Regensburg vs F95 0:3 – Wenn zweimal gute 10 Minuten reichen
In einer Partie auf niedrigem Niveau besiegte die glorreiche Fortuna den Jahn aus Regensburg am Ende mit mindestens einem Tor zu viel.
Bericht · Der Begriff „Arbeitssieg“ zählt zum Vokabular der Menschen, die sich was zu Fußballspielen ausdenken müssen. Gern wird noch das Adjektiv „glanzlos“ addiert, und das höchste Lob für ein Team, das so gewonnen hat, lautet: effizient. Letzteres dürfte auf den Auftritt der Fortuna im Regensburger Jahnstadion sicher passen, dass die Burschen in Lilapink sich den Sieg erarbeitet hätten, kann man nicht sagen. Dafür wurde zu wenig gekämpft. Letztlich reichten je 10 Minuten zum Ende der ersten Halbzeit und am Schluss aus, um den erschreckend schwachen SSV deutlich zu schlagen. [Lesezeit ca. 6 min]
War schon auffällig, wie vorsichtig es die Fortunen angehen ließen. Schließlich wollten sie vor allem der Blamage aus dem Weg gehen, als Tabellenführer gegen den Tabellenletzten zu verlieren. Dass außerdem durch die kurzfristigen Ausfälle von Nico Gavory und Valle Lunddal sowie die Sperre von Käpt’n Hoffmann die Defensive völlig neu zusammengebastelt werden musste, trug auch nicht dazu bei, sich auf den Gegner zu stürzen. Trotzdem hätte es ganz schnell gehen können mit dem Torerfolg. Und zwar per Elfer. Den hatte der ordentlich leitende Schiri Benen den Gästen in der siebten Minute schon gegeben. Nach einer Notabwehr des SSV-Keepers kommen sich ein Regensburger Verteidiger und Dawid Kownacki am Fünfer in die Quere. Der Jahn-Mann versucht von hinten Dawid an der Ballannahme zu hindern – beide verhaken sich miteinander, tun sich weh und fallen hin.
Benen zeigt auf den Punkt, aber da haben die Lemuren in der k**schen Gruft was zu kamellen. Über vier quälende Minuten zieht sich die Klärung hin, auch weil der Schiri sich die Bilder zeigen lässt. Es geht um die Frage: Hat der SSVler erst den Ball gespielt bevor er Kownacki umsemmelte? So richtig deutlich machten es die Aufnahmen aus dem VAR-Keller nicht, aus einem bestimmten Blickwinkel sah es tatsächlich so aus, als sei Dawid nicht gefoult worden. Der Ergebene meint: Die revidierte Entscheidung geht in Ordnung.
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Von dieser 11. Minute aus könnte man eine halbe Stunde vorspulen und würde nichts Aufregendes verpassen. Beide Seiten produzieren allerlei Fehler, und nur der Jahn hat in der 18. Minute eine ernsthafte Torchance. Wie gesagt: Bei den Fortunen hatte das viel mit den erzwungenen Änderungen an der Aufstellung zu tun. Da neben Tim Oberdorf und Jordy de Wijs mit Joshua Quarshie ein dritter Innenverteidiger am Start war, konnte man auf die Idee kommen, Trainer Thioune hätte eine Dreierkette angeordnet. Tatsächlich aber spielte Josh als linker Außenverteidiger; Emma Iyoha schloss die Kette am rechten Ende ab. Und weil nur Zimbo Zimmermann als echter Sechser am Start war, hatten die Coaches Ísak Jóhannesson ebenfalls ins defensive Mittelfeld beordert.
Den Zehner sollte Shinta Appelkamp machen. Machen wir’s kurz: Bemerkenswertes brachte der gute Shinta bis zu seiner Auswechslung in der 65. Minute nicht zustande. Kurz bevor er für Noah Mbamba vom Feld ging, schlug er die einzige wirklich sehenswerte Flanke auf Felix Klaus, der diese nicht verwerten konnten. Sonderlich wohl schien sich auch Ísak in seiner Rolle nicht zu fühlen. Immer wieder nahm er die Position als Zehner ein und nahm Shinta damit den Raum.
Vorne bemühten sich Tim Rossmann als Links-, Felix Klaus als Rechtsaußen und Dawid Kownacki als Mittelstürmer. Weil das gesamte Aufbauspiel aber immer wieder in verlorenen Zweikämpfen oder durch Fehlpässe endete, passierte im Sechzehner des Jahn herzlich wenig. Wohlgemerkt: Wenn die Kugel zu Klaus oder Rossmann kam, dann gab es zumindest Flanken. Aber oft kam der Ball gar nicht so weit. Zumal Flo Kastenmeiers Anteil an diesem Aufbauspiel gestern fast durchgehend aus hohem Langholz bestand.
Das war alles nicht sonderlich ansehnlich. Weil es den Regensburgern nicht viel besser ging, waren echte Torchancen Mangelware. Kurz vor Pause zieht sich Ísak noch eine völlig unnötige gelbe Karte. Weil er ein Handspiel gesehen haben will, möchte er mit dem Schiri in eine Detaildiskussion einsteigen. Weil solche Debatten aber strafbewehrt dem Käpt’n vorbehalten sind, wird er zu Recht verwarnt.
Finde den Fehler: Menschen machen Fehler. Schreiber:innen sind Menschen, machen also Fehler. Und Schreiber ohne großes Team hinter sich – wie der Ergebene – machen natürlich auch Fehler. Deshalb unsere Bitte an alle: Wer einen Fehler im Text entdeckt, meldet ihn uns auf einem der bekannten Wege – z.B. per Mail an kontakt@fortuna-punkte.de oder über das Kontaktformular. Wir versprechen, falls wirklich etwas Falsches im Beitrag stand, bedanken wir uns nicht nur, sondern korrigieren es umgehend. Schönen Dank im Voraus!
Dafür profilierte sich der Isländer als Eckballkönig. Dass die Dinger eingeübt sind, war nicht zu übersehen. Also wusste Tim Oberdorf in der 44. Minute genau, wo er in die Luft steigen und die Rübe hinhalten musste. Dass er zum Kopfball kam, war schon schön, dass er die Pille aber auch noch maßgenau ins rechte Eck köpfte, brachte den eher unverdienten Führungstreffer.
Wegen der blöden VAR-Geschichte gibt’s sechs Minuten Nachspielzeit. Und plötzlich haben die Fortunen das Heft in der Hand. Plötzlich bringen sie gezieltes Offensivspiel auf den Rasen. Endlich kommen sie zu guten Chancen. Die Regensburger aber auch. Der altehrwürdige Begriff aus dem Spochtrepochter-Kästchen für eine solche Halbzeit heißt „zerfahren“ und beschreibt ein stark fehlerbehaftetes Spiel beider Mannschaften.
Wirklich besser wurde die Chose nach dem Wiederanpfiff nicht. Während die Gäste sich aus unerfindlichen Gründen zurückzogen, arbeiteten sich die Hausherren mit ihren beschränkten Möglichkeiten am möglichen Ausgleich ab. Jedenfalls war der Jahn bis zur 65. Minute aktiver und dichter an einem Treffer als der Spitzenreiter. Zweimal musste Flo Kastenmeier retten – seine Parade in der 61. Minute, bei der er die Pille über die Latte lenkte, sah schon spektakulär aus. In der 67. Minute hält er erst im Nachfassen; das hätte ins Auge gehen können.
Mit Jona Niemiec für Klaus und Noah Mbamba für Appelkamp kam dann mehr Dynamik ins fortunistische Gekicke. Einmal hält Ísak drauf, das Ei touchiert aber bloß die Latte. Die Einwechslung von Myron van Brederode für Quarshie in der 76. führte schließlich zu Änderungen der taktischen Grundordnung, denn natürlich gab Myron nicht den linken Außenverteidiger, sondern wirbelte in Abstimmung mit Tim Rossmann auf dem linken Flügel. Dieser wird von einem Regensburger mitten in einem Konter festgehalten, und während der Tim einen feinen Steckpass auf Ísak fabriziert, pfeift der Schiri den Vorteil ab. Der SSV-Mann sieht nur Gelb.
Nur fünf Minute nach seinem Dienstantritt ist es Myron, der die halbe Jahn-Abwehr aushebelt und dann auf Dawid Kownacki am rechten Eck des Fünfers flankt. Dawid nimmt den Ball perfekt mit der Brust an und versenkt das Ding – ein wunderschönes Tor. Kurze Zeit später leistet sich der SSV-Spieler, der schon Gelb hat, eine Eselei an van Brederode und darf mit Gelbrot duschen gehen. Damit war die Partie entschieden. Aber es kam noch schlimmer für den SSV Jahn. Jona Niemiec hat den Ball am Fuß und ist am Gegenspieler schon fast vorbei. Im Inneren des Sechzehners greift der Regensburger zu und bringt Jona zu Fall. Klare Sache: Notbremse. Also Rot für den Verteidiger plus Strafstoß. Euer Ergebener ist immer noch Ansicht, dass die Doppelbestrafung in solchen Fällen abgeschafft gehört. Wäre doch einfach zu regeln: Notbremse außerhalb des Sechzehners gibt Rot, innerhalb Elfer.
Jedenfalls tritt der gerade eingewechselte Vince Vermeij an und haut das Ding wuchtig und humorlos ins Gehäuse. Damit trägt sich der Langzeitverletzte zum ersten Mal in dieser Saison in die fortunistische Torschützenliste ein. Der Jahn steht mit zwei Mann weniger auf der Wiese und schleppt sich durch die letzten sechs Minuten. Dem Ergebenen taten die Donauanrainer ernsthaft ein bisschen leid – aber, wenn es dicke kommt, dann kommt es oft knüppeldicke.
Das 3:0 fällt auf jeden Fall um ein Tor zu hoch aus, denn über zusammenaddierte 70 Minuten war ein Leistungsunterschied kaum zu erkennen. Sehenswert trumpften unsere Jungs tatsächlich erst nach den Einwechslungen von Niemiec, Mbamba und van Brederode auf. Womit wir beim Sorgenkind des Tages sind: Shinta Appelkamp, der über weite Strecken nicht stattfand und auf dessen Zettel der Ergebene nur zwei Striche bei den guten Aktionen hat. Nun spielt Shinta mal seine Lieblingsrolle als Zehner und dann das…
Positiv überrascht hat Joshua Quarshie mit seiner sauberen Leistung auf der ungewohnten Position als Außenverteidiger. Dass er nicht arg viel zur Offensive beitrug, dürfte mit dieser neuen Rolle zu tun haben. An prächtigen Innenverteidigern haben wir ja gerade keinen Mangel, denn Jamil Siebert scharrt schon mit den Hufen – immerhin saß er am Samstag erstmals wieder auf der Bank. Auch wenn Vince Vermeij erst in der 85. Minute kam, beförderte er doch die Fantasie des Ergebenen in Richtung Doppelspitze; dass sich Dawid und Vince prima ergänzen könnten, scheint ihm nicht weit hergeholt zu sein.
Ja, die zauberhafte Diva steht weiter an der Tabellenspitze; im Sportjournalistenjargon heißt das „grüßt von der Spitze“ – auch so eine blöde Formulierung wie dieser ewige geschnürte Doppelpack. Alle fünf Auswärtsspiele der Saison hat F95 also gewonnen. Am kommenden Samstag kommt K’lautern zum Flutlichtspiel. Nach dem Sieg der Pfälzer gegen Paderborn sollten die Coaches und Kicker auch diese Begegnung nicht auf die leichte Schulter nehmen. Wie überhaupt niemand, der es mit der Fortuna hält, irgendein Spiel auf die leichte Schulter nehmen sollte. Denn die Erfahrung lehrt, dass in einer Liga mit einer derartigen Leistungsdichte (fast) jeder (fast) jeden schlagen kann, was die Tabelle in kurzer Zeit radikal verändern kann.
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wie immer lesenswerte und feine Analyse des Ergebenen, aber in einem Punkt sehe ich es anders: über die Dauer des gesamten Spiels hat Schiri Benen in zweifelhaften Szenen immer zum Nachteil der glorreichen Fortuna entschieden, früher haben wir das als „Heimschiri“ bezeichnet. Aber egal, am Ende musst Du auch gegen einen Heimschiri gewinnen.