Euer Ergebener

Fortuna-Punkte: Friedhelm Funkel ist unentlassbar

Beinahe wäre ich mit einem, ähem, langjährigen Beobachter der Düsseldorfer Fortuna eine Wette eingegangen, nämlich, dass Trainer Friedhelm Funkel de facto unentlassbar ist. Nun wette ich maximal „um die Ehre“, sodass ich mit meiner Aussage kein materielles Risiko eingehe. Außerdem würde ich mir von Herzen wünschen, dass die F95-Verantwortlichen selbst dann nicht zu einem banalen Trainerrauswurf greifen, wenn sich der spochtliche Erfolg auch in der Rückrunde nicht einstellt. Das will ich gern begründen.

Nach dem schmerzhaften 7:1-Magenboxer rührten sich natürlich die ersten Flachhirne, die sich für Fortuna-Fans halten, und murmelten in den sozialen Medien und den Foren schon mal „Funkel raus“. Geschrien hat’s noch niemand, was aber auch daran liegt, dass sich an jenem denkwürdigen Freitagabend in Frankfurt am Main vor allem solche Menschen im Waldstadion versammelten, die diesen geilsten Club der Welt bedingungslos lieben. Das bewies – initiiert von den so oft gescholtenen Ultras – der gesamte Stehblock (minus derjenigen, die’s nicht bis zum Ende ausgehalten hatten), der nicht nur „Marmor, Stein und Eisen bricht“ anstimmte, sondern den abgewatschten Jungs in Weiß aufmunternden Applaus spendete.

Klassische Sofahocker pöbeln

Die Online-Pöbler, die einen Fortuna-Spieler schon mal „Scheißtyp“ nennen, das wissen wir inzwischen, sind vorwiegend klassische Sofahocker, die meinen, sie seien Fan, weil sie Geld für ein Sky-Abo rausgeworfen haben. Und diejenigen, die sich trotz Dauerkarte und jahrelangem Besuchen der Heimspiele mal im Ton vergreifen, sind in aller Regel während und kurz nach einer Partie so angefasst, dass sie verbal ausrasten – und denen ist es später bisweilen peinlich. Wer aber trotz dieser unheilbaren Leidenschaft für diese unberechenbare Diva wüst auf Spieler und Trainer schimpft, führt gern Argumente an, die er für „sachliche Gründe“ hält. Viele davon sind nur nachgeplapperte Spochtrepochter-Floskeln wie die vom Trainer, der die Mannschaft nicht mehr erreicht, und ähnlich schmierölpsychologischer Humbug.

Was die Kritik am Trainer einer erfolglosen Mannschaft angeht, gibt es tatsächlich nur zwei Dinge, die man dem Coach und seinen Zuarbeitern ernsthaft zur Last legen: Er wählt fortgesetzt falsche taktische Aufstellungen und er schafft es nicht, die Kicker besser zu machen bzw. dauerhaft an den Rand ihres Talents zu bringen. Fragen wir Liebhaber der glorreichen Fortuna uns also zuerst: Stellt Funkel falsch auf? Wählt er falsche Systeme? Formuliert er Spielpläne, die zum Scheitern verurteilt sind? Vorausgeschickt: Kein noch so erfolgreicher Fußball-Coach dieses Universums stellt immer die richtigen Spieler auf den Rasen, keiner. Niemand aus dieser Zunft findet für jede Partie den besten Plan. Und es wurde noch kein Trainer geboren, der jederzeit das exakt richtige Spielsystem anordnet.

Funkel holt das Optimum heraus

Bei Friedhelm Funkel hat ja schon nach seinem Amtsantritt überrascht, wie modern er arbeitet. Heißt: Wie viele mögliche taktische Aufstellungen und Spielsysteme er und seine Assistenten entwickeln und per Training umsetzen lassen. In der aktuellen Erstligasaison zeigt sich, dass der Faltige aus Neuss auf diese Weise vermutlich das Optimum aus dem Leistungs-Pool des zur Verfügung stehenden Kaders herausholt. Es ist ja schon eine Binsenweisheit, dass F95 mit einem kumulierten Transferwert (…was ein ziemlich zynischer und rein virtueller Faktor ist.) operiert, der immer maximal bei der Hälfte der Summe des jeweiligen Gegners liegt – Nürnberg mal ausgenommen.

Nur so waren die teilweise berückenden Auftritte des rotweißen Teams gegen Gegner wie Leipzig, Hoffenheim, Leverkusen und Schalke möglich – die bis auf ein Spiel leider nicht die erhofften Punkte brachten. Weiter: Nachdem sich die F95-Abwehr gegen Augsburg zweimal durch verlorene Kopfballduelle düpieren ließ, wurde auf Anordnung des Cheftrainers das Köpfen geübt – bis zum Platzen der Stirnhaut. Ergebnis: Es kam so nicht wieder vor. Überhaupt ist dieser Friedhelm Funkel, was die Flexibilität und Variabilität des Trainings angeht, einer der modernsten Trainer der oberen beiden Bundesligen überhaupt.

Macht Funkel die Spieler besser?

Kommen wir zu der wesentlich gefährlicheren Frage: Macht der ewige Trainer seine Spieler besser? Lässt sich nicht eindeutig beantworten, weil es so’ne und solche Kaderinsassen gibt. Zwei Kollegen sind unter Funkel – über seine gesamte Ära gerechnet – deutlich besser geworden: Kaan Ayhan und Marcel Sobottka. Mit Abstrichen gilt das auch für Andre Hoffmann und Niko Gießelmann. Aber die vier waren ja schon in Liga 2 dabei. Wie sieht es denn in dieser Hinsicht zum Beispiel mit Benito Raman und Rouwen Hennings aus? Während der gute Rouwen seinen Stil (Lieber mit dem Rücken zum Tor stehen als einen Zweikampf zu verpassen.) gnadenlos verfolgt, verfängt sich Kollege Benito immer mehr in der Spielweise, mit der er in der zwoten Liga so brillierte: Rennen, Zweikämpfe annehmen, dribbeln, Seiten wechseln etc. Die Torgefahr liegt mittlerweile bei null, und das mit den gefährlichen Flanken, das ist aktuell schlechter als vor einem Jahr. Jean Zimmer ist über alles gerechnet besser geworden, kann seine Leistung aber nicht jederzeit reproduzieren.

Ob die neuen Spieler besser geworden sind, lässt sich nach acht Spieltagen noch nicht wirklich beurteilen. Dass beispielsweise Marvin Ducksch keine Hütten macht, hat mehr damit zu tun, dass in Kiel das gesamte Offensivsystem auf ihn zugeschnitten war – was bei der Fortuna nicht der Fall ist und auch nicht sinnvoll wäre. Bei Matthias Zimmermann und Alfredo Morales kann man davon ausgehen, dass sie sich verbessert haben, weil sie – ebenso wie der stabile Marcin Kaminski – im Gegensatz zu ihrer vorherigen Station Stammspieler geworden sind. Bei den anderen lassen sich noch keine Aussagen machen.

Das Peter-Hermann-Syndrom

Womit wir zum Peter-Hermann-Syndrom kommen. Denn nach allem, was man in den letzten zwei Jahren beobachten konnte, lag die Aufgabe, die Spieler zu verbessern im Wesentlichen in den Händen des Mannes, der seinem Busenfreund Jupp zum fürchterlichen FCB gefolgt ist. Ja, man kann sagen: Spieler besser machen ist die Spezialität des Peter Hermann. Dass seinen Nachfolger auf den Co-Stühlen ihm nicht mal das Wässerchen reichen können, steht außer Frage, und gerade für Axel Bellinghausen käme ein solcher Anspruch gut zehn Jahre zu früh. Stellen wir die steile These auf: Mit Herrn Hermann wäre das Niveau des Fortuna-Kaders 2018/19 höher.

Und trotzdem… Man kann ja regelmäßig Brechdurchfall bekommen, wenn irgendwelche Typen schwadronieren, der Trainer sei das schwächste Glied und so sei nun mal das Fußballgeschäft. Die Coaches selbst scheinen ja schon fast an ein Naturgesetz zu glauben, dass ein Rauswurf quasi unvermeidbar ist. Zynisch wird darüber spekuliert, wer der nächste Bundesligatrainer ist, den man schasst. Und dann ist da der SC Freiburg, der ja auch in anderen Fragen, sagen wir: unkonventionell agiert. Der trennt sich nämlich nicht bloß von einem tollen Trainer, weil es spochtlich nicht läuft oder man gar absteigt. Das hat Tradition in Freiburg, und weil dieser Club in mancher Hinsicht zum Vorbild für die Fortuna taugt, könnte ein vergleichbarer Brauch auch bei uns einziehen.

Funkel bleibt unentlassbar

Das alles belegt die These vom unentlassbaren Friedhelm Funkel natürlich nicht. Denn die beruht auf einer ganz anderen Annahme. Wer den Neusser kennt und in verschiedenen Situationen erlebt hat, wird sich sicher sein: TSV Fortuna Düsseldorf 1895 wird die letzte Station in seinem Trainerleben sein (Es sei denn, Uerdingen kommt in die zweite Liga und braucht in einer Krise einen neuen Coach…). Der Mann ist Neusser und Niederrheiner durch und durch, und der Rheinländer strebt immer nachhause. Eigentlich ist der Friedhelm jetzt da, wo er schon immer hingehört. Hätten wir Vorstände, die sowas für sentimentalen Quatsch halten, würde denen diese Heimatliebe am Heck vorbeigehen.

Und weil dem nicht so ist, lässt sich nur ein Szenario denken, das dazu führt, dass Friedhelm Funkel nicht mehr Trainer der Fortuna ist: Er tritt freiwillig zurück, weil er erkennt, dass er nicht mehr der Richtige für die Mannschaft ist. Vorstellbar? Nein, bei einem Typen wie dem Friedhelm, der ja auch eine Menge Stures an sich hat, ist das nicht vorstellbar.


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8 Gedanken zu „Fortuna-Punkte: Friedhelm Funkel ist unentlassbar

  • Vieles ist meiner Meinung nach richtig. Doch die Aufstellung hinterfrage ich. Morales, Zimmer, Bodzek sind da für mich die Hauptbaustellen. Besonders der alte Fahrensmann Bodzek ist lange, lange über seinen Zenit hinaus und hat einfach nicht mehr das Niveau für einen Platz in der Startelf. Bormuth sollte spielen. Ich verstehe sowieso nicht, warum Funkel den Jungen immer wieder raus nimmt. Ich hinterfrage auch Funkels Taktik. So völlig ohne Außenstürmer geht es nicht, dann kommen eben auch keine guten Flanken in den Sechzehner. Jean Zimmer ist Außenverteidiger und kann das nicht ausfüllen. Von daher bin ich der Meinung, dass Funkel nicht gefeuert werden sollte, er könnte allerdings über seinen Schatten springen und einiges ändern (mit Usami, Lovren, Barkok, Dodi gäbe es Alternativen). Das hat er in der Vergangenheit schon häufiger getan und es ist meist gut ausgegangen…

    Antwort
  • Die Mannschaft ist nur so gut wie der Trainer sie Aufstellt…Und sorry,
    der Herr Funkel stellt scheiße auf….

    Antwort
  • Ich bin da eher bei Rainer. Es ist noch viel zu früh, für eine Prognose. Zwei Spiele sind mehr als voll in die Hose gegangen (Nürnberg und Frankfurt), der Rest war für einen Aufsteiger nicht verkehrt. „…stellt scheiße auf … “ will ich das nicht nennen.

    Einzig bei Bodzek habe ich meine Zweifel, was Geschwindigkeit und Reaktionsvermögen angeht. Aber ich glaube schon, das FF nicht blind ist und darüber hinaus mehr Fachmann ist, als alle Fans oder Kommentatoren in den Foren rund um Fortuna, mich eingeschlossen. In der Vergangenheit hat er auch immer wieder reagiert und umgestellt. Ich bin sicher, dass wird auch am Samstag gegen die VW-Bonzen so sein.

    Funkel zu entlassen, wäre das Dümmste, was F95 jetzt machen könnte. Wird auch nicht passieren, da bin ich ganz sicher. Wir sind doch nicht auf dem Niveau des HSV ;-). Ausserdem sehe ich gerade keine Alternative.
    Nee, Stand jetzt würde ich mit Funkel auch wieder in die 2. Liga gehen, sollte es so kommen.

    Am Samstag in der Arena erwarte ich wieder eine ganz andere Fortuna, ich bin schon ziemlich gespannt.

    Antwort
    • Unterschreibe ich so 1:1

      Antwort
  • Ich bin auch dafür wieder mit Funkel in die zweite Liga zu gehen.

    Antwort
  • Leute was habt ihr erwartet? Das wir die Liga rocken? Beispiel an Freiburg nehmen halte ich für eine gute Idee!!

    Antwort
  • Das war vor 10 Wochen.
    Jetzt wird er zwar (noch) nicht entlassen, ist aber in weniger als 5 Monaten trotzdem Fortuna-Geschichte.
    Warum auch immer…

    Antwort

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