlich raunen diejenigen unter den F95-Anhängern, die schon etwas länger dabei sind, dass es jetzt in Überzahl schwer wird für die Fortuna. Aber die Zeiten sind ja wohl vorbei. Außerdem verstärkt Thioune jetzt durch Wechsel die Abwehr. Raus sind Hoffmann, Klaus und Appelkamp, rein kommen Jordy de Wijs, Joshy Quarshie und (endlich) Tim Rossmann. Nun haben wir sie, die waschechte Dreierkette. Ao Tanaka und Cello Sobottka bilden nun eine defensive Doppelsechs.
Kaum zwei Minuten nach seiner Einwechslung macht der Ex-KSCler Rossmann eine Traumbude. Der Diagonalpass von Zimmermann ist aber auch allererste Sahne und fällt dem Tim so auf den Fuß, dass er ihn locker mitnehmen kann. Zwei Schritte weiter zieht er perfekt ab und macht so das 2:0. Damit ist der Deckel drauf auf diesem ersten Spiel der Zweitligasaison 2024/25. Noch nicht ganz: In der Nachspielzeit MUSS Ísak Jóhannesson das 3:0 machen! Die Lilien verdaddeln das Ei im eigenen Strafraum. Es landet beim eingewechselten Sima Suso, der schön querlegt. Ísak hat offensichtlich ein bisschen die Orientierung verloren und haut neben das (fast) leere Tor.
So reist die glorreiche Fortuna mit drei wertvollen Punkten im Gepäck aus dem südhessischen Darmstadt zurück in die schönste Stadt am Rhein. Die zweite Hälfte hat auch die Liebhaber der wunderhübschen Diva für die öden 45 Minuten zu Beginn entschädigt. Und was nehmen wir an Erkenntnissen mit? 1. Bitte weniger taktische Spielchen. 2. Shinta Appelkamp ist kein Linksaußen. 3. Jona Niemiec kann Mittelstürmer. 4. Tim Rossmann gehört in die Startelf. Und schließlich, dass wir mit Florian Kastenmeier einen wirklich herausragenden Torhüter im Kader haben.
Wie wär’s? Ein Schumacher-Stadion-Alt (5,40 €) pro Spielbericht – einfach per Paypal geben:
oder per Paypal an ergebener@fortuna-punkte.de senden.
Entdecke mehr von Fortuna-Punkte
Subscribe to get the latest posts sent to your email.