Euer ErgebenerUnsere Profis

Fortuna-Punkte 16/17: Knietief im Winterloch

Die Überschrift hat sich der Chefred ausgedacht. Ich komm auf sowas nicht. Wir Engländer kennen kein Winterloch. Bei uns wird durchgespielt. Gut, das Wetter bei uns ist ja auch das ganze Jahr durch ungefähr gleich: regnerisch und kühl. Macht keinen Unterschied, ob einfach kühl, kühler und sehr kühl. Fußballer sind ja keine Synchronschwimmer. Und wenn ich höre, dass in der NFL Partien im American Football bei minus 19° Celsius absolviert werden, frage ich mich schon, was für Mürbchen Bundesligaprofis sind, dass die über Weihnachten und Neujahr in warme Länder flüchten. Der erwischte Uhrenschmuggler Rummenigge hat sogar den Nerv das Trainigslager der Bayern im Sklavenhalterland Katar mit der Begründung zu verteidigen, da wären die klimatischen Verhältnisse ideal. Die Spitze des Mürbchentums aber: Bei diesem Vodafone-Cup in unserer Arena war das Dach zu, damit sich die Kickmillionäre nicht den Pop verkühlen. Was hat das alles noch mit dem Freiluft- und Kontaktsport Fußball zu tun?

Bin so blöd und hab mir die Übertragung im TV gegeben. Als dieser Effenweg seinen ersten Quark absonderte, hätte ich beinahe auf den Couchtisch gekotzt. Wie kann ein einzelner Mensch so viel Ed Hardy labern wie dieser Intelligenzflüchtling. Wie war das: Systeme sind ein fließender Prozess. Hat er viermal gesagt – hab ne Strichliste. Und diese SAT1-Sprechpuppe war ganz sicher ein Robot, eine Art Soccer-Siri, die aus einem Vorrat von 3.214 Floskeln immer neue inhaltsleere Sätze bastelt. Über 41.000 Bekloppte sollen in der lauwarmen Arena gewesen sein; dass Gerüchten zufolge mehr als ein Drittel davon Frei-Tickets hatten, wurde nicht erwähnt. Und dass sich das Gladpack nach der hochverdienten Niederlage gegen unse Jungs verpisste, hat auch keiner berichtet. Apropos Deppen: Dieser O2-Cup hat offensichtlich FCB-Erfolgsfans aus dem Umkreis von 200 Kilometern angezogen, von denen ein paar Händevoll die Stirn hatten zu singen: Ohne Bayern wär hier gar nichts los. Was hätte auch los sein sollen, wo sich doch die meisten Fortuna-Fans diesen Quatsch nicht angetan haben.

Bescheuerte Veranstaltung im Sklavenhaltergeschäft

Die Medien- und PR-Fuzzis, die uns diese bescheuerte Veranstaltung schön reden mussten, hätten sich folgendes veröffentlicht, wenn sie keiner daran gehindert hätte: In einem hochkarätig besetzten Turnier belegte Zweitligist Fortuna Düsseldorf einen hervorragenden dritten Platz und musste sich nur im Halbfinale dem FC Bayern München geschlagen geben, der das entscheidende Elfmeterschießen mit 4:1 gewann. Im Spiel um den dritten Platz schlugen die Rot-Weißen Borussia Mönchengladbach völlig zu Recht mit 2:0. So blieben die Flingeraner als einziger Mannschaft im Turnier ohne Gegentor in der regulären Spielzeit. (Text: Chefred – ich könnt sowas nicht…) Anscheinend gehört solcher Schwachsinn in Deutschland zum Winterloch. Wir haben dafür gleich mehrere Pokalwettbewerbe. Die sind so ähnlich wie Cricket: Außer uns Engländern versteht niemand, wie es geht.

Was britischen Fußballfreunde auch erspart bleibt: Der ganze Schwampf rund um Spielertransfers, mit dem sich die eigentlich arbeitslosen Sportschreibfinken im Winterloch die Zeit vertreiben. Bei uns hieß es früher, dass Derundder vom FC Daundda zu Dortunddort United gewechselt ist. Jetzt sagt man, dass ein Spieler ver- und gekauft wurde. Die Plantagenbesitzer im Süden der USA haben vor dem Bürgerkrieg auch Onkel Tom ver- und gekauft, der ist nicht freiwillig gewechselt. Und viele Fußballfreunde finden das alles inzwischen ganz normal, weil man sie seit vielen Jahren brainwashed, so wär das Geschäft nun mal. Mit Betonung auf Geschäft. Und bei den Journalisten heißt es dann, der FC XYZ hat sich mit John Brown von UVW United verstärkt. Als ob es beim Fußball in erster Linie darum geht, ein möglichst verstärktes Team zusammenzustellen. Worum es im Fuball geht, geht anscheinend jedes Jahr im bundesdeutschen Fußballwinterloch verloren.

Rückrunden in der Glaskugel

Zum Winterloch gehört auch das Spekulieren. Aus Reportern werden Wahrsager. Gibt kaum noch Glaskugeln zu kaufen, weil jeder, der mit schreiben oder reden über Fußball eine braucht. Und wo’s nix zum Wahrsagen gibt, da wird über die Zufriedenheit oder Unzufriedenheit von Spielern rumgemeint. Das ging leider auch an der Fortuna nicht vorbei. Irgendso ein Hirni schrieb, jetzt würden „die Jungen“ unzufrieden gemacht, weil sie zu selten ran dürften. Das stand jedenfalls in der Überschrift. Im Text ging der Tippvogel dann die Namen aller F95-Kicker im Kader der Ersten durch und vermutete was über deren Gefühle. Dann lieber gar nicht berichten.

Ähnlich blöd auch die Laberei über Aufstieg Ja oder Nein. Als ob das unter den Fans der Fortuna überhaupt ein Thema wäre. Mir ist besonders daran klargeworden, dass die Lokalzeitungen gar nicht für Fans schreiben, sondern für die Leute, die ab und zu oder früher mal zur Fortuna gehen, aber gern darüber reden. Kenn ich inzwischen auch. Da quatscht dich einer in der Kneipe an, weil du einen F95-Hoodie anhast: Na, was macht denn die Fortuna? Dann brummelst du was, und der Typ fängt an, dir den ganzen Scheiss aus den Zeitungen zu erzählen, als habe er sich eigene Gedanken gemacht. Meistens endet das mit einem witzigen Seitenhieb auf die „launische Diva“ und „darum geh ich nicht mehr hin.“

Wenn mein Frust beim TV-Gucken am Samstag einen Sinn hatte, dann um die Spieler mal wieder kicken zu sehen. Das gefiel. Rundum. Besonders in Form von Emma Iyoha, Kaan Ayhan, Marlon Ritter, Robin Bormuth und Kevin Akpoguma. Falsch: Auch Julian Schauerte, Oliver Fink, Adam Bodzek und Axel Bellinghausen fand ich gut. Blödsinn: Die Mannschaft im Spiel gegen die Bayern war klasse und das Team, das BMG plattmachte auch. Jetzt kann’s aber auch langsam wieder losgehen mit Fußball: Winterlich sucks!


Entdecke mehr von Fortuna-Punkte

Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

2 Gedanken zu „Fortuna-Punkte 16/17: Knietief im Winterloch

  • Hat sich soeben erledigt. Clevere Sandinisten contra dümpelnde Fortunisten. Man, dafür bin ich 400 Kilometer gefahren!

    Antwort
    • … na hoffentlich … waren die 400 Kiliometer auch inkl. der Rückfahrt –
      Aber trotzalledem … Du wärst doch auch so ins Auto eingestiegen
      als du

      Antwort

Schreibe einen Kommentar zu DüseldorferanderElbe Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert