[Ergänzt] F95 vs Darmstadt 2:2 – Zwei Standards, zwei Gegentore = Enttäuschung
An einem kalten Freitagabend fing sich die manchmal glorreiche Fortuna nach einer 2:0-Führung gegen Darmstadt noch ein enttäuschendes Remis ein.
Bericht · Als Trainer Thioune kurz nach dem 2:0 Zimbo Zimmermann für Gio Haag einwechselte, hatten die Experten im Block fette Fragezeichen im Gesicht: Hä? Wieso das denn? Man spekulierte, dass der Franzose ein bisschen müde sei, denn sonst fiel niemandem ein Grund für den Tausch ein. Das sah Markus, der alte Wahlausschusskumpel des Ergebenen beim Nachkarten der Partie auf der Rückfahrt in der U-Bahn auch so und ging ziemlich hart mit unserem Chefcoach ins Gericht. Denn mit Zimbo auf der Sechs kam Unruhe unter den F95-Kickern auf und – zack – fünf Minuten später erzeugte Nico Gavory einen sinnlosen Elfer, der zum Anschlusstreffer führte. Ob es eine tragfähige Kausalkette zwischen der Einwechslung von Zimmermann, diesem Strafstoß und dem Ausgleich wenig später gibt, sei dahingestellt. Nicht nur der Ergebene wüsste zu gern, was Thioune geritten hat, diese Änderung vorzunehmen. [Lesezeit ca. 7 min]
Hinweis: Mehrere Leser:innen haben uns darauf aufmerksam gemacht, dass Thioune Gio Haag wohl deshalb herausgenommen hat, weil der Sechser Gefahr lief, eine gelb-rote-Karte zu kassieren. Gelb hatte er in der ersten Halbzeit gesehen. Angesichts der merkwürdigen Linie von Schiri Kampka wäre diese Situation möglich gewesen. Das haben wir (die Experten im Block, Kollege Markus und der Ergebene) übersehen. Insofern: Danke für die Hinweise. Der Ergebene gibt aber zu bedenken, dass Haag nach der Pause seine Spielweise so umgestellt hatte, dass er weniger ungestüm in die Zweikämpfe ging, also weniger gefährdet war.

Nun trägt so gut wie nie ein einzelner Spieler oder der Trainer die Alleinschuld an solchen Punktverlusten, aber dass der verdienstvolle Zimbo unbedingt Sechser spielen muss, nur weil er das so gerne will, erscheint zunehmend sinnlos. Was – in drei Fußballteufelsnamen – sollte durch diesen Wechsel besser werden? Mehr Stabilität zur Absicherung der Führung war durch den wieder blondierten Zimmermann nicht zu erwarten. Zumal Haag nach einer unauffälligen ersten Hälfte nach der Pause deutlich mehr auf die Kette bekam.
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Aber, die Fragezeichen begannen schon nach den ersten zehn Minuten zu wachsen. Wieso spielen wir ohne Rechtsaußen, wo doch ein simples 3-4-3 angezeigt war? Denn der quirlige Momo Kwarteng war ja wohl als Neuneinhalber gedacht, als hängende Spitze hinter und neben Dawid Kownacki. Nominell besetzte Vally Lunddal die rechte Schiene, hatte aber eben keinen Außenstürmer vor sich. Komische Sache, das.
Rein theoretisch waren die Roten in den ersten 45 gar nicht so schlecht – sagt die Statistik. Der optische Eindruck, zumal bei Betrachtung der TV-Bilder, war ein anderer. Zwar gewann Jamil Siebert die meisten Zweikämpfe aller Fortunen, er leistete sich jedoch (wieder? aus Übereifer?) drei katastrophale Fehler, die dann vor allem Käpt’n Hoffmann und Florian Kastenmeier auszubügeln hatten. Und weil Thioune mit Dreierkette spielen ließ und es keinen Rechtsaußen gab, musste Tim Oberdorf immer wieder offensiv aktiv werden, damit auf dem rechten Flügel überhaupt was ging.

Einen hat der Ergebene noch: Wenn doch Dawid Kownacki als einzige Spitze angeordnet war, weshalb ließ der sich so oft – meist rechtslastig – fallen, verwickelte sich (durchaus erfolgreich) in viele Zweikämpfe und war beinahe nie im Sechzehner zu finden, wo er hingehört? Waren das alles taktische Kniffe der Coaches? Oder ist das alles einfach so passiert?
Und trotz allem endete die erste Halbzeit mit einem wunderschön herausgespielten Treffer. Relativ langsam begann der Aufbau, dann übernahm Momo Kwarteng das Ei, trieb es bis etwa 20 Meter vors Tor, um dann einen feinen Pass auf den perfekt einlaufenden Myron van Brederode zu setzen, der dann cool und überlegt quer durch den Sechzehner ins lange Eck einschob. Tolles Tor! Gute Laune unter den angeblich 47.000 Düsseldorfer Zuschauenden.

Wie bei einigen anderen Freispielen waren nämlich deutlich sichtbar Plätze in den Heimbereichen freigeblieben, und draußen an der Haltestelle versuchte ein Schwarzhändler bis kurz vor Anpfiff noch Gratistickets für einen Euro zu verticken. Irgendwas läuft falsch mit den Freispielen. Auch wenn das Konzept „Fortuna für alle“ immer noch in vieler Hinsicht überzeugt, die Sache mit den kostenlosen Karten muss dringend überdacht und überarbeitet werden. Immerhin hatten sich gut 4.100 Lilien-Fans auf den Weg gemacht und ergaben einen deutlich größeren Auswärtsblock, als man das von Darmstadt 98 gewohnt ist.
Wie erwartet versuchten sich die Darmstädter am hohen Pressing; insgesamt relativ erfolglos, denn zumindest in den ersten 45 Minuten entstanden ihre Chancen immer nur auf Basis fortunistischer Fehler. Dementsprechend musste Großtorhüter Kastenmeier nur einmal sein Können auspacken. Sein Gegenüber wurde allerdings auch nicht öfter gefordert – eine Folge der mangelhaften Strafraumbesetzung (siehe oben). Flanken kamen kaum je rein, auch weil der nominelle Linksaußen van Brederode immer wieder in die Mitte zog, Nico Gavory ihn aber ganz selten hinterlief. Und auf der anderen Seite war es nur Lunddal, der ab und an in die Lage kam, in den Sechzehner zu flanken.
Finde den Fehler: Menschen machen Fehler. Schreiber:innen sind Menschen, machen also Fehler. Und Schreiber ohne großes Team hinter sich – wie der Ergebene – machen natürlich auch Fehler. Deshalb unsere Bitte an alle: Wer einen Fehler im Text entdeckt, meldet ihn uns auf einem der bekannten Wege – z.B. per Mail an kontakt@fortuna-punkte.de oder über das Kontaktformular. Wir versprechen, falls wirklich etwas Falsches im Beitrag stand, bedanken wir uns nicht nur, sondern korrigieren es umgehend. Schönen Dank im Voraus!
So war das 1:0 zur Pause ein bisschen glücklich, aber auch nicht unverdient. Würde Cheftrainer Thioune bisweilen in Erwägung ziehen, in der Pause zu wechseln, dann hätte es in dieser Partie Jamil Siebert erwischen müssen, der zunehmend zur Gefahrenquelle mutierte. Da hätte Joshua Quarshie eine Chance verdient gehabt. Und wenn es wirklich Gründe gab, Gio Haag in der 64. Minute vom Platz zu nehmen, dann wäre doch wohl Sima Suso der angemessene Ersatz gewesen. Wäre, wäre, Fahrradkette…

Bis zu diesem nicht nur aus ergebener Sicht spielentscheidenden Wechsel waren die Hausherren eigentlich ganz gut drin in der Partie. Was aber vor allem daran lag, dass sie deutlich wacher aus der Kabine gekommen waren als die Lilien, die nun in der Fehlerstatistik aufholten. Da roch es dann doch recht stark nach dem 2:0. Einen möglichen 3-auf-3-Konter in der 59. Minute verbaselte Myron van Brederode. Aber dann hatten die Fortunen den Gegner im Würgegriff. Und endlich kam auch mal eine Flanke von Gavory ordentlich in die Box. Ein Darmstädter war mit der Birne dran, legte aber genau in den freien Raum ab, in den sich Gio Haag bewegt hatte. Der war superfrei und hämmerte die Pille per Dropkick und mit Schmackes ins Gehäuse.

Da sah dann nichts mehr nach einem Unentschieden oder gar einer Heimniederlage aus. Bis zur 64. Minute, jedenfalls. Und nochmal: Nein, Zimbo Zimmermann trifft nicht die Schuld, wenn überhaupt dann Daniel Thioune mit diesem merkwürdigen, unverständlichen Wechsel. Und wie das so geht. Jeder Kicker muss ständig Entscheidungen treffen, vor allem am Ball und im Zweikampf. Dann macht einer einen Fehler und ärgert sich über sich selbst. Das geht auf die Konzentration. Und weil die Kollegen sehen, dass da einer nach einem Fehler unaufmerksam wird, lassen sie sich anstecken. Das sinnbefreite Einsteigen von Nicolas Gavory, mit dem er einen Darmstädter umlegte, der zuvor ohnehin im Abseits gestanden hatte, mag auch schon seine Ursache in diesem kumulierten Konzentrationsmangel gehabt haben.
So berechtigt dieser Strafstoß war (wenn es denn doch kein Abseits war), so berechtigt wäre auch ein möglicherweise spielentscheidender Elfer für die Fortuna in der 85. Minute geben müssen. Da wird Dawid Kownacki im gegnerischen Sechzehner so plump umgerissen, dass doch wenigstens die kölschen Grottenolme ihre Falschbiergläser hätten beiseitestellen und eingreifen müssen. Aber diese grobe Fehlentscheidung reiht sich nahtlos ein in die schrecklich unausgewogene Leitung von Dr. Kampka, der im Zweifel immer Freistoß für die Gäste gab, wenn einer von denen im Verlauf eines Zweikampfs zu Boden ging. Und im Zu-Boden-Gehen waren die Burschen vom SVD ziemlich gut.

Ein verwandelter Elfer in der 85. Minute hätte das Spiel ziemlich sicher zugunsten unserer verehrten Diva entschieden. Aber, Fußball findet nicht im Konjunktiv statt. Und man kann es unseren Jungs nicht vorwerfen, dass sie nach dem Ausgleich nicht noch versucht hätten, die drei Punkte zu erobern. Leider wurden sie bei diesem Versuch dann erneut durch zweifelhafte Wechsel gebremst. Myron van Brederode, der auch noch nicht müde wirkte, musste für Danny Schmidt vom Platz – okay, kann man machen. Lunddal durch Jona Niemiec zu ersetzen, war dann schon fast das Eingeständnis einer nicht aufgegangenen Strategie, ohne Rechtsaußen zu spielen. Später kamen dann noch positionsgetreu Vince Vermeij für Kownacki und Dzenan Pejcinovic für Kwarteng. Wie gesagt: Alles Kann-man-machen-Wechsel, aber keine Versuche, durch taktische Umstellungen das Ding noch auf die rotweiße Seite zu ziehen.

Der von Bochum ausgeliehene Momo Kwarteng hat sich gut eingeführt, auch wenn er ein bisschen viel wollte und manchmal hektisch bis zappelig wirkte. Den Ergebenen erinnert Momo ein bisschen an Khaled Narey, der ja auch in seinen Vereinen immer missverstanden wurde und bei der Fortuna aufblühte. Er würde ihn aber doch lieber als echten Rechtsaußen sehen. Myron van Brederode, der sich im Interview selbst als „schwierig“ bezeichnete, ist einer der Gewinner des Trainingslagers und hat das gestern auch bewiesen. Ísak Jóhannesson hatte einen eher durchschnittlichen Tag, aber, hey, der ist auch erst 21 und hat noch viel vor sich. Käpt’n Hoffmann spielte aufmerksam wie nicht oft und war dieses Mal eher der Fels in der Innenverteidigung als Tim Oberdorf, der aber auch diverse Zusatzaufgaben zu erfüllen hatte – anfangs sah es fast so aus, als würde er als zweiter Sechser neben Haag spielen.
Auch diese Partie mit dem enttäuschenden Ergebnis zeigte einmal mehr, dass es nicht die Breite und Tiefe des Kaders ist, die unserer Fortuna die Konstanz raubt, sondern die fehlende Konstanz bei der taktischen Ausrichtung. Es ist schon gut, dass die Buben mit dem 3-4-3 und einem 4-4-2 zwei Systeme eingeübt haben, aber – Kumpel Markus strich das heraus – in beiden Grundordnungen müsste es feste Achsen geben, die sich einspielen können. Und nur verletzungsbedingt sollte an denen geschraubt werden. Zumal auch die ominöse „Spielidee“ des Cheftrainers nur dann zum Tragen kommt, wenn sie von einem Grundgerüst an Kickern verinnerlicht wurde und gelebt wird.
Nein, es ist immer noch nicht die Trainer-raus-Schwelle erreicht. Den Rauswurf von Thioune zu fordern, überlässt der Ergebene den Wutfans, die ja nicht anders können. Es ist nur deutlich an der Zeit, dass Daniel Thioune mit dem Schönreden aufhört, öffentlich Selbstkritik übt und daraus Konsequenzen zieht. Das haben sich die Fans der glorreichen Fortuna mit ihrem erneut unermüdlichen Support verdient – und nicht immer wieder Enttäuschungen.
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Wie immer (fast) völlig d’accord, auch wenn DT die Geduld der Geduldigen schon sehr strapaziert. Die überraschende Auswechslung von G. Haag kann man sicher leicht erklären: Gelb-vorbelastet und ein kartenfreudiger Hallodri, auch manchmal sogenannter Unparteiischer
Die Auswechslung von Haag ist dem Schiri geschuldet. Die gelbe in der Anfangsphase gab es nach klarer (nicht geahndeter) Abseitsstellung eines Darmstädters und Gio hat sich bis zur Halbzeitpause noch ein par Fouls geleistet, so dass ich schon von einem Wechsel in der Pause ausgegangen bin. Daher klar verständlich.
Wann lernt es denn Herr Kastenmeier endlich, wenigstens seinen 5-Meter-Raum vor dem Tor zu beherrschen und ankommende Flanken vor den Gegen-spielern wegzufausten? (Relegations-Rückspiel zweimal und jetzt wieder beim 2:2)