F95 vs Münster 1:0 – Über Emotionen zum Kampf
Gegen den in allen statistischen Werten überlegenen Abstiegskandidaten aus Münster holten die Fortunen am Ende mit viel Kampfgeist den Sieg.
Bericht · Im 41er, wo der Ergebene im Kreise seiner Freunde die Heimspiele verfolgt, ist es eine alte Erkenntnis: Fortuna braucht Aufreger, um Emotionen zu entwickeln, die dann wiederum den Kampfgeist beflügeln. Dieser Effekt wird in der Regel durch fragwürdige Schiedsrichterentscheidungen, grobe Fouls des Gegners oder Provokationen der Fans durch Marlon Ritter ausgelöst. Gestern war es das konfuse Gepfeife des Unparteiischen Florian Lechner nach der berechtigten roten Karte, mit der er den gute Myron van Brederode des Feldes verwies. Bis dahin hatte Lechner (wie schon 2023 beim Spiel gegen Hannover) keine gröberen Fehler gemacht, aber gerade bei Zweikämpfen keine Linie gefunden. Außerdem übersah er, dass Kownackis Einstieg in der 17. Minute an der Außenlinie mindestens mit Gelb hätte geahndet werden müssen. Nach der Herausstellung in der 70. Minute aber verlor Lechner zunehmend die Kontrolle über sich und pfiff wahllos, gern aber gegen die Fortuna. Das erregte die Zuschauenden, nicht nur auf der Süd, so sehr, dass sie die Lautstärke der Anfeuerung deutlich an die 10 heranbrachten. Was offensichtlich mentale Auswirkungen auf die kickende Truppe hatte. [Lesezeit ca. 7 min]

Bis zur 66. Minute plätscherte die Partie so ein bisschen, weil die Münsteraner zwar die Oberhand hatten, aber erschreckend schwach in Sachen Abschluss agierten. Die Rotweißen, gestern im schwarzen Little-Tokyo-Sondertrikot, aber kaprizierten sich beinahe nur noch auf Konter – das aber nicht schlecht. Auch die spielentscheidende Situation entstand um einen solchen Umschaltmoment herum. Nach einer Balleroberung landet die Pille bei van Brederode, der durch zwei Gegner hindurch dribbeln will und an einem hängenbleibt. Offensichtlich frustriert geht er mit offener Sohle auf den entgegenkommenden Preußen – in diesem Fall Ex-Fortune Hendrix – zu und erwischt ihn oberhalb des Knöchels am Schienenbein. Schiri Lechner zeigt Gelb. Die Grottenolme aus dem Domdorf rühren sich. Lechner guckt sich die Sache am VAR-Fernseher an und ändert seine Entscheidung: Myron sieht glatt Rot.
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Die arme Fortuna wird also ihre Führung 20+ Minuten in Unterzahl verteidigen müssen. Das weckt das Volk auf den Steh- und Sitzplätzen schon mal auf. Die folgenden kleinen und mittleren Lechner-Fehler heizen die Stimmung immer mehr an. Nach einem gewonnenen Zweikampf baut sich Käpt’n Hoffmann vor der Gegentribüne auf und fordert das Publikum zu mehr Support auf – ja, wirklich: Andre Hoffmann. Als auch Trainer Thioune dies auf seiner Seite tut, ist klar: Jetzt fangen auch die kühlsten Herzen der Truppe an zu brennen.

Und nachdem der Lechner bei teilweise harten Fouls der Preußen keine Karte zückt und bei strittigen Zweikämpfen konsequent gegen die Fortuna pfeift, hallen Schieber-Rufe durchs eckige Rund. Erst in der 90. Minute sieht dann ein Münsteraner Gelb – nicht wegen eines Fouls, sondern wegen Meckerns. Und zwar nach einem Zusammenprall eines Kollegen mit Jóhannesson, den der Schiri als Foul gegen unseren Isländer wertet. Kontrolle über die Partie hat Lechner nun nicht mehr. Aber das ändert nichts. Die bisweilen glorreiche Fortuna bringt das 1:0 über die Strecke.

Die einzige Bude der Partie war aber auch eine besonders schöne. Auf der rechten Schiene passt Vally Lunddal prima auf Shinta Appelkamp, der eine weite Flanke auf den langen Pfosten zieht. Dort steigt Dawid Kownacki hoch und köpft den Ball perfekt in die Maschen. Zu diesem Zeitpunkt ist das die verdiente Führung, denn die Fortunen zeigen gleich eine ganze Serie hübscher Angriffszüge, oft eingeleitet von Lunddal. Aber auch die linke Schiene mit Nico Gavory und Myron van Brederode funktioniert gut, zumal Myron am Ball mit den Gegnern macht, was er will. Leider dribbelt er zu häufig in die Box, wo er sich festläuft oder seine mehr oder weniger halbherzigen Schüsse geblockt oder gehalten werden.

Offensiv sah es bis zum 1:0 auch immer ordentlich aus, wobei zu wenig aus dem Mittelfeld kam. Ísak Jóhannesson erlaubte sich (erneut, wie schon in K’lautern) viel mehr Fehlpässe als gewohnt, und Shinta Appelkamp blieb wenig mehr zu tun, als die Flügel einzusetzen. Die Dreierkette mit Jamil Siebert, Käpt’n Hoffmann und Mo Heyer stand ziemlich sicher. Ja, auch wenn die Auguren die taktische Grundordnung der Fortunen als 4-2-3-1 sahen, stand auf dem Platz dann doch eine Art asymmetrisches 3-4-3 ohne rechten Außenstürmer und mit Danny Schmidt als hängender Spitze. Der kam übrigens dieses Mal mit dieser Position überhaupt nicht klar und konnte sich ganz oft nicht entscheiden, ob er neben Kownacki in den gegnerischen Sechzehner gehen oder sich nach halbrechts fallenlassen sollte.
Auch Jóhannesson schien über weite Strecke nicht glücklich mit seiner Aufgabe als defensiver Sechser, sollte sich wohl im Fall des Falls zurückfallen lassen, um die Dreier- zur Viererkette zu ergänzen. Dafür spielte Vally Lunddal – in der ersten Halbzeit neben van Brederode einer der beiden aktivsten Akteure – eher einen Außenstürmer als einen Verteidiger, also einen Schienenmann ohne Schienenkompagnon; es sei denn, man sah Shinta Appelkamp als Stürmer auf Rechtsaußen. Zumindest beim 1:0 war das tatsächlich auch so; sonst arbeitete Shinta eher zentral auf einer Höhe mit Schmidt hinter Kownacki.

Dass mit Lunddal ausgerechnet einer der besten Männer in Schwarzrot in der 58. Minute für Emma Iyoha gehen musste, irritierte die Experten im Block 41 dann doch sehr. Auch der Ergebene hatte damit gerechnet, dass – wie in der Pressekonferenz angekündigt – Emma für Nico Gavory eingewechselt werden sollte. Im Nachhinein zeigte sich, a) dass Nico die 90 Minuten prima durchhielt und b) dass Emma auf der rechten Schiene für noch mehr Action sorgte als Lunddal. Alles richtig gemacht in diesem Punkt, liebe Coaches.
Der geplante Austausch von Shinta Appelkamp gegen Gio Haag in der 76. Minute erwies sich ebenfalls als positive Entscheidung, weil es a) Ísak Jóhannesson ermöglichte, weiter vorne zu spielen und b) mehr Sicherheit auf der Sechserposition brachte. Man freut sich ja als Fortune jedes Mal, wenn verletzte oder gesperrte Kicker wieder zurückkommen. Hoffen wir mal, dass nächste Woche in Paderborn wieder ein paar Kollegen mehr im Kader stehen werden, wenn Myron van Brederode wegen seiner roten Karte fehlen wird. Klug auch, den nie so richtig integrierten Danny Schmidt in der 85. Minute durch Jona Niemiec zu ersetzen – man konnte da ja auf ein Jokertor hoffen. Stattdessen musste Jona vorwiegend defensiv arbeiten und löste diese Aufgabe für seine Verhältnisse ziemlich gut.

Mehr Wechsel gab es nicht; vielleicht, weil auf der Bank dann nur noch aus der U23 – zum ersten Mal Hamza Anhari, der dort oft im offensiven Mittelfeld brilliert – stammende Burschen saßen: Ja Boller, Leonard Brodersen und der Ex-Preuße Deniz Bindemann. Die mussten also nicht ran. Ohne diese vier Jungs kam Jens Langenekes Zwote beim Abstiegskontrahenten Hohkeppel (Wo auch immer das sein mag…) über ein 0:0 nicht hinaus. Die lange Verletztenliste der Ersten hat eben vor allem für die Zwote ihren Preis.
Finde den Fehler: Menschen machen Fehler. Schreiber:innen sind Menschen, machen also Fehler. Und Schreiber ohne großes Team hinter sich – wie der Ergebene – machen natürlich auch Fehler. Deshalb unsere Bitte an alle: Wer einen Fehler im Text entdeckt, meldet ihn uns auf einem der bekannten Wege – z.B. per Mail an kontakt@fortuna-punkte.de oder über das Kontaktformular. Wir versprechen, falls wirklich etwas Falsches im Beitrag stand, bedanken wir uns nicht nur, sondern korrigieren es umgehend. Schönen Dank im Voraus!
Die erste Hälfte hinterließ euren Ergebenen ein bisschen ratlos. So richtig zu meckern gab’s nichts. Die Führung ging in Ordnung. Die statistischen Werte – angefangen bei den ominösen xGoals bis zur Zweikampfquote – sprachen samt und sonders, wenn auch knapp, für Preußen Münster. Und oft sah es aus, als würden zwei Teams aus dem gesicherten Mittelfeld der zweiten Liga auf Augenhöhe miteinander fighten. Am Ende sprach die Statistik eindeutig für die Adlerträger; wenn eine Truppe aber aus 24(!!!) Torschüssen keine Bude macht, dann hat sie auch keine Punkte verdient. Nebenbei: 7 dieser Torschüsse entschärfte natürlich Florian Kastenmeier, der seinen Strafraum beherrschte wie selten zuvor, dafür aber bei seinen weiten Abschlägen weniger wirkungsvoll arbeitete.

Lediglich bei den Zweikämpfen hatten die Little-Tokyo-Träger die Näschen einen Hauch vorn, auch wenn das dem gesehenen Kick nicht wirklich ablesbar war. Außerdem ging der Titel „Könige der Lüfte“ eindeutig nach Düsseldorf. Nicht nur wegen der Kopfballhütte von Dawid Kownacki, sonder auch, weil Jamil Siebert in der eigenen Box alles weghaute, was hoch reinkam.
Vor dem Spiel bangten die Fortuna-Verantwortlichen vor allem, dass es bei nominell voller Hütte eine nennenswerte No-Show-Rate geben könnte, die das Fortuna-für-alle-Freispielkonzept hätte ins Wanken bringen können. Da muss der Vorstandsvorsitzende aber erleichtert gewesen sein, als er bei Anpfiff sah, dass sich rundum die Lücken auf den kostenlosen Sitzplätzen weitestgehend geschlossen hatten. Der Preußen-Block war ohnehin randvoll, obwohl die SCP-Funktionäre frech genug waren, ihren Fans je 5 Euro pro Freikarte abzuzocken. Da sollten sich die F95-Leute mal eine Gegenaktion ausdenken. Und wer eher Fortuna zugeneigt und erstmals in der Arena war, den dürfte die Gänsehautstümmung der letzten zwanzig Minuten möglicherweise davon überzeugt haben, sich auch mal ein Ticket zu kaufen. Und die vielen Tausend, die zum Schluss anfeuernd vor ihren Sitzen standen, werden nicht allesamt Dauerkarteninhaber gewesen sein.

Und das Gesamturteil? Der Ergebene meint, die F95-Jungs haben gestern ihren Möglichkeiten entsprechend gespielt, also nicht wie ein Absteiger oder wie eine Truppe aus dem gesicherten Mittelfeld, aber auch nicht wie eine Spitzenmannschaft. Der aktuelle 5. (oder 6. Platz, wenn Magdeburg heute gewinnt) scheint ihm die am ehesten angemessene Tabellenposition für diesen Kader mit diesem Cheftrainer zu sein. Und sollte es am Ende für den vierten Platz reichen, dürfen wir Fans eigentlich zufrieden sein.

Natürlich spielt die Begegnung mit den Paddelbirnen in deren Möbelhalle am kommenden Sonntag eine wichtige Rolle, weil F95 die Paderborner in der Tabelle überholen könnte, aber auch, weil es immer gut ist, dem SCP-Coach Kwasniok zu zeigen, wo seine Grenzen liegen. Verrückterweise wäre mit einem Sieg bei Küheschweinepaderborn sogar der dritte Platz drin, wenn es Magdeburg und K’lautern verkacken. Was dann in Düsseldorf los wäre, möchte sich der Ergebene nicht vorstellen; es wäre vermutlich ein Paradebeispiel für das typische Himmelhoch-jauchzend-zu-Tode-betrübt, das für unsere schönste Stadt am Rhein so typisch ist.
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