Spielberichte

Pauli vs F95 0:0 – Ein Spitzenspiel mit gerechtem Ausgang

Nein, es war nicht das von vielen Spochtkommentator:innen erhoffte Spektakel, aber ein gutes, von der Taktik geprägtes Zweitligaspiel mit einem Remis, das völlig in Ordnung ging.

Bericht · Das Schönste an einer Auswärtsfahrt nach Hamburg zu einer Partie im Millerntorstadion ist, dass du überall völlig ungeniert in Fortuna-Klamotten rumlaufen kannst, ohne angesaugt zu werden. Es sei denn, dir kommt irgendein verstrahlter HSV-Fan entgegen… Schön auch immer, wenn bei dieser Gelegenheit gerade Dom ist, und du dir vor und nach dem Spiel die Kirmes geben kannst. Hinzu kam gestern ein CSD in HH mit gut einer Viertelmillion Leute. Und weil das Wetter überraschenderweise trocken und sogar sonnig und heiß war, wurde es ein schöner Nachmittag in der Hansestadt. Den krönte die glorreiche Fortuna mit einem verdienten Auswärtspunkt. [Lesezeit ca. 5 min]

Paul vs F95: Schweigeminute für einen tödlich verunglückten Bauarbeiter (Foto: Sandra Drljaca)
Paul vs F95: Schweigeminute für einen tödlich verunglückten Bauarbeiter (Foto: Sandra Drljaca)

Während dasselbe Ergebnis im vergangenen Mai noch das Resultat einer öden, zähen Begegnung war, war es dieses Mal das, was man gemeinhin ein „Nullnull der besseren Sorte“ nennt. Auch wenn die Sache seitens beider Trainer von kleinteiliger Taktik angegangen wurde, die Daniel Thioune in der Nachspiel-Pressekonferenz einem penetranten Pauli-Fragensteller mit einem Schwall Fachjargon erklärte und den penetranten Angeber zum Schweigen brachte. Dabei ging es viel um Ball- vs Mannorientierung, Abstände und Freiräume. Pauli-Trainer Hürzeler konnte da gut mithalten – überhaupt sind sich beide Coaches in vieler Hinsicht sehr ähnlich.

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Dass unsere Coaches dieselbe Crew auflaufen ließ wie gegen Hertha, wunderte nicht weiter; angesichts des schmalen Kaders wären ohnehin nur maximal zwei Veränderungen sinnvoll gewesen. Selbst die insgesamt drei Einwechslungen später waren mit denen im letzten Heimspiel identisch. Der FC St. Pauli kann da aus einer etwas volleren Kiste schöpfen, denn deren Kader umfasst schon 24 Burschen; bei uns sind es – den kommenden Griechen Christos Tzolis bereits eingerechnet – erst 22 Mann.

Pauli vs F95: Schön voll im Auswärtsblock (Foto: Sandra Drljaca)
Pauli vs F95: Schön voll im Auswärtsblock (Foto: Sandra Drljaca)

Nun kann man trefflich darüber spekulieren, ob der Grieche schon mitgespielt hätte, wenn man die Leihe von Norwich rechtzeitig über den Tisch gekriegt hätte, und ob das was geändert hätte. Tzolis, erst 21 Jahre jung, könnte eine Art Wiedergänger von Michal Karbownik werden, denn auch er gehört zur Sorte „polyvalent“, allerdings im Offensivbereich. Aber ein Kollege, der sowohl auf beiden Flügeln, als auch zentral oder als hängende Spitze spielen kann, hätte vielleicht das eine Problem gelöst, dass die Jungs in Weiß am Millerntor zeigten: Sie sind leicht auszurechnen, weil der Spielaufbau insgesamt doch sehr schematisch abläuft.

Finde den Fehler: Menschen machen Fehler. Schreiber:innen sind Menschen, machen also Fehler. Und Schreiber ohne großes Team hinter sich – wie der Ergebene – machen natürlich auch Fehler. Deshalb unsere Bitte an alle: Wer einen Fehler im Text entdeckt, meldet ihn uns auf einem der bekannten Wege – z.B. per Mail an kontakt@fortuna-punkte.de oder über das Kontaktformular. Wir versprechen, falls wirklich etwas Falsches im Beitrag stand, bedanken wir uns nicht nur, sondern korrigieren es umgehend. Schönen Dank im Voraus!

Gestern war es der überragende Shinta Appelkamp, der nicht nur in den Zweikämpfen glänzte, sondern ein gutes Dutzend Balleroberungen verbuchen konnte, der die Variabilität auf den Füßen hatte. So wie Ao Tanaka vor einer Woche; der wieder stark auftrat und im Verbund mit Cello Sobottka für Alarm im Mittelfeld sorgte. Überhaupt: Die Fortuna der Saison 2023/24 hat ein starkes Mittelfeld, wenn man bedenkt, dass der hochbegabte Yannik Engelhardt und der tolle Fernandes Neto, von Daniel Bunk ganz zu schweigen, zur Verfügung stehen. Und trotzdem würde es ungemein helfen, wenn uns Ao Tanaka erhalten bliebe.

Pauli vs F95: Auflauf hinter der Choreo (Foto: FP)
Pauli vs F95: Auflauf hinter der Choreo (Foto: FP)

Nicht viel schlechter sieht es in der Abwehr aus. Besonders, weil Jamil Siebert in beiden Spielen nach seiner Einwechslung so sicher wie Jordy de Wijs, wenn auch stilistisch anders auftritt. Weil hinter Zimbo Zimmermann mit Taka Uchino ein echter, junger Verteidiger lauert und man sich eine Dreierkette aus Hoffmann, de Wijs und Siebert auch ganz gut vorstellen könnte, wäre eine Verstärkung am linken Ende der Defensivkette wünschenswert; es sei denn, Benny Böckle käme noch richtig in die Strümpfe.

Und wo wir gerade bei Schwach- und Starkstellen sind: Vorne müssen wir uns nur ein bisschen Sorgen machen, weil die Wucht der Offensive doch noch sehr stark von der Form von Emma Iyoha und Felix Klaus abhängt. Letzteren kann im Fall des Falles Jona Niemiec gut ersetzen, auch wenn der einen völlig anderen Stiefel spielt als der gute Felix. Das hat Jona nach seiner Einwechslung gestern wieder bewiesen, und zwar als Ersatz auf links für Emma. Da wir mit Daniel Ginczek in seiner aktuellen Topform und dem neuen Holländer Vince Vermeij zwei gleichwertige Spitzen haben, klafft das größte Kaderloch tatsächlich auf dem linken Offensivflügel – kann gut sein, dass Tzolis da genau die richtige Verstärkung darstellt.

Was nützt das alles, wenn man hinten keinen ordentlichen Torwart hat? Spieler des Spiels war gestern eindeutig Flo Kastenmeier. Ja, ihm verdanken wir recht eigentlich das Remis. Seine Parade in der 61. Minute gegen einen völlig frei anlaufenden Paulianer kann nur Weltklasse genannt werden. Dazu drei, vier coole Rettungsaktionen auf der Linie und im Getümmel sowie drei herausragende Entschärfungen von Bällen, die unter die Latte oder in einen Winkel gehen sollten. Kastenmeier ist definitiv einer der besten Keeper der Zweiten Liga, und solange er sich nicht verletzt, ist er die unumstrittene Nummer 1 im Fortuna-Tor.

Pauli vs F95: Der Block feierte die Mannschaft (Foto: FP)
Pauli vs F95: Der Block feierte die Mannschaft (Foto: FP)

Und das alles hätte auch ganz anders ablaufen und enden können, wenn eine der beiden Großchancen in der 6. und 7. Minute in den Kasten der Braunen gegangen wäre. Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Auch der FCSP hätte in den ersten zwölf Minuten locker in Führung gehen können, die Möglichkeiten gab es. Dass das Feuerwerk so nicht weitergehen konnte, lag auf der Hand, dass es das nicht tat, aber an ganz winzigen taktischen Verschiebungen, die Trainer Thioune seinen Jungs verpasste. Die standen nun etwas höher und zentraler, deckten als mehr Raum als Männer ab. Das nahm der Partie den Schwung.

Weil Pauli-Coach Hürzeler in der Pause ebenfalls winzige taktische Verschiebungen angeordnet hatte, startete die zweite Hälfte ähnlich dynamisch wie die erste. Aber etwa ab der 60. Minute erhöhten die Paulianer den Druck so massiv, dass sich die Jungs in Weiß kaum noch befreien konnten. Das gelang erst wieder so ab der 75. Minute. Da waren Vince Vermeij und Jona Niemiec für Ginczek und Iyoha gekommen, mit denen die Gastgeber ein paar Probleme bekamen. Die kumulierten in der 83. Minute, in der Jona mit dem Ei am Fuß quer zum Strafraum seine Bahn zog, um in eine für ihn günstige Schussposition zu gelangen und ihm ein Brauner mit offener Sohle den Oberschenkel stempelte. Der Schiri, der sich schon zuvor serienweise den unberechtigten Unmut der FCSP-Fans eingehandelt hatte, zeigte glatt Rot. Euer Ergebener fand es zu hart…

Mit einem Mann auf dem Platz mehr gelang den Buben von Daniel Thioune aber nicht die Erzeugung eines echten Übergewichts, und ab der 91. Minute wollte eh keines der beiden Teams mehr ins Risiko gehen. Insgesamt geht das Remis in Ordnung, obwohl St. Pauli bei der statistischen Auswertung in allen Kategorien die Nase vorn hatte, außer in einer: Die wunderhübsche Diva brachte es auf eine erstaunlich hohe Zweikampfquote von 64:36 – das und die Leistung von Flo Kastenmeier brachten das Unentschieden. Mit vier Punkten aus zwei Spielen gegen vermeintlich starke Gegner steht F95 gut da; ein Sieg gegen die wackelnden Paderborner in zwei Wochen zuhause würde den guten Start abrunden. Vorher aber – wichtig, wichtig, wichtig! – MUSS das Team im Pokal gewinnen; wir wollen ja alle nicht nur nach Berlin, um die Hertha zu schlagen…

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3 Gedanken zu „Pauli vs F95 0:0 – Ein Spitzenspiel mit gerechtem Ausgang

  • Starke Anfangsphase, gutes Zweikampfverhalten. Kastenmeier Weltklasse, Shinta Top und Tanaka/Sobottka wirklich starke Leistung. Weiter so Jungs!!!

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  • Ehre, wem Ehre gebührt. Und wenn diese monitär sein soll, auch. Doch es ist nicht einfach ein Alt oder ein paar Fortuna Punkte zu berappen. Der Shop, über den ich es schon vielfach versucht habe, möchte aus irgendeinem Grund nicht. Alsoooo… Vielleicht einmal nachbessern?

    Antwort
  • Verehrter Ergebener –
    warum denn so harsch, wenn bei einer Pressekonverenz mal jemand in Trainersprech eine gute Frage stellt? Wenngleich mit ein paar Schlussfolgerungen, die der Trainer gleich kassierte. Mir ist der Herr in der Konferenz auch aufgefallen, aber in dem Sinne, dass man eine solche Frage vom üblichen Düsseldorfer Personal nicht hören würde – jedenfalls von dem, welches sich regemäßig meldet und lieber über die Einkaufpolitik oder Gefühle sprechen möchte. Die großen Drei aus Düsseldorf halten sich ja leider immer etwas zurück – außer Bernd, der gestern noch Fragen zu Shinta und Emma hatte.

    Ao und Shinta waren gestern richtig klasse – und dass Kasti wirklich krasse Teile raushauen kann, ist ja schon länger bekannt und war gestern wieder toll anzusehen. Aber noch toller finde ich, dass es bei ihm so gut wie keine K-Momente mehr gibt, wie noch vor Jahresfrist. Jetzt ist er wirklich zu einem absolut verlässlichen Rückhalt geworten. Wer war das wohl? Er selbst, durch den Blick in den Spiegel? Der TW Trainer oder vielleicht der Mental Trainer oder doch Thioune?

    Und noch eine Anmerkung: Gestern kam das Übliche Hoffmann, auf Kasti, Kasit auf deWijs, auf Hoffmann so gut wie nicht vor. Die Murmel wurde immer sehr zügig nach vorne gegeben und zum Teil von Kasti aber sogar von Hoffmann in die Spitze geschossen. Das ging nicht immer gut, aber wenn es klappte, dann sind daraus gute Szenen entstanden.

    Ich war von unserer Mannschaft sehr angetan und ehrlich gesagt, angenehm überrascht.

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