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Fortuna-Punkte 17/18: Videobeweis – eine gute Sache miserabel um gesetzt

Wann immer eine eigentlich gute Sache von einer großen Organisation miserable umgesetzt wird, riecht es nach Korruption. Nun sind ja hierzulande ohnehin Tausende Fußball-Fans fest davon überzeugt, dass der DFB eine korrupte Organisation ist. Und wenn man den Bericht über den Video Assist in der aktuellen Ausgabe von „Sport inside“ ansieht, wird deutlich, in welchem Maße das Thema „Videobeweis“ mit den nicht ganz transparenten Verhältnissen im Schiedsrichterwesen des DFB zusammenhängt.

Alle Fußballinteressierten bekommen seit Beginn der Erstliga-Saison 2017/18 mit, wie schlecht die Sache funktioniert; da gab es anfangs massivste technische Probleme mit der Echtzeit-Kommunikation, da wurden von den Referees auf dem Platz und den Video-Schiris die Regeln missachtet und da beklagen immer mehr Unparteiische im Kölner Video-Assist-Center die mangelhafte Bildqualität und die zu geringe Anzahl der Kameraeinstellungen. Dies alles bei einem sündhaft teuren System und einer ziemlich langen Vorbereitungszeit.

Fortuna hätte oft profitiert

Momentan muss man bei aller gesunden Abneigung gegen den Äff-Zäh aus dem Domdorf konstatieren, dass der Club, der einen Hund mit Hörner als Maskottchen hält, schon mehrfach unter den Mängeln des Videobeweises gelitten hat. Aber es ist ja auch nichts Neues, dass die Ungerechtigkeit der Schiri-Entscheidungen Saison für Saison ungleich verteilt ist. So war es ja besonders die glorreiche Fortuna, der das Portal „Die wahre Tabelle“ in den vergangenen Jahren attestiert hat, durch Fehlentscheidungen Punkte verloren zu haben – in der Saison 13/14 waren es 4, danach einmal 2 und einmal 1 Punkt.

Und wer regelmäßig die Rotweißen anfeuert, kann sich an zahllose Spiele erinnern, bei denen die angeblich Unparteiischen unsere Jungs benachteiligt und damit um Siege und Unentschieden gebracht haben. Manche der Schiedsrichter haben die Fortuna so oft und so plump verpfiffen, dass ein Stöhnen durch die Reihen geht, wenn diese mal wieder ein Spiel der Flingerer pfeifen sollen. Zu denen zählen besonders Manuel Gräfe und Deniz Aytekin. Insofern müssten Fortuna-Fans eigentlich glühende Befürworter des Videobeweises sein.

In anderen Mannschaftssportarten bewährt

Ein Blick über den Fußballtellerrand zeigt, dass sich die verschiedenen Formen des Videobeweises in anderen Sportarten durch aus bewährt haben – besonders im American Football und im Eishockey. Wobei diese Methode gerade in der NFL mit einer solchen Perfektion angewandt wird, dass ehemals kritische Stimmen seit Langem verstummt sind. Ähnliches gilt aber auch für den Videobeweis in der DEL, über den sich auch keiner mehr aufregt.

Der Ansatz ist gut und richtig: Sowohl im American Football, als auch im Soccer und schon gleich gar im Eishockey sind die Schiedsrichter nicht selten mit der Geschwindigkeit des Spiels überfordert. Das ist im Fußball noch nicht lange so. Noch vor 20 Jahren gingen beinahe alle Fehlentscheidungen auf das Konto von Unvermögen oder Bestechung. Heute aber – das zeigen auch die aktuellen Schiri-Fehler TROTZ Video Assist – ist das Spiel mit dem Rundball so schnell geworden, dass der Mann mit der Pfeife bisweilen gar nicht sehen kann, wie sich eine Situation abgespielt hat. Und weil die Kollegen an den Seitenlinien meist zu weit weg sind oder einen schlechten Blickwinkel haben, sind sie oft auch keine große Hilfe.

Mehr Referees auf dem Platz!

Anders beim Eishockey, wo mindestens zwei, meist drei und in der NHL sogar vier Unparteiische auf dem Eis Dienst tun, also bei Bedarf ganz nah am Geschehen sind. Beim American Football sind es wenigstens fünf, in der NFL sogar sieben Referees, die sich auf dem Rasen und an den Seitenlinien bewegen. Und beim Fußball? Nur der Schiedsrichter selbst agiert auf dem Platz, die Assistenten laufen an den Linien lang, der Torrichter – so vorhanden – steht neben dem Kasten, und der sogenannte „Vierte Offizielle“ hält die Trainer in Schach und regelt den Auswechslungsverkehr. Was spricht eigentlich dagegen, mehr Schiris auf dem Rasen zu haben? Zum Beispiel je einen Pfeifenmann pro Spielfeldhälfte neben dem Hauptschiedsrichter sowie je einen für den jeweiligen Sechzehner zuständigen Referee – auf Linienrichter könnte man dann verzichten. Der vierte Offizielle würde dann in etwa die Rolle des „Zeitnehmers“ beim Handball einnehmen.

Außerdem stellt sich die Frage, ob man nicht auch das System der Video-Assistenten nach NFL-Muster übernehmen sollte. Dort gibt es ein Video-Team pro Spiel, nicht wie in der Fußballbundesliga ein Team an einem zentralen Ort, das auf den funktionierenden Bilddatenverkehr in Echtzeit angewiesen ist. In der Profiliga des Amerikanischen Fußballs residiert eine Mannschaft bestehend aus bis zu sieben erfahrenen Bild-Operateuren oben unter dem Dach, das ununterbrochen bis zu neunzehn(!) Kameraperspektiven beobachtet und bei einer Challenge den Platz-Referees in Sekundenschnelle die richtigen Bilder liefern kann. Übrigens: Diese Videos und Standbilder unterscheiden sich drastisch von dem, was die TV-Teams zu liefern in der Lage sind.

Alles auf Anfang

Man kann also nur hoffen und muss fordern, dass der DFB das aktuelle System des Video-Beweises noch einmal vom Kopf auf die Füße stellt, bevor es in die unteren Ligen und in den DFB-Pokal ausgerollt wird. Es stellt sich sowieso die Frage, weshalb sich der deutsche Verband, aber auch die UEFA und die FIFA nicht an den Vorbildern aus dem American Football und dem Eishockey orientiert hat, sondern ihre Auswahl nicht an Methoden, sondern an den Angeboten von anbietenden Unternehmen ausgerichtet haben, die sich mit den Video-Assist-Systemen etliche goldene Nasen verdienen.

Wie immer, wenn richtig viel Geld im Spiel ist, liegt die Vermutung nah, dass sich eine Ethikkommission die Geschichte einmal etwas genauer anschauen sollte, um zu prüfen, ob alles mit rechten Dingen zugegangen ist.

[Foto: Marco Verch via Wikimedia unter Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung 2.0 generisch„]


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3 Gedanken zu „Fortuna-Punkte 17/18: Videobeweis – eine gute Sache miserabel um gesetzt

  • Für mich der größte Fehler ist die RICHTUNG, in welcher der Videobeweis im Fußball überwiegend läuft. Ist sich im Eishockey ein Schiri unsicher, zieht er die Bewegtbilder zurate. Die Aktion geht also vom Schiedsrichter aus. Im Fußball läuft es genau andersherum; hier flüstert ihm ein Mensch ins Ohr „bist du sicher, ich seh‘ das anders“. Hierbei wird von außen Einfluss genommen, die Aktion geht nicht vom Schiri aus, und damit wird eine Art Ober-Schiedsrichter eingeführt!
    Als Fußballschiedsrichter würde ich einfach gar nicht mehr pfeifen, mir wird schon jemand sagen, ob Foul/Hand/Elfer/etc. , kann ich auch nichts mehr falsch machen und immer diese schöne „ich-zeichne-ein-Rechteck-in-die-Luft“-Geste machen. Und hinterher sagen: ich bin nicht schuld!
    Ich mag mich auch täuschen, aber im Eishockey wird der Videobeweis nicht bei Abseits, Fouls oder anderen Sachen genutzt, sondern lediglich bei strittigen Toren. Im Fußball hat man den Eindruck, es wird beliebig bei jeder Gelegenheit eingesetzt. Das verunsichert Schiedsrichter, Spieler, Trainer, Zuschauer. Eins ist klar: in der jetzigen Form ein komplettes Desaster!

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    • Volle Zustimmung!

      Antwort

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