Paderborn vs F95 4:1 – Fehler über Fehler über Fehler über Fehler

Die ansonsten glorreiche Fortuna verlor in der Paderborner Möbelhalle vollkommen zu Recht gegen starke Hausherren – vor allem wegen jeder Menge Fehler.

Bericht · War klar: Die Tastatur-Warriors unter denjenigen, die sich für Fortuna-Fans halten, laufen Amok. Wie immer werden Spieler, die zu UNSEREM Team gehören, als Graupen, Versager oder gar „Alibifußballer“ beschimpft, und alles niedergemacht, was die Truppe REAL und NACHWEISBAR richtig und gut gemacht hat. Dieses blöde Bashing macht Euren Ergebenen inzwischen jedes Mal ernsthaft wütend. Vor allem, weil es in vielen Fällen auch ungetrübt von jeglicher Ahnung vom Fußball daherkommt. Dabei sind die Niederlage und ihr Zustandekommen auch ohne das Gekläffe der Virtual-Fans ärgerlich genug. [Lesezeit ca. 9 min]

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Am Ende zeigt sich – ähnlich wie beim Spiel in Hamburg in der Hinrunde -, dass die Fortuna der Saison 2022/23 trotz aller ohne Zweifel vorhandenen Individualqualität keine Spitzenmannschaft der Zweiten Liga ist. Und zwar weil sie mit einer echten Spitzenmannschaft der Zweiten Liga nicht ganz selbstverständlich mithalten kann. Da hilft auch ein schlauer Matchplan (denn das war er…), den die Coaches basteln, nicht. Da reicht es auch nicht, Personalausfälle durch kluge Systemumstellungen auszugleichen. Da fehlt es am Ende vor allem an der durchgehenden Konzentration. Was sich nach einem individuellen Mangel anhört, ist in Wahrheit auch die Folge von Unwucht im Team. Unsicher und unkonzentriert wird, wer sich nicht zu 100 Prozent auf seine Nebenmänner verlassen kann.

Was aber – und dies auch und besonders im Vergleich zum SCP – am meisten fehlt, ist die Härte und das, was momentan im Jargon „die Gier“ genannt wird. Also der Wille sich jederzeit unbedingt durchzusetzen. Das liegt mit großer Wahrscheinlichkeit an der Summe der psychosozialen Profile der Kicker. Sie sind vor allem nett, freundlich und tendenziell zurückhaltend. Da hat man doch sehr auf Jordy de Wijs als „aggressive leader“ gehofft, der aber momentan mehr damit zu tun hat, irgendwie seine Defensivarbeit auf die Kette zu kriegen.

Käpt’n Hoffmann? Potenziell einer, der auch mal rumbrüllt. Macht er aber (noch) nicht. Rouwen Hennings? Der kann den Empörten spielen, bringt die wahre Emotion aber nicht wirklich auf. Und dann diese Phalanx der höflichen Jungs: Shinta Appelkamp, Ao Tanaka, Felix Klaus, Emma Iyoha. Gäbe es keinen Flo Kastenmeier, der sich prima aufregen kann, F95 2022/23 hätte was von einer Hippie-Gruppe. Was fehlt sind Typen wie Axel Bellinghausen immer einer war, oder einer wie Sascha Rösler. Genug gejammert.

Wie gesagt: Der Spielplan und die gewählte Systematik passten im Prinzip prima. Und so lange (bzw. wann immer) beides funktionierte, hatten die Paderborner echte Probleme, überhaupt ein Spiel aufzuziehen. Das lag am hohen und mutigen Pressing, am massiven Druck auf die SCP-Dreierkette durch alle Fortunen außer der Viererkette. Sogar Kris Peterson, der sonst nichts, aber überhaupt gar nichts auf die Kette bekam, beteiligte sich daran. Auch Felix Klaus im Rahmen seiner Möglichkeiten.

Finde den Fehler: Menschen machen Fehler. Schreiber:innen sind Menschen, machen also Fehler. Und Schjreiber ohne großes Team hinter sich – wie der Ergebene – machen natürlich auch Fehler. Deshalb unsere Bitte an alle: Wer einen Fehler im Text entdeckt, meldet ihn uns auf einem der bekannten Wege – z.B. per Mail an kontakt@fortuna-punkte.de oder über das Kontaktformular. Wir versprechen, falls wirklich etwas Falsches im Beitrag stand, bedanken wir uns nicht nur, sondern korrigieren es umgehend. Schönen Dank im Voraus!

Trainer Thioune bestand gegenüber Sky darauf, seine Mannschaft trete in einem echten 4-3-3 an, was aber Blödsinn war, denn die drei Kollegen in der Mitte waren auf jede denkbare Weisung angeordnet, agierten aber nie auf einer Linie. Kein Wunder, denn sie repräsentieren ja genau die verschiedenen Typen im Mittelfeld: Jorrit Hendrix als Sechser, Ao Tanaka als Achter und Shinta Appelkamp als Zehner. Keiner dieser drei Musketiere kam aber auch nur annähernd mit der ihm zugedachten Rolle zurecht. Am ehesten war es noch Tanaka, der die Freiheiten eines Achters nutzte, der enorm fleißig war und die Zweikämpfe suchte.

Jorrit Hendrix spielte dagegen durchgehend mit gebremstem Schaum und kam mit der angeordneten Systematik gar nicht klar. Das galt auch für Shinta Appelkamp, der zumindest im Pressing tat, was zu tun war. Und wenn sich am Ende statistisch herausstellt, dass der nette Felix Klaus die meisten Zweikämpfe aller(!) Männer in Rot aufzuweisen hat, beweist das eindrucksvoll, dass südlich der Pressinglinie fast alles im Argen lag.

Man würde so gern Sündenböcke haben. Rund um das 1:0 des SCP in der 37. Minute wurde rasch Tim Oberdorf als Verursacher auserkoren. Ein völlig hirnloser F95-„Fan“ entblödete sich nicht zu schreiben, „da hätte seine Schwester ja besser gespielt.“ Die Vorstellung, mit solchen Dumpfbratzen im selben Stadion zu stehen, kotzt den Ergebenen an. Zumal bei genauerem Hinsehen Jory de Wijs vielleicht sogar den größeren Anteil am Treffer hat. Denn der hätte genau den Raum decken müssen, aus dem heraus der Paderborner dann in die kurze Ecke einschob. Stattdessen aber enterte der bloß den Sechzehner, um dann ein wenig innenzuhalten.

Oberdorf hatte in der 26. Minute eingewechselt werden müssen, weil sich Zimbo Zimmermann ohne Fremdeinwirkung wehgetan hatte – es hieß, es könnte ein Hexenschuss gewesen sein. Nach der Behandlung in der Kabine konnte er jedenfalls wieder ohne fremde Hilfe zurück zur Bank, um den Kollegen beizustehen. Mit dem Ausfall von Zimmermann war dann aber ein wesentliches Element des klugen Matchplans auch schon wieder perdu. Denn der gute Tim kann – auch und vor allem auf dem rechten Flügel – nicht das spielen, was der Zimbo dort praktizieren sollte.

Von diesem Zeitpunkt an schwamm die Defensive. Weil aber auch Käpt’n Hoffmann nicht den allersichersten Eindruck machte und Jordy völlig von der Rolle war, mussten die Mittelfeldleute immer mit bis in den eigenen Sechzehner, und auch Peterson, Hennings und Klaus halfen aus. So entstanden wenigstens nicht allzu viele Chancen für die Gastgeber: einmal aus einer Ecke, einmal aus dem freien Raum. Wenn die Fortuna in Ballbesitz kam, liefen die Paderborner sieh immer mit vier, manchmal fünf Burschen an, und weil die Blauen in den Zweikämpfen durchweg bissiger waren, ging nach vorne zunächst nichts.

Allein Felix Klaus und Ao Tanaka wehrten sich dagegen. In der 28. Minute geht Felix steil, lässt zwei Gegner souverän aussteigen und legt scharf und flach in den Sechzehner. Rouwen schiebt den Hintern raus, sodass sein Verteidiger nicht eingreifen kann. Das Ei landet außen bei Micky, der ebenfalls scharf nach innen passt. Rouwen steht mit dem Rücken zum Tor (wie so oft…) und hält die Hacke rein. Hätte ein Traumtor werden können…

Zwei Minuten später hätte dann unser japanischer Nationalkicker das 1:0 machen MÜSSEN. Durch das Pressing haben unsere Jungs die SCPler in deren Strafraum eingeschnürt. Die kriegen die Pille weder weg noch erobert. Da landet die Kugel bei Ao, der damit in den Sechzehner eindringt, nur noch den Keeper vor sich hat und aus zehn Metern abzieht. Dass der Paderborner Tormann da die Pfote noch hochgerissen kriegt … Respekt!

Respekt ist aber auch wieder unserem Torwart Nummer 1 zu zollen, der alles hielt, was auch nur halbwegs zu halten war. Flo Kastenmeier erregte sich zurecht über den Acker in der Möbelhalle (den der schwachsinnige Sky-Mensch zuvor noch gelobt hatte), denn gleich viermal nahmen Aufsetzer durch die Maulwurfshügel derart merkwürdige Wege, dass er sie Bälle nur durch ebenfalls merkwürdige Bewegungen entschärfen konnte. Ob er den SCP-Elfer auf sauberem Rasen gekriegt hätte, sei dahingestellt. Immerhin rutschte er in der mittigen Schlammpfütze so aus, dass sein Flug in die richtige Ecke zu kurzgeriet.

Vor der Führungshütte für die Ostwestfalen sagt die Statistik viel mehr Ballbesitz für den SCP, eine besser Pass- und Zweikampfquote für sie, aber weniger Torschüsse aus. Im Rahmen des Thioune’schen Matchplans ist das keine schlechte Nachricht. Inzwischen geht auch bisschen mehr über die Flügel, weil sich Micky Karbownik berappelt und seine Zweikämpfe gewinnt. Hätte Kris Peterson einen seiner guten Tage gehabt, wäre die linke Seite für den Gegner kaum in den Griff zu bekommen gewesen. So aber konnte sich Micky nicht auf Kris verlassen, zog wie üblich nach innen und hatte dann in der Regel nur Ao als Anspielstation.

Und trotzdem: Bis zur Halbzeitpause sahen die Zuschauenden ein hochwertiges, insgesamt ausgeglichenes Zweitligaspiel. Euer Ergebener war sich ziemlich sicher, dass die Coaches den unglückseligen Kristoffer unter der Dusche lassen würden. Dann aber fiel ihm ein, dass es nur eine Option gab: Emma Iyoha. Der hat aber noch nie mit Karbownik kooperiert. Man hätte auch Appelkamp nach außen ziehen können. Aber wen dann mittig einwechseln? Klar, Elo Neto! Mijnherr de Wijs wäre auch besser draußengeblieben. Und: Wäre Taka Uchino nicht die bessere Option als Ersatz für Zimbo gewesen? Und ein Beibehalten der Viererkette?

So aber wurden die Schwachstellen im Laufe der zweiten Halbzeit immer deutlicher. Darüber konnte auch der Ausgleich per Strafstoß in der 59. Minute nicht hinwegtäuschen. Wobei: Euer mit Kopf, Herz und Bauch ergebener F95-Analyst bleibt bei seiner Meinung – beide Elfer waren keine. Beide hätten nicht gegeben werden dürfen. Und dass sie es trotz Eingreifens der Grottenolme wurden, macht wieder deutlich, dass diese ganze VAR-Scheiße nichts, aber auch gar nichts besser gemacht hat.

Der erste Fall: Der SCP-Verteidiger spielt den Ball mit langem Bein vor Karbownik ins Aus. Micky stolpert über dieses Bein. Ja, heißt es im offezjellen VAR-Bulletin, der Paderborner habe den Düsseldorfer durch diese Aktion daran gehindert, die Kugel noch zu erreichen. Ganz schön viel Phantasie bei den Kölner Kanalratten. Der zweite Fall: Karbownik will nach Tumult im Sechzehner klären. Sein Kontrahent ist früher am Ball. Micky zieht zurück. Der SCPler lässt sich fallen. Eine Ausschnittvergrößerung der Szene zeigt, dass unser junger Pole die Wade des Paderborners gerade so eben mit der Fußspitze berührt hat. Man hätte es auch als Schwalbe werten können.

Zum Glück haben diese beiden komischen Strafstöße das Spiel nicht entschieden. Ziehen wir sie ab, hätte es am Ende eben 3:0 für den SCP gestanden. Wenn überhaupt, denn das deprimierende 4:1 in der 81. Minute fiel in eine Phase, in der die Fortunen wild mit ihren weißen Fähnchen wedelten und ihre Kapitulation anboten. In der 75. Minute waren tatsächlich Emma Iyoha (für Peterson) und Elo Neto (für Hendrix) gekommen, sorgten aber mehr für Verwirrung als für Verbesserung. Der Matchplan war da längst vergessen, eine Alternative aber nicht vorhanden – jeder spielte, was er für richtig hielt. Wenn wenigstens die Dreierkette stabil gestanden hätte! Dann wäre die Niederlage vielleicht noch erträglich geblieben.

Trotzdem war es gar nicht das Versagen der Defensivbesatzung, dass es in der 62. Minute zur erneuten Führung durch die Blauen kam. Da hatte es zurecht einen direkten Freistoß für die gegeben, kaum drei, vier Meter vor der Strafraumkante. Da hatte Flo Kastenmeier seine Mauer minutziös postiert. Da hatte der Schütze die Pille in die Mauer gedroschen. Da war die Situation schon fast durch. Da wird ein Nachschuss so dermaßen blöde abgefälscht, dass er zur Bogenlampe wird und fast senkrecht vor der Latte runterkommt, wo Kastenmeier steht. Das Ei geht im Getümmel hin und her. Und dann hat einer Paderborner seinen Latschen dazwischen und locht ein.

Nein, es gibt keinen Grund auf die Mannschaft einzuprügeln. Es gibt sowieso für Fans keinen Grund einzelne Spieler mit Hass und Häme zu überziehen. Kein Kicker spielt absichtlich schlecht. Es geht ihnen wie jedem von uns auch: Manchmal kriegen wir das, was wir wirklich können, nicht auf die Bahn. Es hängt von so vielen (weichen) Faktoren ab. An guten Tagen stehen alle diese Faktoren bei allen Akteuren auf Go! – an schlechten Tagen schleppen sich manche einfach nur durch. Gekippt ist die Partie gestern vermutlich zu dem Zeitpunkt als die Fortuna zwei fette Torchancen ausließ. Nach einem Unentschieden oder gar einer Führung (sowie adäquaten Auswechslungen) wäre es ein ganz anderes Spiel geworden, und die Reaktionen der Wutfans wären ausgeblieben.

So aber… Gestehen wir ein, dass gestern die vorletzte Chance auf den Relegationsplatz vergeigt wurde. Jetzt aber hin und her über die Qualität (wahlweise Breite oder Tiefe) des Kaders zu philosophieren, sollte man den Fußballjournalisten überlassen, die müsse das tun, die kriegen Geld dafür. Die kriegen Geld auch dafür, die Basis gern mal gegen „die da oben“ aufzuhetzen. Aktuell, weil die ja im Transferfenster keine Verstärkung geholt haben. Schuld ist dann aber vor allem der Aufsichtsrat, der ja die schlummernden Millionen für den Kauf von Superstars hätte freigeben können. Stattdessen (wir driften in den Bereich der Verschwörungstheorien ab) aber den Vertrag mit Klaus Allofs verlängert hat, der so dermaßen viel Knete kassiert, dass zum Kauf von brauchbaren Kickern nichts mehr übrig ist. Gut, dass keiner der üblichen Social-Media-Meinungsabsonderer den Satz vom „Geld, das man in die Hand hätte nehmen müssen“ rausgefurzt hat.

Eh wurscht. Der Pokal ist sowieso wichtiger. Und wann hat eine Fortuna zuletzt eine so niedrige Hürde auf dem Weg in ein Viertelfinale zu nehmen gehabt wie den Glubb am kommenden Mittwoch? Der hochgradig verwirrte Sky-Kommentator posaunte übrigens, der SCP habe ja ein schweres Pokalspiel hinter sich, während F95 fein raus wäre, weil sie bereits ausgeschieden seien. Für diesen Dumpfbratz hat Paderborn letzte Woche übrigens gegen Gladbach verloren. Und Tim Oberdorf ist ein ganz, ganz junger Spieler mit ganz, ganz wenig Erfahrung. Und überhaupt waren die Paderborner der Fortunen durchweg in jeder Hinsicht überlegen, weil es sich um einen Lader voller eigentlicher Erstligakicker handelte. Nein, den Namen dieses Vollhorstes möchte der Ergebene gar nicht wissen.

So, liebe Anhänger:innen der gutaussehenden, wenn auch nicht immer bestens gelaunten Diva, jetzt reißt euch mal zusammen! Das ist immer noch UNSERE Mannschaft. Das sind immer noch UNSERE Jungs. Die tragen immer noch das F95 auf der Brust. Und keiner von denen will unserem eingetragenen Verein schaden. Trotz aller grundlegenden Mängel und aller situativen Aussetzer werden wir auch noch mit ihnen jubeln können. Das ist sicher.