Thomas Röttgermann muss im Vorstand bleiben
Meinung · Ihr vollkommen ergebener F95-Beobachter weiß, dass allein die Überschrift zu diesem Meinungsbeitrag den Zorn einer gewissen Auswahl Fortuna-Anhänger:innen auslösen wird. Denn beliebt beim Fanvolk ist Thomas Röttgermann nicht. Das hat weniger sachliche Gründe als solche, die im Nebel von Sympathie und Antipathie schweben. Und darüber wird zu reden sein. Anlass: Schon seit Monaten wird über Umbesetzungen im Vorstand gemunkelt, die RP hat das Thema heute explizit aufgemacht. Schließlich laufen die Verträge vom Vorstandsvorsitzenden Röttgermann und auch der von Marketing-Vorstand Christian Koke aus. Und dann ist da noch die überlebensgroße Personalie Klaus Allofs, für den bei seiner Ankunft im September 2020 eigens ein Vorstandsressort mit dem komischen Namen „Fußball & Entwicklung, Kommunikation und CSR“ geschaffen wurde. Als Sportvorstand amtiert der umstrittene Uwe Klein, der noch über das kommende Jahr hinaus Vertrag hat. [Lesezeit ca. 4 min]
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Bevor der Ergebene sein Plädoyer für Thomas Röttgermann startet ein wenig Satzungskunde:
(1) Der Vorstand ist verantwortlich für die ordnungsgemäße Wahrnehmung aller Vereinsaufgaben, sofern sie nicht satzungsgemäß anderen Vereinsorganen vorbehalten sind.
(2) Der Vorstand besteht aus dem 1. Vorsitzenden und bis zu vier weiteren Vorstandsmitgliedern. In diesem Rahmen bestimmt der Aufsichtsrat die endgültige Zahl der Vorstandsmitglieder. Es sind mindestens drei, höchstens fünf Vorstandsmitglieder zu bestellen, von denen zumindest ein Vorstandsmitglied hauptamtlich tätig sein soll. Der Aufsichtsrat entscheidet über die Bestellung weiterer hauptamtlicher Vorstandsmitglieder. Die Mitgliedschaft der hauptamtlichen Vorstandsmitglieder ruht für die Dauer der hauptamtlichen Tätigkeit.
(3) Der 1. Vorsitzende koordiniert die Arbeit des Vorstandes und repräsentiert den Verein nach außen.
(4) Ein Vorstandsmitglied ist verantwortlich für die sportliche Leitung des Vereins. Es ist Mitglied im Sportausschuss. Ein weiteres Vorstandsmitglied hat verantwortlich die kaufmännische Leitung des Vereins wahrzunehmen und im Übrigen die Arbeit der Abteilungen zu koordinieren. Werden weitere Vorstandsmitglieder berufen, so hat der Aufsichtsrat deren Aufgaben festzulegen.
(5) Die Vorstandsmitglieder werden durch Beschluss des Aufsichtsrates, der einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen bedarf, bestellt. […] Die Bestellung der Vorstandsmitglieder erfolgt für drei Jahre. Unabhängig davon kann der Aufsichtsrat in begründeten Fällen kürzere Amtsperioden für einzelne Vorstandsmitglieder festlegen. Der Aufsichtsrat hat dafür zu sorgen, dass die Anstellungsverträge der hauptamtlichen Vorstandsmitglieder mit deren Amtsperiode enden. […]
Mehrere Dinge, die durch diese wunderbare Satzung, die einst von Mitgliedern entwickelt und von Mitgliedern beschlossen wurde, in Sachen Vorstand geregelt werden, werden von vielen Fans – besonders denen, die nicht Mitglied sind – übersehen. Zum Beispiel, dass der Vorstand nicht bloß für die Abteilung „Fußball“ und dort sowohl für die erste Mannschaft, die Zwote und alle U-Teams verantwortlich ist, sondern auch für die anderen Abteilungen. Das unterscheidet einen eingetragenen Verein mit Profifußballmannschaft von den diversen Spielbetriebsgesellschaften anderer Clubs.
Außerdem: Es MUSS einen Sportvorstand und einen – sagen wir der Einfachheit halber – Finanzvorstand geben. Maximal dürfen fünf Stühle in der Vorstandsetage stehen, minimal sind es drei. Vor Jahren lautete die Empfehlung, aus Kostengründen möglichst nur drei Plätze zu besetzen. Ja, und dann soll der 1. Vorsitzende den Verein nach außen repräsentieren. Und darin war Thomas Röttgermann zugegebenermaßen nicht besonders gut. Was das intensivste Argument dafür ist, unser Kläuschen baldmöglichst zum Vorstandsvorsitzenden zu befördern, denn in der Realität ist er es schon seit seiner Einstellung, der die Fortuna nach außen, vor allem gegenüber den Medien repräsentiert.
Womit wir beim Sportvorstand wären. Ohne dass dies so richtig kommuniziert hat, hatte man nach dem Ausstieg von Lutz Pfannenstiel im Sommer 2020 Uwe Klein installiert, auch in der Hoffnung, dass er im sportlichen Bereich für eine positive Außendarstellung sorgen könnte. Diese Erwartung hat sich nicht erfüllt, denn der gute UK ist schon immer jemand gewesen, der lieber im Hintergrund agiert – über seine Leistung soll an dieser Stelle mal gar nicht die Rede sein. Christian Koke als Marketing-Vorstand ist vermutlich einer großen Mehrheit der fortuna-liebenden Anhänger eher unbekannt. Die nackten Zahlen aber sprechen für ihn.
Bleibt also noch Thomas Röttgermann, der sich nach einem schwierigen Einstieg als jemand etabliert hat, der die Dinge im Verein zusammenhält. Das heißt: Nein, TR ist nicht das Gesicht der Fortuna soweit man nur die Bundesligaseite betrachtet. Er ist aber auch nicht nur ein Mann der Zahlen, sondern hat eine ganze Menge an Projekten im Verein initiiert, vorangetrieben und koordiniert; man denke nur an das Thema Nachhaltigkeit und an die kommenden Aktivitäten der Fortuna im Bereich des Frauenfußballs. Insofern ist er die Person im Vorstand, die – ganz im Geiste der Satzung – über den Tellerrand des Profifußballs hinweg agiert hat. Wollte man Röttgermann ersetzen, müsste der Aufsichtsrat nach einer Persönlichkeit suchen, die ebenfalls den eingetragenen Verein immer im Kopf hat.
Es spricht also Vieles dafür, einen Dreiervorstand nach folgendem Muster zu installieren: Klaus Allofs als 1. Vorsitzender, Thomas Röttgermann als Vorstand für Finanzen & Organisation und Uwe Klein als Sportvorstand. Damit wäre der Satzung in vollem Umfang Genüge getan. Hält der Aufsichtsrat an der Regel mit den vier Vorständen fest, bliebe Christian Koke auf seinem Posten. Falls nicht, müsste sich das Aufsichtsgremium mit einer gewissen Strukturveränderung des Organigramms befassen und die Ebene der Direktoren neu fassen. Dann könnte es einen Bereich für all das geben was Koke bisher verantwortet hat, unter seiner Leitung, natürlich.
Wie sehr das alles von den engagierten Liebhabern der Diva missverstanden wird, zeigte sich heute in den Facebook-Kommentaren. Fortuna hatte den Jahresabschluss präsentiert und dazu ein Kurzinterview mit Thomas Röttgermann gebracht. Neben den vielen gefühlsmäßigen Meinungen zu seiner Person hagelte es Forderungen nach Spielerkäufen und dem Urteil, dass es ja wohl eine schlechte Leistung des Vorstandsvorsitzenden sei, dass die Mannschaft vom 10. Platz der ersten Liga bis in die untere Hälfte der Zweitligatabelle abgerutscht sei. Dass die Fortuna bisher finanziell relativ ungeschoren durch die Corona-Pandemie gekommen ist, nehmen solche Leute nicht wahr.
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Volle Zustimmung zu dem überaus sachlichen Statement, obwohl die avisierte Rochade so wohl kaum über die Bühne gehen dürfte …