HSV vs F95 1:0 – Gut gespielt, trotzdem blöd verloren
Die trotzdem glorreiche Fortuna hat gegen den HSV durch eine blöde rotgelbe Karte und einen noch blöderen Elfer verloren.
Bericht · Erstens: Der Ergebene sollte sich abgewöhnen, vor dem Abfassen eines Spielberichts Kommentare von „Fans“ in den sozialen Medien zu lesen – sie versauen tendenziell den rationalen Blick. Zweitens: Wer sich ernsthaft an einer Analyse versucht, sollte die Statistiken wenigstens als Korrektiv heranziehen – das ergibt oft ein anderes Bild. Drittens: Wer die Fortuna im Herzen trägt, sollte sich das Granteln und Meckern einfach klemmen. Denn auch wenn unsere Jungs blöd verloren haben, haben sie insgesamt doch ein gutes Spiel geliefert. [Lesezeit ca. 7 min]
Als die Startaufstellung bekannt wurde, machte sich unter den F95-Anhänger:innen ungläubiges Staunen breit. Dennis Jastrzembski als Spitze? Hä? Nun ja, gemeldet wurde den Medien die Liste, nicht aber die taktische Anordnung, und wer sich ein bisschen auskannte, ahnte, dass Daniel Thioune (endlich?) ohne Spitze spielen ließ. Macht man ja heute manchmal so, sogar bei den Spitzenclubs auf Champions-League-Niveau. Und das gewählte 4-3-3 war so ungewöhnlich auch nicht. Sorgenfalten löste höchstens aus, dass die Coaches Ao Tanaka anstelle von Shinta Appelkamp zum Anpfiff geschickt hatten.
Die Viererkette blieb unverändert, und es zeigte sich, dass das Duo aus Jordy de Wijs und Jamil Siebert momentan eine defensive Bank ist. Und zwar daran, dass der HSV in der ersten Halbzeit praktisch keine zwingende Torchance erarbeitete. Dies auch, weil die beiden genannten im Verbund mit Yannik Engelhardt auf der defensiven Sechs den gefürchteten Goalgetter Glatzel komplett aus dem Spiel nahmen. Was man von Emma Iyoha in Bezug auf Jatta überhaupt nicht behaupten kann. Es war das Duell des Tages, und Emma sah in der ersten Halbzeit gar nicht gut aus. Ein halbes Dutzend Mal wurde er vom HSV-Außenstürmer überlaufen und mehrfach abgekocht. Auch von einem gewissen Reis ließ sich Emma einige Male hinterlaufen. Und hätten die Gastgeber den Strafraum besser besetzt, wer weiß, ob nicht in den ersten 45 Minuten ein paar Törchen gefallen wären.
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Es lag aber nicht nur an unserem Linksverteidiger. Sein Schienenkollege Jastrzembski – ja, der trat nämlich in Wirklichkeit als Linksaußen an – verweigerte Emma durchgehend die Unterstützung. Hätte sich mal am Tandem aus Zimbo Zimmermann und Felix Klaus ein Beispiel nehmen sollen, die ihre Seite beinahe komplett sperrten. Bisschen muss man den Ferrari unter unseren Spielern in Schutz nehmen: Der ist nicht lang genug dabei und hat das Prinzip eben noch nicht, ähem, verinnerlicht. In der Offensive kann man dem Blitzrenner dagegen wenig vorwerfen. An allen halbwegs aussichtreichen Angriffszügen war er beteiligt.
Dem grundsätzlichen Spielplan folgend hielt sich Chris Tzolis mehr in der Mitte auf, und man kann nicht sagen, dass er sich da sonderlich wohlfühlte. Er wird ja bisweilen mit Arjen Robben verglichen, der bekannterweise ebenfalls nicht gern zentral agierte. Leider klappte das vorgesehene Rochieren zwischen Dennis und Chris auch nicht wie geplant. Und trotzdem: Die Gäste in Blau hatten in der ersten Halbzeit mehr Chancen als der HSV. Zur Pause standen die ominösen xGoals mit etwas über 2 zu knapp über 1 für die Fortuna.
Natürlich war die Startaufstellung von Thioune so gedacht, um den unsympathischen Trainer Walter zu überlisten. Ebenso die angeordnete Taktik, also das Ding mit der roten Zone. Die sollte, so unser Chefcoach in der Pressekonferenz vor dem Spiel, die gesamt eigene Spielfeldhälfte einnehmen und durchgehend unter Kontrolle gehalten werden. Eine gute Idee … im Prinzip. Hätte aber bedeutet, dass die vorderste Reihe bei gegnerischem Spielaufbau nicht weiter als vier, fünf Meter südlich der Mittellinie zurückweichen sollte. Tat sie aber nicht. Meistens rückten sie eher zehn, zwölf Meter zurück und gaben den Hamburger Raum.
Das war der Fehler, der zu enormem Druck durch die Hausherren führte. Zieht man den Liveticker zurate, dauerte der Sturm und Drang der Rothosen in Halbzeit 1 fast 35 Minuten. Dass es trotzdem kaum zu Chancen für den HSV kam, war der disziplinierten Arbeit der Innenverteidiger sowie von Yannik Engelhardt, Zimbo Zimmermann und Felix Klaus zu verdanken. Das Blöde an dieser Konstellation: Der hochbegabte Ìsak Jóhannesson hing völlig in der Luft, vom irrlichternden Tanaka ganz zu schweigen. Es ist traurig, aber wahr, dass unser japanischer Nationalkicker in dieser Verfassung nicht einmal in den Spieltagskader gehörte. Allein der schmale Kader an sich holt ihn noch auf die Bank.
Apropos: Euer schlimm ergebene F95-Analyst hatte in seinem Vorbericht eine ganz ähnliche Aufstellung vorgeschlagen, allerdings mit Jona Niemiec in der Startelf. Der Junge braucht unbedingt mehr Spielzeit, um sich entwickeln zu können; immer nur den Joker zu mimen, wird ihm auf Dauer nicht reichen. Später kam er rein. Genau wie Vince Vermeij und Daniel Ginczek. Es gibt ja Tastaturkrieger, die gestern meinten, „Angsthasenfußball“ gesehen zu haben. Wenn mit einem Mann weniger bei einem 0:1-Rückstand am Ende drei Vollstürmer auf der Wiese stehen, kann davon ja überhaupt keine Rede sein.
Finde den Fehler: Menschen machen Fehler. Schreiber:innen sind Menschen, machen also Fehler. Und Schreiber ohne großes Team hinter sich – wie der Ergebene – machen natürlich auch Fehler. Deshalb unsere Bitte an alle: Wer einen Fehler im Text entdeckt, meldet ihn uns auf einem der bekannten Wege – z.B. per Mail an kontakt@fortuna-punkte.de oder über das Kontaktformular. Wir versprechen, falls wirklich etwas Falsches im Beitrag stand, bedanken wir uns nicht nur, sondern korrigieren es umgehend. Schönen Dank im Voraus!
Bleiben wir bei der ersten Halbzeit, die alles in allem als ausgeglichen gelesen werden kann. Wenn auch mit ungleich verteilten Spielanteilen. Klar, der HSV versuchte wieder seinen risikobehafteten Hurrafußball anzusetzen. Die Fortunen aber waren auf Halten und das Warten auf Konterchancen gebrieft. Eigentlich eine klassische Situation bei zwei Spitzenteams unter den gegebenen Umständen. Vier budenträchtige Chancen für die Rotweißen in Blau standen zu Buche, und anderthalb nennenswerte Gelegenheiten für die Rothosen.
Ohne etwas am Personal zu ändern, drehte Daniel Thioune in der Pause an ein paar Schräubchen. Erstens hatte er vermutlich ein bisschen mehr gesunde Härte angeordnet. Und zweitens mehr Offensive. Jedenfalls standen seine Buben nun nicht mehr gar so tief, und statt nur Langholz in die Spitze zu schlagen, zogen die Fortunen nun ein geregeltes Angriffsspiel auf. Hätten sie vielleicht schon früher machen sollen, denn die Abwehr der Hamburger geriet nun ein ums andere Mal ins Schwimmen. Bis zur 65. Minute gab es drei erhebliche Möglichkeiten, den Gastgeber eine Bude einzuschenken – einmal war es Tzolis, zweimal Klaus.
In der 50. Minute aber geschah Vorentscheidendes. Nach einem feinen Spielzug klärte der HSV-Verteidiger im eigenen Sechzehner klar mit der Hand. Viel klarer kann ein Handelfmeter kaum sein. Aber Schiri Zwayer und die Grottenolme in Köln wollten zuvor ein Abseits gesehen haben. Beim Studium der TV-Bilder später zeigte sich, dass die beteiligten Spieler wohl eher auf gleicher Höhe waren. Komischerweise wurde nicht mit einer kalibrierten Linie nachgemessen, sondern mal eben auf Abseits entschieden. Schnell mal im Konjunktiv: Hätte es Strafstoß gegeben, den Chris Tzolis sicher verwandelt hätte, wären die stolzen Fortunen mit einiger Wahrscheinlichkeit als Sieger nachhause gefahren. So aber…
In der 57. Minute dann eine Glanztat von Käpt’n Kastenmeier, der einen strammen Flachschuss gerade noch mit den Fingerspitzen um den Pfosten lenkte. Überhaupt war Flo für euren Ergebenen der Fortuna des Tages; nicht nur, weil er alles hielt, was auch nur zu halten war, sondern weil er in der zweiten Halbzeit den Spielaufbau maßgeblich und erfolgreich vorantrieb. Der vermeintliche „Kastenmeier-Moment“ in der ersten Halbzeit war übrigens keiner, denn riskant war der schiefe Rückpass von Jóhannesson, den Kastenmeier auf bestmögliche Art entschärfte.
In der 64. Minute brachte Trainer Thioune dann doch eine Spitze: Vince Vermeij kam für Dennis Jastrzembski, der immer weniger Schnitte bekommen hatte. Außerdem Shinta Appelkamp für Ìsak Jóhannesson, der einfach nicht richtig in die Partie kam und außer einem prima Steckpass in Hälfte 1 wenig zu bieten hatte. Mmh, dachte der Ergebene, der die Partie im Kreise der Expertenrunde in Daniel Vollmers Fußballkneipe „Retematäng“ verfolgte, hätten die Coaches nicht eher Tanaka erlösen sollen? Schließlich hatte der Shinta den Startplatz genommen, aber so gut wie nichts zum Gelingen der Begegnung beigetragen. Okay, hätte er in der 71. mit seinem Flugkopfball die Hütte gemacht, wäre er natürlich Held des Tages geworden.
Um diese Zeit herum war das Spiel deutlich abgeflacht; man hätte darauf kommen können, dass beide Teams nicht mehr riskieren wollten, zu verlieren. Außerdem fiel beiden Truppen gerade offensiv nicht wirklich viel ein. Und dann nahm das Verhängnis seinen Lauf. Zimbo Zimmermann foulte einen Hamburger; der war schon an ihm vorbei, als Zimbo ihm in die Gräten ging. Ob diese Aktion wirklich mit einer gelben Karte bestraft werden musste? Schiri Zwayer tat es. Wobei dessen Leistung insgesamt okay war, nur dessen Bewertung von Situationen durch das Zeigen von Karten nicht: In Hälfte 1 hätten ein paar HSVler gelb sehen müssen, in Hälfte 2 die gleiche Anzahl Fortunen.
Wir alle wissen, was wir an Matthias „Zimbo“ Zimmermann haben, wissen, wie oft er dem Team schon den Arsch gerettet hat. Deshalb sind echte Fortuna-Fans bereit, ihm diese folgenschwere Eselei gestern zu verzeihen. Er hatte ja schon Gelb, und trotzdem zwirbelt er nur zweieinhalb Minuten einem Hamburger in die Beine – dieses Mal war die gelbe Karte absolut in Ordnung. Weil er aber schon verwarnt (und übrigens noch früher zweimal ermahnt) worden war, flog er vom Platz. Ob die Coaches was hätten ahnen können? Ob sie Zimbo nach der ersten gelben Karte vielleicht besser ausgewechselt hätten? Taka Uchino stand ja bereit und kam in der 80. Minute sogar. Fragen über Fragen…
Das Verrückte ist ja, dass unsere Jungs mit einem Mann weniger zunächst gar nicht so schlecht aussagen. Im Gegenteil: Der HSV wusste mit der Überzahl erst einmal nicht viel anzufangen. Und hätte Emma Iyoha in der 82. Minute maximal blöd agiert, wer weiß… und so weiter. Tatsächlich kam Emma neben einem HSV-Angreifer in den Straftraum, der Gegner spielte den Ball, und fast gleichzeitig berührte Emma ihn beim Versuch einer Grätsche. Sagen wir so: Hätte der HSVler die Pille nicht berührt, hätte wohl kein Schiri auf Strafstoß entschieden. Und die Situation war so unklar, dass Zwayer nicht auf den Punkt zeigte, sondern von den VARzen in der k***schen Gruft erst angepingt werden musste.
Beim Elfer selbst hatte Käpt’n Kaste keine Chance. Wer aber gedacht hatte, die Fortunen würden sich in ihr Schicksal fügen, sah sich getäuscht. Mit Daniel Ginczek und Jona Niemiec auf dem Platz stürmten sie mit dem starken Willen zum Ausgleich. In der 91. Minute hätte Ginczek es machen können. Sein toller Schuss strich nur wenige Zentimeter am Pfosten vorbei. Weil die Hausherren in der Nachspielzeit auf Zeit spielten, waren die Rotweißen in Blau nur noch vorne. Nützte aber nichts mehr. Schade – denn ein Unentschieden hätte sie verdient gehabt, unsere klasse Mannschaft der Saison 2023/24, die ganz sicher weiterhin an der Spitze mitmachen wird.
Nein, diese Niederlage ist definitiv kein Beinbruch. Selbst wenn am Ende des achten Spieltags auch noch Pauli, K’lautern, Hannover, Magdeburg und Kiel an uns vorbeiziehen, kann sich in den kommenden Wochen das Bild schon wieder ändern. Schließlich hat die Fortuna nun zwei Heimspiele (gegen Osnabrück und K’lautern) am Stück und muss danach zum designierten Absteiger Braunschweig, da könnten schon neun Punkte zusammenkommen.
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Danke, ähnlich hatte ich das Spiel auch gesehen. Leider selbst geschwächt, nur dadurch und den Zwayer hatte der HSV überhaupt die Möglichkeit zu gewinnen. Ärgerlich, aber kein Beinbruch. Tanaka, keine Ahnung warum der bei uns so unter seinen Möglichkeiten spielt…
Absolut komischer Bericht. Das Spiel kannst du gar nicht verlieren gegen einen schwachen HSV. Doch ….Unser Trainer nimmt der Fortuna die absolute Stärke der letzten Wochen, sodass Tzolis, Isaak überhaupt nicht an vorherige Leistungen anknüpfen konnten.
Ao Tanaka für Shinta aufzustellen Uiiiiihhh …der war der schlechteste Spieler auf dem Feld und hätte zwingend spätestens in der 60min vom Platz gemusst (für Oberdorf oder Shinta). Ich behaupte mal kühn, dass war es für Tanaka bei Fortuna und 2. Liga, der hat kein Bock mehr auf uns. Mit den Auswechselungen hat unser Trainerteam uns dann nochmal schlechter gemacht. Vermeij passt dann so überhaupt nicht rein (dem sowieso seit 2-3 Spielen nichts gelingt), er kann keinen Ball fest machen, Kopfballspiel ein Fremdwort. Als Dompe kam war klar, dass kann Zimmermann nicht lösen, weil viel zu langsam, zu weit weg (Öztunali kann gar nichts) und anstatt Uchino zu bringen, wartet man ab bis es zu spät ist. Die größte Frechheit der letzten Wochen, die Einwechselungen in der 86-88min., das ist eine Sauerei für Jona und Ginczek. Ganz schwach DT, aber er hat seine 3 Punkte geholt für seinen Herzensverein HSV. De Walter lacht sich kaputt.
kurz und knapp auf 2 Punkte gebracht:
eine bescheuerte Idee. die erfolgreiche Mannschaft der letzten Wochen auseinander zu reißen ..konnte sich Thioune nicht einfallen lasseen
der zweite Bock war, den sich vorher kräftemäßig aufgeriebrn habenden Zimmermann gegen den eingewechselt pfeilschnellen Dompe weiter „hantieren“ zu lassen, bis es zu spät ist.
und „Ergebener“: Ginczek und Niemiec kamen sozusagen in der Nachspielzeit – pahhhh 3 Stoss-Stuermer drin – ja aber dann. als es zu spät war.
Eine unveraenderte Foruna-Elf „der letzten Wochen“ mit mehr Mut zur Offensive hätten gegen diese umständliche HSV – Elf 3 Zähler mit in den Flieger Broich gebracht.
Kann dem Ergebenen nur zustimmen … Mund abwischen und weitermachen . Vlt ein wenig bei der Aufstellung verzockt .. soll Pep Guardiola auch schon passiert sein …Der Vorteil ist : die arroganten Hamburger feiern sich für ihren mehr als glücklichen Sieg in Ihrem verschwörungskreisel und denken wieder , sie hätten einen super Trainer . Das Ergebnis zum Saisonende kennen wir ja schon 😜
…. War es nicht verboten, Zimmermann „Zimbo“ zu nennen?
Ja, früher mal. Aber er hat sich diesen Spitznamen inzwischen redlich verdient.
Wichtig ist, dass wir im nächsten Heimspiel nicht wieder beim ersten Angriff einen reinkriegen, wie gegen Paderborn, Karlsuhe und Hannover. Ich ärgere mich immer sehr….