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F95 vs St. Pauli 2:0: So könnte Fortunas Zukunft aussehen

Analyse · Auf den ersten Blick kann ein 2:0-Heimsieg keine Euphorie auslösen. Auch nicht, wenn er – am Ende ungefährdet – gegen einen starken Gegner erzielt wurde. Ebenfalls nicht, wenn er an der Gesamtsituation der Tabelle nichts ändert. Und trotzdem erschien es Ihrem extrem ergebenen F95-Analysten so, als habe er gestern in der Arena die Zukunft der Fortuna gesehen. Das mag vor allem mit dem bärenstarken Auftritt von Kris Peterson zusammenhängen, einem Spieler, der in die erste Bundesliga oder in eine der größeren europäischen Ligen gehört … und den F95 nicht wird halten können, gelingt zum Ende der Saison 2021/22 der Aufstieg nicht. Viel intensiver roch das Gesamtgefüge aber nach Zukunftserfolgen. [Lesezeit ca. 10 min]

Gut, Kevin Danso kriegt wieder eine glatte 1, aber mit dem können wir nun mal nicht rechnen in der kommenden Spielzeit. Sollte es eine klitzekleine Möglichkeit geben, seine Leihe zu verlängern, mit Kaufoption wohlmöglich, dann sollten Klaus Allofs und Uwe Klein alle finanziellen Hebel in Bewegung setzen, um diese dürre Hoffnung Realität werden zu lassen. Womit wir auch schon die beiden Männer des Spiels namentlich erwähnt haben.

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F95 vs St. Pauli: Aufwärmen vor Bundesliga-Kameras (Foto: TD)
F95 vs St. Pauli: Aufwärmen vor Bundesliga-Kameras (Foto: TD)

Cheftrainer Uwe Rösler – über dessen Zukunft später noch zu reden sein wird – hatte völlig überraschend doch keine Überraschung auf das Frühlingsgrün im Inneren der immer noch ausgekühlten Arena geschickt. Ohne jetzt den Spruch von dem gewinnenden Team, das man niemals ändern sollte, zu zitieren: War aber so. Allerdings mit einer minimalen taktischen Verschiebung hin in Richtung auf ein echtes 4-3-3. Denn Dawid Kownacki mimte nicht die einzige Spitze, sondern agierte meist auf einer Linie mit den Außenkollegen Peterson und Felix Klaus. Ohne eine Gesamtbewertung aussprechen zu wollen: Das sah erheblich moderner aus als alles, was die Doppelspitze Hennings-Karaman in ihren besten Tagen auf den Platz gebracht. Wohlgemerkt: moderner, nicht unbedingt erfolgreicher.

F95 vs St. Pauli: Co-Trainer beim Plausch (Foto: TD)
F95 vs St. Pauli: Co-Trainer beim Plausch (Foto: TD)

Aber, der Erfolg im Fußball ist ja immer eine Mischung aus individueller Klasse und dem passenden taktischen Gerüst. Zu der beschriebenen Dreierformation ganz vorne passte gestern die mittlere Dreierkette gut – zumindest auf dem Papier. Die Insassen dieser Kette agierten nun gerade nicht immer auf einer Linie, nur bei Ballbesitz des eigenen Teams. Ansonsten stand Käpt’n Bodze am tiefsten, Cello Sobottka bildet das frei marodierende Element, und Eddie Prib soll von der Zentralstelle aus walten. Tat er leider (wieder? erneut? wie immer?) nicht. Sein Anteil am Offensiven ging besonders in Hälfte Eins gegen Null. Dafür zeigte Cello (wieder? erneut? wie immer?), dass er sich auf der ihm nun endlich zugeteilten Position am wohlsten fühlt.

F95 vs St. Pauli: Käpt'n Bodzek bei der Seitenwahl (Foto: TD)
F95 vs St. Pauli: Käpt’n Bodzek bei der Seitenwahl (Foto: TD)

Und Adam Bodzek, der Mann, der nun schon ein ganzes Jahrzehnt bei uns ist, der zwei Aufstiege und zwei Abstiege mitgemacht hat, der längst abgeschrieben schien, den auch Ihr Ergebener schon in Rente schicken wollte? Auch der hat die Position gefunden, die seinen Fähigkeiten und seinem Verständnis von Fußball am ehesten entspricht. Der ist kompromisslos in der Balleroberung, der ist inzwischen dermaßen passsicher, der sieht die Zusammenhänge, der kann – so nennt man das im Fachjargon – das Spiel ordnen. Auch wenn er – im Gegensatz zum guten Kevin – auf dem Platz wenig spricht, ist er klar der Leader of the Pack. Chapeau, Bodze!

F95 vs St. Pauli: Käpt'n Bodzek diskutiert mit dem Schiri  (Foto: TD)
F95 vs St. Pauli: Käpt’n Bodzek diskutiert mit dem Schiri (Foto: TD)

Ganz so gold sah die Viererabwehrkette gestern nicht aus, und es bleibt ein Rätsel, warum uns die schnellen Pauli-Angreifer samt Vollstrecker Burgstaller nicht die Hütte vollgehauen haben. Ach, ja, wir haben einen Danso. Und wir haben einen unauffälligen Luka Krajnc, der anfangs leicht überfordert wirkte, immer besser ins defensive Tun geriet und am Ende Herrscher der linken Abwehrseite wurde. Der gute Luka ist in dieser Verfassung ein Baustein der fortunistischen Zukunft. Leonardo Koutris im Prinzip auch. Gestern war er von den trickreichen Dribblings vom Pauli-Marmoush mehrfach überfordert, hatte das Glück, dass dessen Tun insgesamt brotlos blieb und im Zweifel dann doch der gute Luka aushalf.

F95 vs St. Pauli: Auswechselspieler beim Kreistanz  (Foto: TD)
F95 vs St. Pauli: Auswechselspieler beim Kreistanz (Foto: TD)

Dafür brachte der gute Leon die linke Offensivseite ein ums andere Mal auf Betriebstemperatur. Man kann auch sagen: Ohne Koutris weniger Peterson. Der Kris braucht jemanden, der mit ihm die Flanke beackert, mit dem er Doppelpass spielen kann, über den er hinter die feindlichen Linien kommt. Und da ist unser Brasiliengrieche genau der Richtige. Ob Matthias Zimbo Zimmermann auch ein Teil der Fortuna-Zukunft ist? Schwer zu sagen. Gestern wirkte er jedenfalls endlich wieder vital und agil, ohne dass er sich allzu viel in den Angriff einmischte. Aber, er war es, der mit seinen saftigen Tacklings und Balleroberungen über die Spielzeit den Paulianern manchen Weisheitszahn zog. Und trotzdem: Wenn der Kader eine substanzielle Verstärkung im Defensivbereich braucht, dann einen Mann auf der rechten AV-Position als Alternative zu Zimbo.

Verrückt, dass eine Mehrheit der sprechenden und schreibenden Fußballberichterstatter den FC St. Pauli in der ersten Halbzeit so überlegen gesehen haben. Ihr Ergebener hat auf seinem digitalen Berichtszettel zwar eine paulianische Druckphase zwischen der 10. und der 26. Minute notiert, aber nur zweieinhalb nennenswerte Torchancen, von denen Flo Kastenmeier eine sicher per Fuß entschärfte. Ansonsten hatte der bärtige Flo gar nicht viel zu tun. Schon gar nicht in der zweiten Halbzeit, selbst in der Endphase ab der 75. Minute nicht. Noch einmal, es war die 70. Minute, musste er einen Torschuss mit einer Parade entschärfen (es wäre auch unspektakulär gegangen), und auf den sonst üblichen Kastenmeier-Moment wartete ihr schwer Ergebener vergeblich. Auffällig, dass der Flo immer öfter auf der Linie bleibt und weniger mit dem Ball am Fuß riskiert. So wird er sicher ein Teil der Zukunft, die unsere glänzende Diva vor sich hat.

F95 vs St. Pauli: Pauli hatte auch Chancen (Foto: TD)
F95 vs St. Pauli: Pauli hatte auch Chancen (Foto: TD)

„Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?“ soll der erste Kanzler der Bundesrepublik, der kölsche Konrad Adenauer, gesagt haben. Dass er aber „Nichts hindert mich, weiser zu werden.“ beigefügt hat, wird gern unterschlagen. So wird nämlich aus der blöden Ausrede für Opportunismus ein Plädoyer fürs Dazulernen. Ihr in kaum noch messbarer Stärke ergebene Fortuna-Beobachter hat seit gestern Zweifel an seiner Weisheit der letzten Woche. Und fragt sich: Ist Uwe Rösler am Ende doch der richtige Trainer für eine glorreiche Fortuna-Zukunft? Ein bisschen dieses Zweifels schien ja schon im Bericht über das Osnabrück-Spiel auf. Haben wir die Entwicklung vom dumpfen 4-4-2 mit eher uninspirierten Kollegen zu diesem modernen 4-3-3 mit mehr Schwung und größerer Flexibilität am Ende nicht doch Mister Roesler zu verdanken?

War nicht sogar das von ihm geliebte 3-5-2 das passende System für ein erfrischend offensiv aufspielendes F95-Team? Hat er nicht einfach nur Pech gehabt, dass seinen Ideen immer eine Verletztenliste (samt Formschwächen und Corona-Quarantänen) entgegenstand? Hat er nicht Kicker wie Kevin Danso, Luka Krajnc, Leonardo Koutris, Kris Peterson und auch Marcel Sobottka dahin gebracht, wo sie heute stehen? Ist dieser Prozess nicht auch bei Felix Klaus und Dawid Kownacki sichtbar? Hat er nicht Shinta Appelkamp früh das Vertrauen geschenkt so wie er das gerade auch mit Emma Iyoha macht? Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hat Uwe Rösler nur an der Entwicklung von Florian Kastenmeier und Adam Bodzek KEINEN oder lediglich einen geringen Anteil.

F95 vs St. Pauli: Gesunde Härte, unsanfter Zusammenstoß (Foto: TD)
F95 vs St. Pauli: Gesunde Härte, unsanfter Zusammenstoß (Foto: TD)

Man stelle sich vor, die Sportvorstände Allofs und Klein ließen sich von Rösler einen Wunschzettel diktieren und würden die Spieler verpflichten, die in die von offensivem Denken geprägte Philosophie des UR passen – wobei das nicht viele sein müssten. Was könnte die Fortuna des Jahrgangs 2021/22 für ein geiles Team sein! So sieht der Zweifel Ihres Ergebenen aus. Das Gefühl sagt: Mit Uwe Rösler eher nicht in die Zukunft, der Verstand erhebt Einspruch. Wobei – das haben wir in der Ära Funkel gesehen – ja ohnehin alles auch das Ergebnis der Sozialhydraulik im Trainerteam ist. Damals war es Tom Kleine, der den faltigen Neusser zu den moderneren Elementen überredete, von der Rolle des Peter Herrmann als Co-Trainer verschiedener Chefs ganz zu schweigen. Auffällig ist a) dass UR inzwischen vor, während und nach den Spielen mehr mit seinen Co-Kollegen redet und dass b) diese wiederum mehr mit den Spielern kommunizieren.

Wir wissen ja, bei der Kommunikation kommt es nicht darauf an, was man sagt, sondern wie es ankommt. Wenn Rösler ständig reinruft (was er gestern weniger getan hat als bisher), nehmen die Spieler nach eigener Aussage mehrheitlich gar nicht war, was er brüllt, sondern nur dass er brüllt. Je weniger er aber schreit und gestikuliert, desto mehr reden die Kicker auf dem Platz miteinander. Und DAS ist die Kommunikation im modernen Fußballsport, die zählt. Was konkret heißt: Hier hat Mister Roesler noch was zu lernen. Aber, hat nicht jeder Trainer immer noch was zu lernen? (Außer vielleicht Friedhelm Funkel, der ist in dieser Hinsicht auserzählt…) Fragt sich nur, ob es sich der TSV Fortuna Düsseldorf 1895 leisten kann und will, einen Chefcoach zu haben, der sich noch in der Entwicklung befindet.

F95 vs St. Pauli: Gedenkminute für unseren Hans Noack (Foto: TD)
F95 vs St. Pauli: Gedenkminute für unseren Hans Noack (Foto: TD)

Schalten wir direkt in die zweite Halbzeit, und zwar in die 49. Minute. Hier kam es zur vielleicht spielentscheidenden Szene, die sich am Ende als Ergebnis einer schiedsrichterlichen Fehlentscheidung entpuppte. Druckvolle Rote drangen im Zuge eines Eckstoßes in den Pauli-Sechzehner ein, mehrere Schüsse wurden abgegeben, und einer davon flipperte quer durch den Fünfer. Weil ein Paulianer eine gezielte Bewegung Richtung Pille machte, nahm das Schiri-Gespann an, der habe das Ei zuletzt berührt und entschied auf einen weiteren Eckball. Tatsächlich aber belegen die in Zeitlupe aufgelösten Bilder, dass da kein Gast mehr dran war – die Ecke hätte es nicht geben dürfen.

F95 vs St. Pauli: Unberechtigte Ecke, aber Tor zum 2:0 (Foto: TD)
F95 vs St. Pauli: Unberechtigte Ecke, aber Tor zum 2:0 (Foto: TD)

Wie dann Kevin Danso aber diese unberechtigte Ecke per Birne versenkte, war sehenswert. Da flog eine Masse Fußballer anderthalb Köpfe über dem Rest heran mit dem klaren Willen dieses Tor zu machen. Wunderbar! Überhaupt: Wenn der Eddie gestern für etwas gut war, dann für Eckbälle; die von ihm ausgeführten kamen alle gefährlich vors Tor. Dass sich aber unmittelbar nach Wiederanpfiff solche Situationen häuften, hatte einen simplen Grund: Unseren Jungs gelang es, den Gegner zu Fehlern zu zwingen, was zu einer Serie Balleroberungen führte. Teils schon in deren eigenen Hälfte (dazu später mehr), oft im Mittelfeld, aber durchgehend in der Zone von fünf Metern rund um den eigenen Strafraum. Da mussten die schon einen Freistoß kriegen, um in dieser Phase überhaupt eine Torchance zu haben.

F95 vs St. Pauli: Freistoß für Fortuna, der nichts brachte (Foto: TD)
F95 vs St. Pauli: Freistoß für Fortuna, der nichts brachte (Foto: TD)

Felix Klaus, der in Hälfte Eins noch recht unauffällig und ein bisschen glücklos agierte, obwohl er derjenigen war, der zum 1:0 abstaubte, wurde immer besser, wirbelte immer mehr und dachte schnell genug für ein erfolgsversprechendes Umschaltspiel. So auch in der 58. Minute als er beinahe den 1:0-Spieß umgedreht hätte, denn nun war er es, der Kris Peterson nach seinem Solo bediente. Die Mannen vom FC St. Pauli schienen auf diese Situation, dass sie unter Druck gerieten und vorne nichts auf die Kette kriegten, geschockt. Nach dem 2:0 und bis gut und gerne zur 80. Minute kam nichts mehr von den Braunen – außer dem bereits beschriebenen Ding in der 70. Minute.

Später als erwartet kam die erste Auswechslung. Kuba Piotrowski kam für den blassen Eddie, Emma Iyoha planmäßig für Felix Klaus. Ersteres veränderte die Statik im Mittelfeld enorm, zweiteres hatte Auswirkungen auf die Sturmreihe. Da dauerte es eine Weile bis sich Kris, Emma und Dawid eingerüttelt hatten. So sah es kurz aus, als sollte Emma die Spitze spielen und Dawid auf Rechtsaußen gehen, aber dann blieb es beim Alten. Jedenfalls bis in der 76. Minute Brandon Borrello und Shinta Appelkamp für Käpt’n Bodze und Kris Peterson kamen. Weil Mr. BB eher rechts kann, rückte Emma auf die linke Flanke. Im Mittelfeld rückte Cello nun nach hinten, und Shinta und Kuba machten die Offensivarbeit. Ihr Ergebener würde so gern sagen, dass diesen drei Recken die Zukunft gehört, aber das ist alles andere als klar. Gut, dass Shinta Appelkamp ein Riesentalent ist und dazu ein vielseitig einsetzbarer Spieler, ist unbestritten; man kann nach seinem Ausfall nur langsam Angst bekommen, dass er verletzungsanfällig ist.

F95 vs St. Pauli: Sehr oft prima Pressing (Foto: TD)
F95 vs St. Pauli: Sehr oft prima Pressing (Foto: TD)

Aus dem inzwischen weißblondierten Kuba wird der Ergebene immer noch nicht schlau. Ja, der hat was, der ist kämpferisch drauf und kann was am Ball, aber am taktischen Verständnis mangelt es ihm doch mächtig. Gestern sah es so aus, als habe er den Plan für die letzte Viertelstunde einfach nicht verstanden, so haltlos schlingerte er über den Platz. Und wieder lief es darauf hinaus, dass „Kuba!“ der meistgehörte Ruf aus dem Munde des Cheftrainers wurde. Witzigerweise kommt Borrello so langsam auf die richtige Spur, hört also auf nur für sich zu spielen, kriegt ein Auge für die Mitspieler und stellt sein Highspeed-Engagement mehr in den Dienst der Mannschaft.

Apropos: Geschwindigkeit. Ein Mangel des Teams, der sich durch die Saison zieht, war die fehlende Geschwindigkeit, vor allem im Denken. Da hat einer die Idee für einen langen Steilpass in den Raum, und der Zielkollege braucht zu lange, um dorthin zu spurten. Oder die verzögerten Reaktionen beim gegnerischen Umschaltspiel. Am reinen Körperspeed lagen solche Klöpse nicht, eher an einer gewissen mentalen Behäbigkeit. Davon war gestern nichts zu spüren, aber das beobachtet Ihr Ergebener schon seit drei Spielen. Auch das ist ein Zeichen für eine flinke Fortuna-Zukunft.

F95 vs St. Pauli: Ganz schön viel Pauli-Druck in den ersten 25 Minuten (Foto: TD)
F95 vs St. Pauli: Ganz schön viel Pauli-Druck in den ersten 25 Minuten (Foto: TD)

Verschwiegen werden soll aber nicht das unsägliche Vergeigen von klaren Torchancen. Ab der 75. Minute gab es gleich dreimal die Möglichkeit auf 3:0 davonzuziehen und so den Sack zuzukleben. Gut, beim Versuch von Kownacki in der 76. Minute war der Winkel einfach zu spitz. Wäre der reingegangen, wäre es ein Traumtor gewesen. Ob dem nicht gegebenen Tor in der 81. Minute, das optisch Ergebnis eines heftigen Torwartfehlers war, wirklich ein Handspiel vorausging, soll einfach offenbleiben. Immerhin hatten sich die kölschen Kellerkinder die Sache ausführlich angeguckt, und wir wissen ja: Die irren nie.

Dann (81. Minute) kam Rouwen Hennings für Dawid Kownacki und spielte, was ein Rouwen Hennings eben so spielt. Vielleicht ist ihm ja ein bisschen das Knipser-Gen abhandengekommen, denn in der 85. Minute kam er – nach einer klasse Balleroberung durch den Mannschaftsfrisör Borrello – frei vors Tor. Man sah ihm an, dass er kurz nachdachte und dann nicht per linker Klebe draufhielt, sondern versuchte am Paul-Keeper vorbei einzunetzen. Ging daneben, das Gedankenspiel. Und noch einer: Shinta startete in der 87. Minute einen schicken Sololauf, der rüde gestoppt wurde, sodass es zu keinem Torschuss kam. Die gelbe Karte für den Paulianer war nicht nur die fünfte für eine Braunhose, sondern auch ein Zeichen dafür, dass sich der FCSP auf seine Tradition als Kloppertruppe besonnen hatte.

F95 vs St. Pauli: Die Sieger gehen fröhlich, aber gelassen vom Platz (Foto: TD)
F95 vs St. Pauli: Die Sieger gehen fröhlich, aber gelassen vom Platz (Foto: TD)

Nicht dass die Fortunen nur ihre Namen tanzten: Gerade Cello Sobottka und Dawid Kownacki gingen oft und gern ordentlich mit dem Körper ran, aber vorwiegend im Rahmen des Regelwerks. Auch das ein zukünftiger Erfolgsfaktor: bissiger sein, körperlich stärker, robust. Daran hat es in der Saison, als das Team durch die vielen (teils merkwürdigen) Elfer und Platzverweise einigermaßen verunsichert war, gefehlt. In Sachen Körpereinsatz haben jedoch einige Kollegen noch Defizite aufzuarbeiten; Kris Peterson übrigens nicht, der zog sich in der ersten Drangphase der Gäste eine berechtigte Gelbe.

Und dann gab es da noch diese Dreifachchance für die Herren Borrello, Hennings und Piotrowski, die es nacheinander nicht schafften das Runde ins Eckige zu bringen – wieder ein Zeichen für das, was Spochtrepochter „Chancenwucher“ nennen und wir Liebhaber der wunderhübschen Diva schon seit dem Bochum-Spiel beobachten. Wie auch immer: Im Gegensatz zur ewigen F95-Fan-Angst, die Truppe können sich in den letzten Minuten noch ein, zwei Dinger fangen und den Sieg verdaddeln, hatte niemand, der die Partie offenen Auges verfolgte, das Gefühl, der FC St. Pauli können das Spiel noch drehen. Über alles gerechnet trat nämlich die Fortuna-Zukunft mit ungewohnter Souveränität, frei von Angst und Hektik auf und hat absolut verdient gewonnen.

F95 vs St. Pauli: Arbeitsplatz des Ergebenen mit brandneuem Hilfsapparat (Foto: TD)
F95 vs St. Pauli: Arbeitsplatz des Ergebenen mit brandneuem Hilfsapparat (Foto: TD)

Und was heißt das jetzt? Nein, Ihr erstaunlich Ergebener wird das böse A-Wort nicht in die Tastatur nehmen, auch wenn einem inzwischen der süße Duft des dritten Tabellenplatzes in die Nase steigt. Beim Chaos der verlegten Spiele versagt auch jeder Tabellenrechner, und in die Relegation könnte die Fortuna ohnehin nur kommen, wenn sie auch die restlichen fünf Spiele gewinnt oder wenigstens auf vier davon plus ein Unentschieden kommt (macht 13 Punkte und 62 in der Endabrechnung); eine einzige Niederlage lässt das Kartenhäuschen zusammenklappen. Das ist aber auch nicht wichtig. Wichtig ist, mit welchem Konzept, welchem Kader und, ja auch, mit welchem Trainer F95 in die Aufstiegssaison 2021/22 geht. Nur unter diesem Zukunftsaspekt sollte man sich die kommenden Begegnungen anschauen.


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6 Gedanken zu „F95 vs St. Pauli 2:0: So könnte Fortunas Zukunft aussehen

  • Die allzu ergebene 😉 Rösler-Apologie mit all ihrem rhetorischen Geschwurbel wird in dem Moment ihr natürliches Gegengift schlucken müssen, wenn W I R mit ein, zwei Punkten Rückstand – oder gar dem schlechteren Torverhältnis – die Güldene Ananas auf Ehrenplatz vier entgegennehmen.
    Das wäre dann doch Röslers Versagen.

    Aber immerhin: man darf – ganz ohne Konjunktiv – derzeit wieder ein bisschen gespannter sein…

    Antwort
  • Nach den Worten der Sky-Sprechpuppe zu urteilen, haben wir gewonnen, weil höhere Mächte, Hobbits, Zauberkräfte oder so etwas eingegriffen haben. So oft, wie der gestern im Zusammenhang mit dem Spiel von St. Pauli „unfassbar“ und „berauschend“ benutzt hat, hätte man denken können, da spielt CL gegen Kreisliga B. Das war einfach nur zum würgen. Der schläft wohl in braunen Schlafanzügen. Ob die braun wegen St. Pauli oder seines Sprechdurchfalls sind, weiss ich zum Glück nicht.

    Ja, in Halbzeit 1 zeigte St. Pauli technisch und läuferisch ein ganz gutes Spiel. Aber nur soweit Fortuna dies zugelassen hatte. Unsere Jungs haben taktisch und technisch St. Pauli weitestgehend in Schach gehalten. Starke Vorstellung. Hatte ich persönlich nicht mit gerechnet.

    Wären wir nur konsequenter bei den Torchancen hätten die beiden letzten Spiele beide 5:0 ausgehen müssen. Na ja, egal. Da können die TV-Fritzen so oft sie wollen von Aufstiegschancen reden, ich glaube weiterhin nicht daran. Denn dann müssten die Teams von Fürth über Kiel und dem Schuldenclub aus Hamburg ja noch heftigst ihre Spiele vergeigen. Stressiger und enger Spielplan hin oder her, glaube ich irgendwie nicht. Höchstens der sogenannte Dino HSV. Die können gerne weiter verlieren, als Ausgleich für die jahrelange Zugehörigkeit zu Liga 1 trotz immenser Schulden. Mit Scheiße 04 kommt noch so ein Dreck runter.

    Die Fehlentscheidung mit der Ecke, die zum 2:0 führte… drauf gesch****n. Ein minimaler Ausgleich für umgekehrte Fehlentscheidungen, die uns in dieser Saison zu Niederlagen führte. Davon ab, war der Sieg auch ohne diesen Patzer hoch verdient.

    Mit der Spielweise von gestern kann ich mit dem Saisonausklang in den letzten Spielen leben. Unabhängig von der Platzierung am Ende. Und dann schauen wir mal, was unsere Kaderplaner so alles anschleppen für die nächste Saison.

    Antwort
    • „Der schläft wohl in braunen Schlafanzügen. Ob die braun wegen St. Pauli oder seines Sprechdurchfalls sind, weiss ich zum Glück nicht.“

      ROTFL: You made my day!

      Antwort
      • Ich habe hier früher sehr gerne gelesen, weil es oft treffende Analysen der Spiele gab.
        Die letzten Male habe ich aber aufgehört hier zu stöbern.
        Warum? Mir ging dieses dauerhafte Rösler-Bashing auf die Nerven. Eigentlich durchgängig in jedem Beitrag. Das war mir tatsächlich zu einfach und zu billig.
        Dazu immer noch die Thematik, dass es ja nur noch Vorbereitungsspiele für die nächste Saison seien.
        Und nun? Nun wird es tatsächlich nochmal spannend. Und wenn es nix wird, ok, aber spannend wird es nochmal. Und Rösler hat gut aufgestellt und das Team gut auf die Gegner eingestellt. Die Mannschaft steht hinter Rösler, das merkt man. Er hat von vielen Seiten draufbekommen und zeigt es gerade allen. Ich bin kein Rösler-Jünger, aber es wird zu viel draufgehauen. Und zwar oftmals unsachlich, leider auch hier.
        Und es ist richtig, dass Danso etc. spielen, denn auch ohne Aufstieg geht es um viel Geld für Fortuna, je höher wir stehen. Gerade in der jetzigen Krise ist das wichtig. Rösler hat letztens Klarer gebracht, dazu baut er Iyoha und Appelkamp behutsam auf.
        Ich hoffe, wir konzentrieren uns mal wieder auf das wichtige. Und das ist definitiv nicht nur ein: „Ich haue dauerhaft auf Rösler ein“

        Rot-weiße Grüße und auf 3 Punkte gegen Paddelborn.

        Antwort
        • Eine Premiere! Es ist das erste Mal, dass Ihrem Ergebenen Rösler-Bashing vorgeworfen wird. Bisher war es so, dass die meisten Mitlesenden kritisierten, der Ergebene würde den Coach zu sehr schützen. Man sieht: Wie man’s macht ist’s falsch. Gerade dieser Spielbericht ist doch eine sachliche Auseinandersetzung mit der Frage, ob UR vielleicht doch der richtige Trainer für die Saison 2021/22 ist…
          Dass Rösler nun endlich mehr auf die jungen Spieler setzt, hat der Analyst lobend herausgestrichen. Egal. Es stimmt übrigens nicht, dass es mehr Geld gibt, je höher F95 steht – die Unterschiede sind beim Erreichen der Plätze 4 bis 7 minimal.

          Antwort

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