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Fortuna 2016. Oder: Die letzte Schlacht der alten Männer

Als im Jahr 1993 im ZDF die vierteilige Serie „Der große Bellheim“ lief, war dies eine damals schon romantische Geschichte über die letzte Schlacht alter Männer mit dem Ziel, den gnadenlos kalten BWL-Sanierern zu zeigen, was mit Weisheit, sozialer Kompetenz und Leidenschaft möglich ist. Spätestens seit Erich Rütemöller zum ehrenamtlichen Sportvorstand der glorreichen Fortuna bestellt wurde, erinnert Vieles im sportlichen Bereich von F95 an diese wunderbare TV-Serie. Zusammen mit dem Trainergespann Friedhelm Funkel (62) und Peter Hermann (64) bildet Rutemöller (71) nun das Dreieck der alten Männer im notleidenden Verein. Nur die Youngster Uwe Klein (46) als zukünftiger Chefscout und vor allem Robert Schäfer (40) versauen den Schnitt. So wie es aussieht sind die alten Säcke aber bereit, bei der Fortuna ihre letzte große Schlacht zu schlagen.

Das alles passt in einen Trend hin zur Erfahrung, der bei der Besetzung leitender Positionen in der sogenannten „freien Wirtschaft“ zu beobachten ist. Alte Herren haben naturgemäß mehr Erfahrung als junge Hüpfer. Und wenn sie schlau waren und sind, dann haben sie aus diesen Erfahrungen die richtigen Schlüsse gezogen. Bei allem, was man über Friedhelm Funkel weiß und was er öffentlich bekundet, hat gerade der ewige Feuerwehrmann unter den Bundesligatrainern sehr, sehr viel aus den Wendungen und Irrungen seines Coach-Lebens gelernt. Und ist bereit, das Gelernte auf seinem neuen, vielleicht letzten Job vor der Rente anzuwenden. Beim notorisch unauffälligen Peter Hermann ist die weise Gelassenheit jederzeit – auf dem Trainingsplatz und auch im Stadion – spürbar.

Noch Ehrgeiz, Erich?

Wie aber sieht es in diesem Punkt bei Erich Rutemöller aus, diesem Hans Dampf auf allen Plätzen, der in seiner Fußballlaufbahn vor allem für Verbände tätig war, den jeder kennt, aber keiner so richtig und von dem der gemeine Fußballfan nur weiß, dass er mit „Machet Otze“ beim Äff-Zeh mal einen Spieler aufforderte, sich die rote Karte abzuholen. Was unmittelbar für ihn spricht, ist genau diese Ehrlichkeit, die er auch bei seiner Bestellung zum Vorstand unter Beweis stellte: Vom eigentlichen Sportmanagement habe er nicht so viel Ahnung, die Kaderplanung überlasse er daher gern Funkel, Hermann und den Scouts.

Bekanntlich wird Rutemöller ehrenhalber amtieren und hat sich gleich ausbedungen, nach Bedarf für Fortbildungen und ähnliche Anlässe abwesend sein zu dürfen. Auch das passt zu diesem älteren Herrn, der immer schon gern gereist ist. Und der sich immer schon vordringlich um Strukturen der Nachwuchsarbeit verdient gemacht hat. Auf diesem Feld, das scheint aus allen Aussagen Rutemöllers durch, hat der gute Erich noch einen ziemlichen Ehrgeiz. Was wiederum erklärt, warum sich der F95-Aufsichtsrat auf Vorschlag des Vorstandsvorsitzenden Schäfer erneut für einen Betagten auf dem Posten entschieden hat: es waren konzeptionelle Gründe.

Konzepte statt Köpfe

Das Elend der faninternen Diskussionen über die Zukunft der launischen Diva besteht darin, dass immer nur über Köpfe diskutiert wurde und wird. The Düsseldorfer hat schon kurz nach dem Rausschmiss des Dirk Kall gefordert, man möge lieber Konzepte debattieren und befestigen und dann die passenden Köpfe suchen. Schon die überraschende Verpflichtung von Jungspund Robert Schäfer, den Mann ohne jeden fortunistischen Stallgeruch, deutete in die richtige Richtung. Der wiederum traf diverse Entscheidung rund um das Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) mit dem Ziel, dieses zu einem Brutkasten für zukünftige Topspieler zu formen. Mit der Bestellung von Erich Rutemöller wird dieses Konzept nun überdeutlich sichtbar.

Nun sollte man einem Robert Schäfer (und erst recht nicht dem AR-Vorsitzenden Reinhold Ernst) Romantik unterstellen. Das NLZ wird nicht vordringlich die Aufgabe haben, Nachwuchs für die Fortuna zu generieren. Es geht um die immens wichtige Finanzierungssäule namens „Transfererlöse“. Hier heißt vom SC Freiburg lernen, siegen lernen. Denn wo weder aus den Zuschauer-, noch aus den Sponsoreneinnahmen größere Summen zu erzielen sind und sich dank Fahrstuhlschicksal die TV-Gelder immer in eher kleinem Rahmen bewegen werden, kommen den Einnahmen aus dem Verkauf von Spielern eine spielentscheidende Bedeutung zu.

Wird Uwe jetzt groß?

Bleibt die Frage, was der ewige Uwe Klein in diesem Aufstand der alten Männer zu suchen hat. Der stand ja über Jahre im Generalverdacht unersetzlich zu sein, weil so flexibel, dass ihn niemand jemand als Spannmann des jeweiligen Trainers sah. Auffälligstes Merkmal des UW war seine Unauffälligkeit und sein mangelnder Ehrgeiz. Nun hat der Mann, der irgendwie auch immer Fortuna war, eine kurze, intensive Odyssee hinter sich, die möglicherweise dafür gesorgt hat, dass Uwe jetzt groß geworden ist. Fußballsachverstand hat ihm nie jemand abgesprochen, aber von einem Netzwerk konnte bis vor Kurzem keine Rede sein. Das hat sich hoffentlich geändert.

Und so treten die drei ollen Socken und der nicht einmal 50-Jährige Klein an, der Fortuna wieder in die Strümpfe zu helfen. Das Konzept dazu liegt vor. Es ist so simpel wie bewährt: Um eine Achse erfahrener Spieler soll ein Haufen Youngster angeordnet werden, die für Geschwindigkeit sorgen. Und damit dieses Konzept nachhaltig funktioniert, werden Youngster nachgezüchtet – sind sie dann zu gut für die Fortuna, werden sie für möglichst teuer Geld verscherbelt. Mit den Erlösen wird der ganze Betrieb refinanziert. Das ähnelt übrigens nicht wenig dem Konzept, mit dem der große Bellheim und seine Kollegen einst das Traditionskaufhaus vor dem Abstieg retteten.


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