Spielberichte

F95 vs Kiel 3:0 – Im Stil eines Aufsteigers

Der Spielfilm der Partie zwischen der glorreichen Fortuna und Holzbein Kiel ist schnell erzählt: Drei brillante Spielzüge, drei Tore – innerhalb von 10 Minuten. Noch Fragen?

Bericht · Auf dem Platz stand eine rote Startelf, wie sie so noch nie auf dem Platz stand. Da hätte man sich als F95-Fan schon Sorgen machen können, aber sowohl das kongeniale Mittelfelddreieck aus Tim Oberdorf, Elo Fernandes-Neto und Shinta Appelkamp als auch die stürmende Dreierreihe aus Daniel Ginczek, Kris Peterson und vor allem Emma Iyoha machten das Spiel – im Wortsinn. Dazu die beiden Schienenspieler Nicolas Gavory und Zimbo Zimmermann, die exakt das machten, was Schienenspieler machen müssen und die betonfeste Innenverteidigung bestehend aus Käpt’n Hoffmann und Chris Klarer; nicht zu vergessen unser Tormann Nr. 1 Flo Kastenmeier. Hammer se alle? Ja… [Lesezeit ca. 6 min]

F95 vs Kiel: Aufgalopp der Einlaufkinder (Foto: FP)
F95 vs Kiel: Aufgalopp der Einlaufkinder (Foto: FP)

Nach dieser Einleitung erübrigt sich auch die Frage nach dem Spieler des Tages, denn die stellt sich – das hat der Ergebene ergrübelt – nur, wenn es eine deutliches Leistungsgefälle unter den Kickern gab. Gab es gestern nicht. Schlimmstenfalls waren Burschen wie Emma und Shinta ein, zwei Ticken besser als die Kollegen, maximal. Positiv überrascht haben die Kollegen, die in letzter Zeit doch oft und manchmal zu Unrecht scharf kritisiert wurden: Daniel Ginczek, immer noch nicht auf voller Flughöhe, lieferte die beste Partie seit langem, war ein ständiger Störenfried im Kieler Drittel und leitete mit einer perfekten Kopfballverlängerung das 1:0 ein. Dazu später mehr.

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Auf Hoffis Konto erscheint heute nicht nur das 2:0, das er mit einem optimalen, wuchtigen Kopfball erzielte, und auch nicht nur sein fehlerfreies Defensivspiel, sondern dass er endlich mal wieder aktiv und in bester Kooperation mit dem Mittelfelddreieck an der Spieleröffnung teilnahm. Die Folge: Schon lange nicht mehr wurde so wenig hintenrum gespielt wie gestern. Überhaupt war es der Tag der langen Pässe. ENDLICH haben die Coaches den Jungs Diagonalpässe ins Rezeptbuch geschrieben – immer noch das beste Mittel eine massierte Defensive auseinanderzuziehen.

F95 vs Kiel: Der Strafstoß sitzt zum 3:0 (Screenshot: ARD Sportschau)
F95 vs Kiel: Der Strafstoß sitzt zum 3:0 (Screenshot: ARD Sportschau)

Aber, zurück zum Herrn Ginczek, der sich von den Fans und Experten ungerecht behandelt fühlt, was er durch fußballertypische Gesten nach seinem verwandelten Elfer deutlich machte: nix sagen, nix hören. Ja, er ist nicht wirklich spritzig, ja, er wirkt oft hüftsteif, und manchmal dauerte eine Drehung zu lange. Aber er ist ein Vollblutfußballer, der im Rahmen seiner jeweiligen körperlichen Verfassung alles gibt. Vergesst nicht: Der Mann ist 32 und hat in seiner Karriere viele, viele Verletzungen zu erleiden gehabt. Der Ergebene schätzt, dass wir den Ginni nächste Saison noch gut gebrauchen können.

F95 vs Kiel: Hoffis wuchtiger Kopfstoß sitzt zum 3:0 (Screenshot: ARD Sportschau)
F95 vs Kiel: Hoffis wuchtiger Kopfstoß sitzt zum 3:0 (Screenshot: ARD Sportschau)

Das gilt auch für Käpt’n Andre Hoffmann, dessen Vertrag, findet der Ergebene, noch einmal um ein Jahr verlängert werden sollte. Und wenn eventuell auch nur mit dem Gedanken, ihn im Wintertransferfenster gegen eine Ablöse abzugeben. Womit wir bei den Abgängen sind. Die Ära Kownacki, das ist hundertprozentig sicher, geht mit dem 34. Spieltag zu Ende. Dass auch Micky Karbownik danach nie wieder die rotweißen Farben tragen wird, steht auch schon (so gut wie) fest. Daniel Thioune betonte in der Pressekonferenz nach dem Spiel übrigens, dass dies nicht der Grund war, dass die beiden nicht von Beginn an auf der Wiese standen.

F95 vs Kiel: Die Süd mit den Vorbereitungen für die Choreo (Foto: FP)
F95 vs Kiel: Die Süd mit den Vorbereitungen für die Choreo (Foto: FP)

Wie er komischerweise auch betonte, dass sein gandalf-artiger Spruch über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nicht bedeutet, dass demnächst nur noch die Jungspunde antreten werden. Schade eigentlich, denn wenn schon wieder ein Umbruch ansteht, dann sollten die fürs Sportliche Verantwortlichen doch endlich mal wirklich den Plan ins Auge zu fassen, um ein paar erfahrene Stützpfeiler herum ein wirklich junges, frisches Team zu basteln – das Potenzial ist im fortunistischen Nachwuchs da, und die Fans wünschen sich das.

Finde den Fehler: Menschen machen Fehler. Schreiber:innen sind Menschen, machen also Fehler. Und Schjreiber ohne großes Team hinter sich – wie der Ergebene – machen natürlich auch Fehler. Deshalb unsere Bitte an alle: Wer einen Fehler im Text entdeckt, meldet ihn uns auf einem der bekannten Wege – z.B. per Mail an kontakt@fortuna-punkte.de oder über das Kontaktformular. Wir versprechen, falls wirklich etwas Falsches im Beitrag stand, bedanken wir uns nicht nur, sondern korrigieren es umgehend. Schönen Dank im Voraus!

Apropos: Wieder einmal haben unsere vereinigten Ultras eine Choreo vom Allerfeinsten präsentiert. Die motivierende Wirkung der Fahnen, Transparente und Gesänge bezeugte nicht nur Trainer Thioune sondern mehrere Spieler. Umso schöner, dass wir gestern einen kraftvollen Support wie lange nicht mehr in der Arena erlebt habe. Euer vollkommen ergebene F95-Liebhaber ist sich sicher, dass es vor allem daran lag, dass Kapo Marvin auf altbewährtes Liedgut zurückgriff und auf das Anstimmen der neuartigen Kitschsongs verzichtete. Immer wieder schön: „Wir alle singen jetzt ein Lied“ (inkl. Äff-Zäh- und RWE-Beschimpfung) und der 95-Olé-Gesang, bei dem von 60 aus hochgezählt wird. Vorteil dieses Repertoires: Da machen die Damen und Herren auf der ganzen Süd und auf den Sitzplätzen gern mit, weil sie die Texte kennen.

F95 vs Kiel: Die wunderbare Choreo (Screenshot: ARD Sportschau)
F95 vs Kiel: Die wunderbare Choreo (Screenshot: ARD Sportschau)

Jedenfalls zogen die Roten den Holzbeinen innerhalb von 24 Minuten sämtliche Zähne. Denn der Angriffswirbel begann schon in Minute 1. Die Aufzeichnung belegt übrigens, dass die Kieler auf das gebotene 4-3-3 der Fortunas null eingestellt waren und 30 Minuten lang in der Abwehr vollkommen falsch standen. Ein ums andere Mal meinte des Ergebenen 41er-Block-Stehnachbar Michael: Boah, haben die viel Platz auf der linken Seite! Tatsächlich konnten Nicolas Gavory und Emma Iyoha auf ihrem Flügel bis zur Systemumstellung der Holsteiner machen, was sie wollten.

F95 vs Kiel: Der Ergebene - mittendrin statt nur dabei (Foto: FP)
F95 vs Kiel: Der Ergebene – mittendrin statt nur dabei (Foto: FP)

Auch in der Offensive versuchten es die Gäste eher durch die Mitte, was erstmal brotlos blieb. Es dauerte bis zur 32. Minute. Da hatte ausgerechnet Skrzybski eine Art Torchance. Genau der Herr Skrzybski, der weitestgehend unsichtbar blieb. Im Gegensatz zum Herrn Reese, der in der zweiten Halbzeit die wesentliche Rolle im Kieler Spiel geben sollte. Der Ergebene ist der Ansicht, dass der Kieler Trainer Rapp die Verantwortung für das Desaster der ersten Hälfte übernehmen sollte, weil sein Team falsch auf- und eingestellt war.

F95 vs Kiel: Kaste beim Warmmachen (Foto: FP)
F95 vs Kiel: Kaste beim Warmmachen (Foto: FP)

Immerhin erkannte er das Vergebliche seines Tuns und stellte zum Start der zweiten Halbzeit auf eine echte Viererkette um und staffelte die Offensive neu. Begonnen hatten die Kieler mit einer Dreier-Fünferkette, die überhaupt nicht funktionierte. Außerdem kamen sie offensiv jetzt zunehmend über die Flügel. Und dann hatte Rapp auch noch diesen kaum zu bändigenden Wriedt gebracht, der in der Lage war, ganz allein drei, vier fortunistische Defensivkräfte zu binden. Später hatte der immer mindestens einen Roten am Trikot hängen, und die Hausherren können sich bei Schiri Arnik für seinen Laissez-faire-Stil bedanken. Das hätte auch in Form von einem Hagel gelber Karten schiefgehen können.

F95 vs Kiel: Kownacki kommt dann doch noch (Foto: FP)
F95 vs Kiel: Kownacki kommt dann doch noch (Foto: FP)

Auch wenn es doch recht viele Verletzungspausen gab und Mannschaftsarzt Ulf Blecker ein paar Mal aufs Feld sprinten musste: Es war ein durchaus faires Spiel. Und dass bei – gerade in der ersten Halbzeit – ausgesprochen intensiven Zweikämpfen. Die wurden vor allem von Trainer Thiounes Schützlingen so intensiv geführt, wie er sich das immer wünscht. Zur Pause hatte die Zweikampfquote mit fast 60 Prozent zugunsten der Fortunen ausgeschlagen.

F95 vs Kiel: Das sehr schöne 1:0 durch Shinta (Foto: FP)
F95 vs Kiel: Das sehr schöne 1:0 durch Shinta (Foto: FP)

Die Kieler Umstellungen führten zu einem absolut ausgeglichenen Spiel. Es wäre auch ein Fehler zu behaupten, F95 hätte das Tempo gedrosselt oder einen Gang rausgenommen. Sie gerieten einfach viel mehr unter Druck. Bei 0:3 hat ein Gegner ja auch gar keine andere Wahl als auf Sturm zu stellen, also – wie es so schön heißt – aufzumachen. Und an dieser Stelle muss euer Ergebener die stärkste Kritik an den Buben loswerden: Das Konterspiel funktionierte kaum. Dabei standen die zweieinhalb Offensivkräfte immer so wie es sich gehört, aber die Bälle nach vorne waren durchweg zu ungenau. Schade, denn ein, zwei weitere Tore aus dem Umschaltspiel heraus hätten was fürs Torverhältnis getan.

F95 vs Kiel: Der Dank der Fans geht dieses Mal auch an die Coaches (Foto: FP)
F95 vs Kiel: Der Dank der Fans geht dieses Mal auch an die Coaches (Foto: FP)

Am Ende hatten die Kieler dann genauso viele Torschüsse auf dem Konto wie die Unsrigen, aber so richtige Hundertprozenter waren nicht dabei, was dazu führte, dass Flo Kastenmeier maximal zweimal zeigen konnte, was er drauf hat. So richtig lag ein Anschlusstreffer nie in der Luft, was sich in einem xGoals-Wert von 0,96 für Holstein manifestiert.

F95 vs Kiel: Ohne Worte! (Foto: FP)
F95 vs Kiel: Ohne Worte! (Foto: FP)

Um den Sonntag zu versüßen hier als Nachtisch die Schilderung der drei Tore:
1:0 in der 15. Minute: Emma Iyoha kriegt einen weiten Ball, kommt bis zur Grundlinie und flankt unter Druck in Richtung Elfmeterpunkt. Daniel Ginczek steht in der Flugbahn und hat den heranstürmenden Shinta Appelkamp im Augenwinkel. Als köpft er dem das Ei zu. Shinta hämmert die Kugel humorlos und wie ein Abstauber ins Gehäuse.
2:0 in der 19. Minute: Shinta Appelkamp, unser Eckenkönig, tritt eine solche von rechts ziemlich genau auf den Elferpunkt, wo Käpt’n Hoffmann völlig blank hochsteigt und die Pille mit maximalem Druck in die Bude wuchtet.
3:0 in der 24. Minute: Emma Iyoha läuft ein geniales Solo, dringt in den Holsteiner Sechzehner ein, wo er klug einen Gegner kreuzt, dem gar nichts anderes übrigbleibt als ihn umzunieten – Strafstoß! Daniel Ginczel verwandelt mit maximaler Sicherheit flach nach rechts.

F95 vs Kiel: Die übliche Nachbesprechung (Foto: FP)
F95 vs Kiel: Die übliche Nachbesprechung (Foto: FP)

Leider hat Pauli gestern in Darmstadt gewonnen und noch leiderer nun ein Tor mehr als die Fortuna. Damit sind sie Vierter, sodass es am kommenden Samstag zum Spitzenspiel zwischen dem Vierten und dem Fünften am Millerntor kommt. Nur wer gewinnt, darf sich danach noch HSV-Verfolger nennen und auf den Relegationsplatz hoffen. Denn rein rechnerisch…

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