Vom Unterschied zwischen dem Düsseldorfer Turn- und Sportverein Fortuna 1895 e.V. und RB Leipzig
Verrückt genug, dass euer Ergebener immer und immer wieder den Unterschied zwischen einem e.V. und einer GmbH erklären muss…
Analyse · Nach dem Meinungsbeitrag des Ergebenen zur Causa Klopp hagelte es wieder einmal bescheuerte Kommentare zu allem, was er über RB Leipzig geschrieben hat. Wenn solche Anmerkungen von irgendwelchen Doofis kommen, die anderen Vereinen oder gar der RB Leipzig GmbH anhängen, ist das eher zum Lachen. Leider wissen aber auch viele Anhänger:innen der wunderschönen und ehrlichen Fortuna nicht, dass die Diva so ganz, ganz anderes ist als das Fußball-Franchise des österreichischen Getränke- und Medienkonzerns. Deshalb hier noch mal die Unterschiede. [Lesezeit ca. 4 min]
Was ist eigentlich ein eingetragener Verein?
Laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) ist ein eingetragener Verein ein sogenannter „Idealverein“, weil er keine wirtschaftlichen Absichten hat. Jede Person kann einen Verein gründen, wenn sie mindestens sieben Mitglieder zusammenkriegt und der Zweck des Vereins nicht gegen die guten Sitten verstößt. Der Verein gibt sich eine Satzung, in der auch der Zweck des Vereins festgelegt wird. Um als juristische Person agieren zu können, muss der Verein ins jeweilige Vereinsregister eingetragen sein. Das alles ist beim TuS Fortuna 95 vor langer Zeit passiert.
Auch wenn die F95-Satzung (PDF-Link) etliche, teils grundlegende Änderungen durchlaufen hat, ist der Vereinszweck im Wesentlichen unverändert geblieben. In § 2 (1) heißt es:
Zweck des Vereins ist die körperliche und charakterliche Ertüchtigung seiner Mitglieder durch Leibesübungen und Sport. Die Betreuung und Heranführung der Jugend an die Ziele des Vereins ist diesem ein besonderes Anliegen.
Zum Mitschreiben und Nachdenken: Der Zweck des Vereins Fortuna ist es nicht, eine erste Herrenmannschaft im deutschen Profifußball zu betreiben, sondern den Breitensport in den durch die Satzung festgelegten Abteilungen (Fußball, Handball, Laufsport- und Triathlon) zu fördern.
Jeder Verein gehört seinen Mitgliedern. Die Mitgliederversammlung ist das höchste beschlussfassende Organ. Heißt im Klartext: Wer kein Mitglied, aber Fan oder Kunde ist, hat in Bezug auf das, was der Verein macht, nix zu kamellen. Die Organe des Vereins sind neben der Mitgliederversammlung der Aufsichtsrat, der Wahlausschuss und der Ehrenrat. Der Vorstand ist ebenfalls ein Organ des Vereins, wird aber durch den Aufsichtsrat bestellt, nicht nur durch die Mitglieder. Einen „Präsi“ wie früher, der weitreichende persönliche Befugnisse hatte, gibt es nicht mehr. Die bestellten Vorstände müssen sich in der Satzung definierte Entscheidungen vom Aufsichtsrat genehmigen lassen. Aufsichtsrat und Wahlausschuss werden von den Mitgliedern gewählt; die Mitglieder des Ehrenrates vom Aufsichtsrat und Vorstand ernannt.
Kann die Fortuna die Profimannschaft in eine Kapitalgesellschaft ausgliedern?
Am Spielbetrieb der ersten und zweiten Fußballbundesliga dürfen Vereine und Kapitalgesellschaften in Vereinsform (dazu gleich mehr) teilnehmen, die gewisse Bedingungen erfüllen und die nötige Lizenz durch die DFL erhalten. Für die dritte Liga vergibt der DFB die Lizenzen.
Mit „Kapitalgesellschaft in Vereinsform“ sind die Spielbetriebsgesellschaften gemeint, deren Mannschaften am Ligabetrieb teilnehmen. Seit 1999 dürfen im DFB organisierte Vereine nämlich den Profispielbetrieb in eine solche Gesellschaft auslagern. Voraussetzung ist, dass (bis auf Ausnahmen) die 50+1-Regel eingehalten wird. Heißt: Der eingetragene Sportverein, der diesen Spielbetrieb auslagert, muss in der Kapitalgesellschaft die Stimmenmehrheit haben; die anderen Gesellschafter, Kommanditäre oder Aktionäre dürfen maximal 49 Prozent an den Anteilen halten. Deshalb bestimmt in einer Spielbetriebsgesellschaft immer noch die Mitgliederversammlung des eingetragenen Vereins.
Aufgeweicht wurde die Regel durch die Causa Leverkusen; Bayer 04 Leverkusen wurde offiziell als Werksklub anerkannt, sodass die Bayer AG alleiniger Gesellschafter der Spielbetriebs-GmbH blieb. Gleiches erlaubte der DFB später auch dem VfL Wolfsburg. Die Bedingungen sind aber so bekloppt formuliert, dass es der Kind von Hannover 96 seit Jahren versuchen kann, den Verein den Mitgliedern wegzunehmen.
Um auf die Frage zurückzukommen: Ja, auch die hübsche Fortuna könnte den Spielbetrieb in eine Kapitalgesellschaft auslagern. Der Vorteil liegt auf der Hand: Diese GmbH, GmbH & Co. KG oder AG könnte Anteile verkaufen und mit dem so eingenommenen Geld so richtig doll Superstars shoppen gehen. Weil die glorreiche Fortuna richtig Scheißerfahrungen mit solchen Geschäften (siehe auch: Wie war das eigentlich mit den Sportwelt-Millionen für die Fortuna?) gemacht hat und es einfache Vereinsmitglieder waren, die den Verein in den frühen Nullerjahren am Leben gehalten und ihm eine neue Satzung verpasst haben, haben die Mitglieder die Latte für die Auslagerung sehr hoch gelegt: Im § 2a (4) der Satzung mit dem Titel „Besondere Regeln für die Ausgliederung von Abteilungen / Beteiligung an Kapitalgesellschaften“ heißt es
Die Ausgliederung und die damit in Zusammenhang stehenden Verträge (Ausgliederungs-/Übernahmevertrag, Grundlagenvertrag) bedürfen der Zustimmung der Mitgliederversammlung. Die Zustimmung kann nur einheitlich erteilt werden. Der entsprechende Beschluss der Mitgliederversammlung bedarf einer Mehrheit von 3/4 der abgegebenen gültigen Stimmen.
Mit einfachen Worten: Nur wenn ein entsprechender Antrag in einer Mitversammlung 75 Prozent Ja-Stimmen erhielte, könnte eine Spielbetriebsgesellschaft ausgelagert werden. Und das dürfte nach menschlichem Ermessen wohl kaum je eintreten.
RB Leipzig: Verein, GmbH oder Werkself?
Und RasenBallsport Leipzig? Hier gibt es – das fordert der DFB – auch einen eingetragenen Verein, der Spielbetrieb aber wurde 2014 in die RasenBallsport Leipzig GmbH ausgelagert. 99 Prozent des Stammkapitals dieser GmbH gehört – ta-taaa! – der Red Bull GmbH. Also, nix da mit 50+1? Ist RB Leipzig vielleicht eine Werkself? Mitnichten. Die Burschen haben ihre Advokaten aus den Winkeln geholt, damit die den DFB und die DFL austricksen. Und zwar so: Theoretisch kann jede Person Mitglied werden, praktisch ist die Aufnahme begrenzt, sodass es aktuell ca. 1.100 Mitglieder gibt (zum Vergleich: Fortuna hat etwa 33.300 Mitglieder); aber nur 13 haben Stimmrecht – solche Konstruktionen lässt das deutsche Vereinsrecht zu.
Im Klartext: Nur 13 Nasen (übrigens allesamt irgendwie beruflich oder wirtschaftlich mit der Red Bull GmbH verbunden) bestimmen die Geschicke der RasenBallsport GmbH. De facto hat damit der Konzern das Sagen rund um den Profifußball (und übrigens im Gegensatz zu anderen Kapitalgesellschaften in den Bundesligen auch rund um die Frauen- und Nachwuchsteams). Von etwaigen Gewinnen aber profitiert zu 99 Prozent der geldgebende Konzern – okay, der muss die Sache aber auch finanzieren.
Und was ist mit den Sponsoren?
Einige Zeitgenossinnen sind ja der Ansicht, Red Bull wäre auch bloß ein Sponsor – so wie die Targo-Bank bei der Fortuna. Das ist falsch. Ein Sponsor eines Fußballvereins ist nämlich nicht mehr als ein Vertragspartner. Die Firma, die – so ist es meistens – die Bundesligamannschaft eines Vereins beziehungsweise einer Spielbetriebsgesellschaft sponsort, schließt einen Vertrag mit dieser Organisation ab, in dem festgelegt wird, wie viel Kohle sie für welchen Zeitraum abdrückt, um mit dem Verein, seinem Namen und seinem Logo Reklame machen zu dürfen. Ein sogenannter Trikotsponsor darf beispielsweise die Leibchen der Kicker mit seinem Namen und seinem Logo verzieren und außerdem überall damit angeben, Sponsor des Teams zu sein.
Die Red Bull GmbH ist aber zu 99 Prozent Eigentümer von RB Leipzig, profitiert also auf lange Sicht gesehen von den Gewinnen, die die RB Leipzig GmbH erzielt. Zusätzlich fungiert sie durch einen Vertrag als Sponsor. Ob und in welchem Maße Red Bull Geld an RB Leipzig zahlt, ist unbekannt.
Fazit
Der Unterschied zwischen dem Düsseldorfer Turn- und Sportverein Fortuna 1895 e.V. und RB Leipzig ist also fundamental. Fortuna ist ein eingetragener Verein mit dem Zweck, Breitensport zu fördern, der sich eine Profimannschaft leistet. RB Leipzig ist eine GmbH, die dem Red-Bull-Konzern zu 99 Prozent gehört. Der TSV F95 gehört dagegen seinen Mitgliedern, die per Mitgliederversammlung und über die gewählten Organe die Geschicke der Fußballmannschaft bestimmt.
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