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F95 vs Hannover 1:1 – Ergebnis geht in Ordnung

In einem Spitzenspiel auf Augenhöhe bringt eine gute zweite Halbzeit doch noch das Unentschieden gegen Hannover 96.

Bericht · Noch vor dem Tor der Hannoveraner sagte einer im Block „Das ist nicht mehr meine Fortuna.“ Und das mit einem Grinsen im Gesicht angesichts des flotten Kombinationsspiels der rotweiß Gestreiften in den ersten Minuten. Tatsächlich sah das alles bis zur 7. Spielminute sehr schön aus, und erste Torchancen gab es auch schon. Und dann… Warum hören die Coaches nicht endlich mal auf den Ergebenen, der in seinem Vorbericht deutlich vor Teuchert und Nielsen gewarnt hatte. Ersterer schoss schließlich das Tor zum frühen Rückstand der Gastgeber. [Lesezeit ca. 7 min]

F95 vs Hannover: Auflauf (Foto: FP)
F95 vs Hannover: Auflauf (Foto: FP)

Manchmal fragt sich euer schrecklich ergebener Berichterstatter, warum die Manndeckung so aus der Mode gekommen ist. Warum Trainer heutzutage nicht mehr Maßnahmen ergreifen, um den einen oder anderen Gegenspieler aus dem Spiel zu nehmen durch hautnahes Abschotten. Die 96er taten dies allerdings mit Chris Tzolis, dem einer der Gastkicker fast durchgehend auf den Schlappen stand und ihn so über lange Strecken neutralisierte. Hätten die Fortunen mit diesem Teuchert auch machen können. Wobei dessen Bude natürlich durch eine vorgelagerte Fehlerkette zustande kam. Leider war der ansonsten souveräne Yannik Engelhardt der Ausgangspunkt. Aber Jamil Siebert, der für den späteren Torschützen zuständig war, war einfach zu weit weg, um noch klärend eingreifen zu können. Und Käpt’n Kastenmeier hatte keine Chance das Ding zu halten.

Na, schon gespannt auf den Spielbericht? Nach einer kurzen Werbeunterbrechung geht’s weiter. Denn die Fortuna-Punkte verstecken sich nicht hinter einer Paywall. Alles, was du hier findest, ist gratis, also frei wie Freibier. Wenn dir aber gefällt, was du liest, dann kannst du uns finanziell unterstützen – zum Beispiel mit dem Kauf von Lesepunkten. Wir würden uns sehr freuen.

Und so lagen die Rotweißen, genau wie beim KSC-Spiel, wieder früh hinten. Weshalb die Truppe danach aber so sehr aus dem Leim ging, bleibt unerklärlich. Die Zahl der Ballverluste ging in die Höhe, und auch die Passquote war nicht mehr so klasse wie anfangs. Im üblichen Spochtrepochterslang heißt es in solchen Situationen, die Mannschaft sei „verunsichert“. Passt dieses Mal genau. Dabei änderten die Leute aus Hanoi ihren Ansatz kein bisschen. Sie blieben beim 3-4-1-2, das in der Praxis ohnehin eher nach Fünferkette aussah und setzten ganz und gar auf Konter.

F95 vs Hannover: Vorher (Foto: FP)
F95 vs Hannover: Vorher (Foto: FP)

Der Spielplan von Trainer Thioune unterschied sich nicht wirklich von dem der letzten Partien. Einerseits sollten die Schienen auf beiden Flügeln wieder Flanken in den gegnerischen Sechzehner bringen, andererseits war es die Aufgabe des magischen Mittelfelddreiecks, die Bälle entsprechend zu verteilen und auch mal was durch die Mitte zu probieren. Die war nominell mit Vince Vermeij besetzt, der glücklicherweise nach seiner Knieprellung rasch wieder fit geworden war. Leider war es ausgerechnet Vince, der mit diesem Matchplan wenig anzufangen wusste. Anspielbar war er selten, und wenn er sich am Getümmel beteiligte, blieb er erfolglos. Peter, der Nachbar aus dem Block 42, meinte folgerichtig: „Der Vermeij muss spätestens in der Halbzeit raus!“

F95 vs Hannover: Ganz oben (Foto: Sandra Drljaca)
F95 vs Hannover: Ganz oben (Foto: Sandra Drljaca)

Das Problem scheint weniger mit der individuellen Befindlichkeit der jeweiligen Spitze (also Vermeij oder Ginczek) zu tun zu haben, sondern eher systemischer Natur zu sein. Der Ergebene meint (ähnlich wie der geschätzte Kollege Bernd Jolitz von der RP), dass in der sich jetzt eingerüttelten Konstellation ein klassischer Mittelstürmer gar nicht nötig ist. Die Tore machen eh andere, und der gegnerische Strafraum kann (und wird) auch einfach mit Jungs aus dem Mittelfeld oder vor allem von den Außenstürmern Felix Klaus und Chris Tzolis besetzt.

Bei Standards aber natürlich auch durch die langen Jungs aus der Viererkette. Wie das funktionieren kann, zeigte sich bei der größten F95-Chance in der 23. Minute. Ìsak Jóhannesson hebt einen Freistoß von links mitten in den Sechzehner auf den Kopf von Jordy de Wijs, der sehr gut köpft, aber den Kasten knapp verfehlt. Dazu bemerkte ein Co-Fan im Block: „Standards können sie inzwischen richtig gut.“ Wohl wahr. Mehr aber ging nicht in Hälfte 1, zumal die Gäste auch alle legalen und halblegalen Mittel der Spielverzögerung zogen.

F95 vs Hannover: Jordy beim Spielaufbau (Foto: Sandra Drljaca)
F95 vs Hannover: Jordy beim Spielaufbau (Foto: Sandra Drljaca)

Schiri Lechner, der ohnehin mehr als einmal knapp neben der Spur entschied und besonders beim Verfolgen von Spielzügen leicht überfordert wirkte, bestrafte dies mit gelben Karten. Dabei hatten die interessierten Zuschauenden auf der Süd eher das Gefühl, dass auch die Fortunen gern ohne weitere Aktionen in die Kabinen zum isotonischen Pausengetränk gewandert wären. Denn wirklich funktionieren tat bei ihnen in dieser Phase nichts. Die Führung der 96er ging deshalb voll in Ordnung.

F95 vs Hannover: Block 40 (Foto: FP)
F95 vs Hannover: Block 40 (Foto: FP)

Ob und was geändert werden könnte, wurde im Block natürlich diskutiert, wobei ein Experte zu bedenken gab, dass Thioune (wie übrigens die meisten seiner Vorgänger auf dem Fortuna-Trainerstuhl) in der Pause niemals und selten vor der 65. Minute wechselt, es sei denn, es gälte einen Verletzten zu ersetzen. Am häufigsten wurde vorgeschlagen, Vermeij durch Jona Niemiec oder aber durch Ao Tanaka zu ersetzen. Tatsächlich aber kam es erst in der 77. Minute zu zwei positionsgetreue Wechseln (Tanaka für Appelkamp und Jastrzembski für Klaus) und dann noch in der 88. Minute Ginczek für Vermeij und Niemiec für Jóhannesson – letzteres verstehe, wer will…

Finde den Fehler: Menschen machen Fehler. Schreiber:innen sind Menschen, machen also Fehler. Und Schreiber ohne großes Team hinter sich – wie der Ergebene – machen natürlich auch Fehler. Deshalb unsere Bitte an alle: Wer einen Fehler im Text entdeckt, meldet ihn uns auf einem der bekannten Wege – z.B. per Mail an kontakt@fortuna-punkte.de oder über das Kontaktformular. Wir versprechen, falls wirklich etwas Falsches im Beitrag stand, bedanken wir uns nicht nur, sondern korrigieren es umgehend. Schönen Dank im Voraus!

Da war der Ausgleich aber auch schon gefallen. Und zwar in der 59. Minute durch einen an Tzolis verschuldeten und von ihm getretenen Foulelfmeter. Die eigentliche Situation fand übrigens in der 55. Minute statt. Da hatte (wieder!) Jóhannesson die Pille fein nach links in den Sechzehner auf Tzolis gelegt, der zu einem kleinen Dribbling ansetzt, Feindberührung erlebt und fällt. Euer Ergebener als Bewohner vom Block 41 hält sich deutlich mehr 100 Meter vom Tatort entfernt auf, hatte aber sofort das Gefühl, Chris sei gefoult worden. Schiri Lechner aber reagierte gar nicht. Das Spiel läuft weiter. Dann stoppt er Referee, und allen ist klar: Die Grottenolme haben angerufen – dies gut zweieinhalb Minuten nach der Tat.

F95 vs Hannover: Kaste hält (Foto: Sandra Drljaca)
F95 vs Hannover: Kaste hält (Foto: Sandra Drljaca)

Ist doch kein Wunder, dass die Fans beider Parteien unisono den Schlager anstimmten „Ihr macht unser’n Sport kaputt“, gefolgt vom saftigen „Scheiß-DFB!“. Nein, liebe fanferne Spochtschreiber, die das für typische Schmähungen von Ultrahools halten, nicht der Videobeweis an sich ist das, was dem Fußball schadet, sondern die Art und Weise wie er in den oberen beiden Bundesligen praktiziert wird. Insbesondere die absurden Verzögerungen zwischen einem Vorfall und der Entscheidung sind völlig inakzeptabel, die mangelnde Transparenz sowieso.

Lange nach dem Spiel stellt sich übrigens heraus, dass (ohne dass es während des Spiels benannt wurde) auch eine mögliche Abseitsstellung von Chris Tzolis gecheckt wurde. Absurdes Theater! Eingeschaltet haben sich VARzen in der Annahme, Schiri Lechner habe eine grobe Fehlentscheidung getroffen. Die TV-Bilder zeigen, dass dieser formlose Unparteiische sich während der Situation viel zu weit weg aufhielt und auch noch einen blöden Blickwinkel hatte. Das Schlimme an den fast fünf Minuten war also, dass Lechner nicht gleich Elfer gepfiffen hat. Vermutlich hätte die K***er Gruft da nicht einmal eingegriffen.

F95 vs Hannover: Engelhardt setzt an (Foto: FP)
F95 vs Hannover: Engelhardt setzt an (Foto: FP)

Wie auch immer: Nach Rücksprache mit ein paar Kollegen, die ihm ihr Vertrauen aussprachen, setzte Chris selbstpersönlich die Pille auf den Punkt und vollstreckte mit tödlicher Sicherheit. Ausgleich. Und Rückblende zum Spielbeginn, denn nun waren unsere Jungs wieder voll da und zelebrierten ihren hochmodernen Kombinationsfußball – dieses Mal Chancenkreation inklusive. Am Ende stand es 18:6 bei den Torschüssen, und überhaupt waren die Fortunen den Hannoveranern in allen statistischen Werten überlegen. Bemerkenswert eine Passquote von 87 Prozent, die zwischenzeitlich sogar bei 91(!) lag … Nein, das ist nicht mehr meine Fortuna .

Auch die Zweikampfquote schwenkte aus dem negativen Bereich zur Halbzeit auf 53 Prozent zugunsten der Rotweißen. Mehr Strecke machten sie auch, und natürlich holten sie auch mehr Ecken heraus.

F95 vs Hannover: Block 34 (Foto: Sandra Drljaca)
F95 vs Hannover: Block 34 (Foto: Sandra Drljaca)

Besonders erfreulich, dass aus dem „Hoffi auf Kaste auf Jordy auf Hoffi usw.“ nun sinnvolle Spielberuhigung durch Einschalten von Flo Kastenmeier und beeindruckende Spieleröffnungen durch ihn entstanden sind. Die Ballbehandlung unseres unumstrittenen Tormanns Nr. 1 ist atemberaubend und eines normalen Feldspielers mehr als würdig. Von den drastisch verbesserten Standards war schon die Rede und vom hübschen Kombinationsspiel auch. Ebenfalls bemerkenswert, wie oft nun weite Diagonalpässe geschlagen werden und wie viele davon nicht nur ankommen, sondern auch verwertet werden. Und all dies Positive liegt natürlich nicht nur an der Qualität der alten und neuen Spieler, sondern ist Ergebnis einer klasse Trainingsarbeit – an dieser Stelle mal Sonderlob an Manfred Stefes und Jan Hoepner.

F95 vs Hannover: Angriff (Foto: FP)
F95 vs Hannover: Angriff (Foto: FP)

Spieler des Spiels (oder „Man of the Match“ wie es neumodisch heißt…) war für den Ergebenen Emma Iyoha, der die ihm zugedachte Position als linker Außenverteidiger auf modernste Art interpretiert, sich defensiv in jeden Zweikampf wirft und im Verbund mit Chris Tzolis eine extrem gefährliche Schiene bildet. 88 Prozent Passquote und sechs von zehn gewonnene Zweikämpfe sprechen eine deutliche Sprache. Allerdings könnten diese beiden Linken vielleicht noch öfter rochieren, denn auch Emma kann im Sechzehner ziemlich gefährlich werden.

Natürlich war auch Ìsak Johannesson wieder Kandidat auf den Tagestitel, allerdings verlor er mehr Zweikämpfe als er gewann, und insgesamt spielte er nicht so kreativ wie in den beiden Partien zuvor. Shinta Appelkamp hatte in der ersten Halbzeit einen schlimmen Durchhänger, wurde aber nach der Pause viel besser, wobei er auffällig oft ausrutschte (Zeugwart! Bitte mal das Schuhwerk kontrollieren.). Yannik Engelhardt machte genau zwei Fehler, von denen einer zum Gegentreffer führte. Die rechte Schiene mit Zimbo Zimmermann und Felix Klaus blieb eher blass. Von Vince Vermeij und Flo Kastenmeier war schon die Rede, bleiben noch die beiden Innenverteidiger, nämlich Jordy de Wijs und Jamil Siebert, die den Laden besonders in der zweiten Halbzeit sicher zusammenhielten.

F95 vs Hannover: Nachher (Foto: FP)
F95 vs Hannover: Nachher (Foto: FP)

Dennis Jastrzembski auf der rechten Seite sah komisch aus und hat aus Sicht des Ergebenen keine Zukunft. Ao Tanaka wusste auch nicht so recht, was seine Aufgabe war, und Daniel Ginczek spielte das, was ein Daniel Ginczek eben so spielt. An den Rand des Frustes trieb Trainer Thioune unseren Jona Niemiec. Der wurde insgesamt dreimal vom Warmmachen an die Bank gerufen und zweimal wieder weggeschickt – keine gute Aktion der Coaches. Die müssen aufpassen, dass sie den guten Jona nicht sauerfahren.

Weil insbesondere der HSV zu doof ist, bleibt die glorreiche Fortuna für eine weitere Woche Spitzenreiter. Allerdings sind alle Clubs bis einschließlich Platz 7 so dicht dran, dass sie uns bei einer Niederlage überholen können. Das wäre aus vielen Gründen besonders schade, wenn die Jungs nächsten Freitag in Hamburg beim HSV verlieren würden. Normalerweise würde man sagen: Schon ein Unentschieden im Volkspark wäre ein Erfolg. Aber angesichts der galoppierenden Blödheit der Rothosen mit zwei Niederlagen gegen die zwei Aufsteiger und die anwachsende Kritik am unsympathischen Trainer Walter sowie der zugehörigen Unruhe im und um den Verein herum fahren die Fortunen mit guten Aussichten in den Norden.

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3 Gedanken zu „F95 vs Hannover 1:1 – Ergebnis geht in Ordnung

  • Gut, dass es den Videobeweis gibt. Ohne den Keller wär 96 jetzt Spitzenreiter. Auch wenn es spät kam, ich habe gerne auf die Entscheidung gewartet.

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  • Schade ! Ich bin schon jetzt eine Weile echter Fan der Kolumnen des Ergebenen und teile recht oft seine Meinung und freue mich über die Vor und Nachberichte , danke dafür. Was auch immer aber der Grund für sein offensichtlich belastetes Verhältnis zu unserem Cheftrainer ist … er sollte über seinen Schatten springen. .. die Top Ergebnisse , Aufstellungen sind nicht nur die Verdienste der co Trainer und Spieler und evtl Niederlagen oder vermeintlich falsche Aufstellungen Schuld von Daniel Thuoune ! Lasst uns froh sein dass wir einen Trainer haben der schon soviele Spieler besser gemacht oder zu alter Stärke geführt hat, mir fallen ganz viele Beispiele ein!!! Oder in der Tat einen Fußball spielen lässt der nicht mehr an den rumpelfussball meiner Fortuna vergangener Jahre erinnert. Lasst es uns genießen und hoffen, dass nichtirgendwelche Walters, kwasnioks usw,vorbeikommen .ich freue mich auf die nächsten Spiele und Berichte .🍻Prost

    Antwort
    • Um Fußballgotteswillen! Der Ergebene ist eindeutig Fan von Daniel Thioune und froh, dass wir ihn haben. Sein Verhältnis zum Chefcoach ist in keiner Weise belastet. Er weiß nicht, wie du darauf kommst…

      Antwort

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