Von Kicksöldnern und Identifikationsfiguren
Nach einer Meldung der „Zeitung“, deren Name hier nicht mehr fallen wird, ergoss sich ein Scheißestürmchen über den Fortuna-Kicker Charlison Benschop. Der hatte sich noch vor Kurzem sehr vollmundig zur Fortuna bekannt und versichert, er werde seinen Vertrag in jedem Fall erfüllen. Nun hat er laut der bewussten „Zeitung“ und den an dieser „Zeitung“ rumschmarotzenden Schreibfinken Abwanderuingsgedanken. Befeuert auch durch den inzwischen ekelhaften „kicker„, dessen Urväter angesichts der journalistischen Minderleistung der aktuellen Schreiber in ihren Gräbern rotieren wie der Döner am Spieß. Um dem gutgläubigen F95-Fan den Wutschaum auf die Lippen zu treiben, wird als möglicher neuer Arbeitgeber auch der Äff-Zeh aus dem Domdorf herbeigerüchtet. So hat der Boulevard, zu dem inzwischen auch die ehemals seriöse Rheinische Post zu zählen ist, was er will: Klickzahlen, Klickzahlen, Klickzahlen. Und die Anhänger können sich mal wieder über die ehrlosen Söldner ereifern, denen sie dann gern die Kultspieler gegenüberstellen.
Diejenigen, die immer vom „Fußballgeschäft“ sprechen, finden eh alles völlig normal. Für die Geschäftemacher rund um die deutschen Ligen sind wechselnde Spieler die Regel. Und dem playstation-erprobten Soccer-Manager 5.0 fehlt jede Vorstellung vom Fußball ohne Transfermarkt. Da sind Kollegen wie Andreas „Lumpi“ Lambertz, Axel Bellinghausen oder Jens Langeneke Fälle für Romantiker, die noch an das Gute im Fußball glauben, denen der Verein Heimat ist und die Identifikationsfiguren suchen, zu denen sie aufschauen können. Aus Sicht der Modernisten sind Leute wie Lambertz Loser, die es einfach nicht auf die Kette gekriegt haben, ihr bisschen Talent gescheit zu monetarisieren. Dem Herzbluter ist Lumpi dagegen ein Held. Fragt sich, ob die real existierende Welt des für Geld getretenen Rundballs wirklich so zweifarbi ist: hier Söldner, da Helden.
Denn im bezahlten Fußball werden Fußballer fürs Kicken bezahlt. Auch Andreas Lambert kriegt Kohle dafür, dass er sein Hobby zum Beruf gemacht hat. Manche Profikicker verstehen ihr Tun aber auch als Teil einer unternehmerischen Tätigkeit. Also als strikt profitorientiert. Zumal ja auch nicht wenige Berufsspieler einen ganzen Stall an Verwandten und Beratern zu ernähren haben. Da zählt jder Euro, und da tickt die Karriereuhr. Tatsache ist, dass ein Profi im Schnitt nur zwölf Jahre hat, in denen er richtig gut verdienen kann. Da ist natürlich von den Millionarios, die Fantasiebezüge ernten, nicht die Rede, sondern von den „normalen“ Profis, den normal Begabten mit dem normalen Verletzungsverlauf. Die müssen also in einem Dutzend Jahren so viel ranschaffen, dass sie die Zeit zwischen dem Karriereende und einem möglichen neuen Beruf (meist sogar inklusive des nötigen Studiums bzw, der nötigen Ausbildung) finanziell überbrücken müssen, ohne dass der Lebensstandard ernsthaft angekrazt würde. Da reden wir aber von Nettojahreseinkommen, die Otto Normalsachbearbeiter schon für astronomisch hält, über die aber schon simple Salesmanager eines Telekom-Anbieters müde grinsen.
Wer aber so denkt, der wird immer nach Möglichkeiten Ausschau halten (lassen), mehr zu verdienen. Das könnte und wird mit einiger Wahrscheinlichkeit auf den Charlie zutreffen, für den die Fortuna eine ganz, ganz wichtige Karrierestufe ist bzw. war. Der begann ja erst mit 21 mit dem Geldverdienen und hat als 26-Jähriger jetzt bestenfalls noch neun Jahre vor sich. Bei Soccer-Entertainment-Franchises wie S04 oder dem Äff-Zeh und wer da sonst noch genannt wird, kriegt er sicher das Doppelte von dem, was die Fortuna zahlt. Mit einem Wechsel würde er sich monetär verbessern, aber auch das Risiko eines Karriereknicks eingehen, denn wenn er sich bei einem Erstligisten nicht durchsetzt und dort die Bank glattscheuert, landet er schnell wieder bei einem holländischen Zweitligisten und wird in Frikandel entlohnt. Dieses Risiko ist übrigens Axel Bellinghausen 2005 mit 22 Jahren eingegangen als er zum 1. FCK wechselte. Und er musste sich durchbeißen, um dahin zu kommen, wo er jetzt ist. Identifikationsfigur Andreas Lambertz hat diesen Sprung dagegen nie gewagt. Dem nun zu unterstellen, er habe nie gewechselt, nur weil er ein solcher Herzblutfortune und Düsseldorfliebhaber war und ist, kann man mindestens naiv nennen. Es wird ein ganze Bündel an Motiven gewesen sein, das den Lumpi bei der Fortuna gehalten hat – möglicherweise auch Angst vor der Herausforderung woanders oder gar Bequemlichkeit.
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Nun ja, in 10 Jahren als durchschnittlicher Zweitligaspieler sollte man schon eine Säule der Altersvorsorge beisammen haben, wofür der gemeine Anhänger in der Regel 30 Jahre benötigt – ein abgezahltes Ein- oder gar Mehrfamilienhäuschen.
Desweiteren macht die Arbeitsbelastung des durchschnittlichen Zweitligaspielers eine berufliche Weiterbildung (z.B. Fernstudium) auch nicht unmöglich, dafür muss sich gemeine Anhänger nach Feierabend schon etwas mehr quälen.