Vorbericht: Braunschweig vs F95 – Formstärke gegen Mentalität
Samstagmittag tritt unsere mentalstarke Fortuna im Eintracht-Stadion zu Braunschweig in einem schweren Spiel gegen den formstarken BTSV an
Analyse · Schlägt Form Mentalität? Man weiß es nicht, zumal beide Begriff durch eine erhebliche Unschärfe gekennzeichnet sind. Ja, die Braunschweinchen haben einen veritablen Lauf; nicht nur wegen drei Siegen und drei Unentschieden in den letzten sechs Partien, sondern weil die drei Triumphe gegen die Zweitligaschwergewichte HSV, Paderborn und K’lautern eingeheimst wurden. War der Sieg gegen den SCP noch ein wenig glücklich, war die Leistung beim 4:2 in Hamburg absolut überzeugend. Wenn der BTSV am Samstag so spielt, wird es sauschwer für die Flingeraner. Vielleicht aber haben die Niedersachsen auch schon einen Hauch Hybris in sich – den könnten unsere Jungs mit ihrer Mördermentalität zum Verdampfen bringen. [Lesezeit ca. 5 min]
So ganz leicht lässt sich die Spielidee von BTSV-Coach Scherning nicht entschlüsseln, wobei das von ihm bevorzugte 3-3-2-2 unter Kennern als das derzeit flexibelste aller Systeme gilt, weil es je nach Gegner als 5-3-2 sehr defensiv oder als 3-5-2 mittelfeldorientiert und schließlich als echtes 3-3-2-2 auf Konter ausgerichtet gespielt werden kann. Dagegen hilft aber nicht irgendein anderes System, sondern … ebenso viel Flexibilität; und die haben die Fortunen in den letzten Monat gelernt.
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Das Gegnerporträt
Dass der BTSV 2013 in die erste Bundesliga aufstieg, hat Fußballromantiker in ganz Deutschland erfreut und verblüfft. Aus heutiger Sicht muss man diesen eintagsflüggen Erfolg dem damaligen Trainer Lieberknecht zumessen, der volle zehn Jahre an der Braunschweiger Seitenlinie Dienst tat und Mannschaften formte, die sich kontinuierlich verbesserten und schließlich in Liga 1 aufstiegen – wo sich dann aber zeigte, wie sehr das Team am Rande seiner Möglichkeiten gekickt hatte. In den folgenden drei Zweitligajahren spielte die Eintracht oben mit, und 2018 stürzte sie ab in Liga 3; Lieberknecht war weg und ging zum MSV.
Der Umbruch nach dem Absturz war tiefgreifend, und es nimmt nicht weiter Wunder, dass sich der BTSV bis heute noch nicht wieder erholt hat. Tatsächlich erleben wir aber genau in diesen Wochen so etwas wie eine Renaissance beim Deutschen Meister von 1967. Und zwar auf allen Ebenen. Das ist erfreulich, denn – siehe oben – Deutschlands Fußballromantiker sehen die Braunschweiger gern in einer der beiden oberen Ligen. Nach der kleinen Serie sieht es so aus, als könnten sie sich erneut in der zweiten Bundesliga halten. Da sich ihre wirtschaftliche Situation verbessert hat, könnten sie – so sie tatsächlich dem Abstieg entgehen – in der kommenden Saison ein bisschen weiter oben mitmachen.
Trainer Scherning und gefühlt zwei Drittel des Kaders haben das Zeug dazu. In der aktuellen Truppe gilt es vor allem, Lino Tempelmann, eine S04-Leihgabe, zu beachten, denn der Typ hat in vieler Hinsicht ähnliche Qualitäten wie unser Ísak. Ist Tempelmann kaltgestellt, verliert der BTSV-Angriff einigermaßen an Schärfe. Schwierig zu verteidigen ist die Eintracht auch, wenn sie vorwiegend auf Konter setzen, was sie immer dann tun, wenn der Gegner scheinbar überlegen ist. Aber das hat F95-Chefcoach Thioune erkannt und in der Pressekonferenz zur Partie auch benannt.
Die Fakten:
Tabelle:
Platz | Verein | Spiele | S | U | N | Punkte | Tore |
---|---|---|---|---|---|---|---|
6. | Fortuna | 31 | 13 | 10 | 8 | 49 | 51:46 |
8. | Braunschweig | 31 | 8 | 10 | 13 | 34 | 35:55 |
Ausfälle:
F95: Sobottka, Rossmann, Kwarteng, Vermeij, Pejcinovic, Iyoha
Braunschweig: 6 Spieler
Info:
Samstag, 3. Mai 2025, 13:00 im Braunschweiger Eintracht-Stadion
Schiri: Daniel Schlager: Hat Fortuna zuletzt gepfiffen am 8. Dezember 2024 gegen Braunschweig.
TV: Sky (€) / Wow (€)
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Spielplan, System, Aufstellung
Es wird ein in jeder Hinsicht verdammt schweres Spiel. Da hilft auch das Beschwören von Statistiken nichts, die besagen, dass die Fortuna zuletzt vor acht Jahren gegen den BTSV verloren hat, dass sie im Hinspiel beim 5:0 total überlegen waren und dass Trainer Thioune überhaupt noch nie gegen die Eintracht verloren hat. Müsste der Ergebene einen Matchplan formulieren, würde er das Wort „Vorsicht“ häufig verwenden. Die Braunschweiger mit Hurra-Fußball aus dem eigenen Stadion schießen zu wollen, wäre der schlechteste aller denkbaren Ansätze. Als möglicher Aufstiegskandidat aber auf die Offensive zu verzichten, wäre genauso blöd. Es wird um die richtige Balance gehen und darum, erstmal herauszufinden, was die Hausherren anstellen wollen. Es riecht nach dem ganz großen Abtasten. Könnte also zäh werden.
Um mindestens so flexibel zu sein wie die Braunschweiger, bedarf es derselben Flexibilität in Sachen Systematik und Aufstellung. Thioune & Kollegen könnten natürlich auch einfach ein 3-3-2-2 beziehungsweise 3-5-2 aufbieten und selbst auf Konter setzen. Die Teams würden sich neutralisieren, und am Ende stünde ein 0:0. Hilft keinem. Der Ergebene plädiert für eine Dreierkette, eine Spitze und ein maximal flexibles und asymmetrisches System dazwischen. Wenn es stimmt, dass die Eintracht die meisten Tore aus dem Spiel heraus über den rechten Flügel ihrer Defensive kassiert, dann muss der offensiv „überladen“ werden, wie es im Jargon heißt.
Zweitens: Mehr als die Hälfte aller Buden mussten sie nach Standards hinnehmen; besonders nach Ecken, weil sie Schwierigkeiten beim Verteidigen von hohen Bällen im eigenen Strafraum haben. Und wenn es der Gegner schafft, die Box mit richtig viel Personal zu bestücken, geht ihnen bisweilen die Zuordnung flöten und sie kriegen die Dinger in die Maschen.
Und was schließen wir daraus? Das F95-Team wie es zum Schluss gegen Nürnberg auf dem Platz stand, wäre annähernd ideal; kurz gesagt: Shinta Appelkamp und Danny Schmidt gehören in die Startelf. Der ebenfalls herausragende Emma Iyoha kann leider wieder nicht mitmachen. Um den rechten Defensivflügel der Gastgeber zu beackern, muss Myron van Brederode außen spielen. Jetzt kommt’s: Auch wenn Dawid Kownacki fitter ist als noch vor einer Woche, würde der Ergebene ihn auf der Bank lassen. Stattdessen würde Danny Schmidt die für ihn typische Variante einer Spitze geben, die eben nicht immer ganz vorne steht, sondern aus dem Halbfeld einläuft.
Dazu passen die Spielintelligenz von Shinta Appelkamp und Ísak Jóhannesson perfekt, zumal die sowohl horizontal als auch vertikal nach Belieben rochieren können. Außerdem liefern die beiden gefährliche Freistöße und Ecken auf Zuruf. In dieser Offensivanlage braucht es zwei echte Außenstürmer, also auf dem linken Flügel Myron van Brederode und gegenüber unbedingt Jona Niemiec, der den Vorteil mitbringt, körperlich stark gegen die nicht immer sicheren Innenverteidiger zu arbeiten.
Mit diesem Ansatz ist eine Dreierkette (Käpt’n Hoffmann, Tim Oberdorf, Jamil Siebert) beinahe alternativlos. Auch, weil es in dieser Konstellation keine Schienenspieler, also verkappte Außenverteidiger braucht. Dafür lastet sehr viel Verantwortung auf den beiden Sechsern, die der Ergebene als Gio Haag und Zimbo Zimmermann sieht. Haag wird sich unter Gegnerdruck in die Dreierkette einreihen, Zimmermann genießt davor einen Hauch Narrenfreiheit, darf als bei Bedarf als Schienenpartner von Niemiec fungieren oder Appelkamp so entlasten, dass der weiter vorne rumturnen kann.
Enorme Bedeutung wird den Jungs auf der Bank zukommen, denn mindestens drei von ihnen wären nicht nur Einwechselspieler, sondern Akteure, mit denen das System und sogar der Spielplan fundamental geändert werden kann; also beispielsweise Dawid Kownacki als zweite Spitze, Nico Gavory und/oder Valgeir Lunddal als echte Außen einer Viererkette. Die Bank wird voll besetzt sein, weil aus dem Nachwuchs Hamza Anhari und Jan Boller mitfahren werden. Mo Heyer steht als Austausch für Zimmermann parat, und eventuell könnte sogar Dennis Jastrzembski ein paar Einsatzminuten bekommen.
Der Tipp
Die drei, ach, so unterschiedlich tickenden Körperregionen des Ergebenen haben zunächst mitgeteilt, dass sie zu diesem Spiel keine Vorhersagen machen wollen. Unter massivem Zwang hat das Herzchen sich einen 1:0-Auswärtssieg abgerungen. Der Bauch hat nach einer sättigenden Mahlzeit zu Protokoll gegeben, dass er ebenfalls einen Sieg der Glorreichen sieht, und zwar mit einem Treffer Unterschied. Der Kopf hat sich vorsichtshalber krankschreiben lassen und wird mit Aspirin gefüttert.
Wie wär’s? Ein Arena-Alt (5,50€) pro Vorbericht – einfach per Paypal ausgeben:
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Bis auf Niemiec kann ich mit der Ergebenen Aufstellung leben. David wäre für mich aus zwei Gründen die sinnvollere Option: er ist torgefährlicher und arbeitet mehr für die Mannschaft.
In jedem Fall wird es das Schwerste der letzten 3 Spiele. Geht es für unsere Fortuna verloren, war’s das für diese Saison. Auch 1 Punkt scheint nach dem Sieg von Paderborn zu wenig. Aber Fortunen sind Optimisten, wird schon.
Leider werden wir dieses Spiel verlieren. Es ist ein alte Fortuna Gesetz (die launische Diva!), wenn alle denken, dass wir eine Mannschaft haben die etwas erreichen kann, wir erstmal vergeigen und hart auf den Boden aufschlagen. Das wird leider auch diesmal passieren. Wir verlieren mit einem tor Unterschied….und zum Trost direkt ein Bier für den Erhabenen…