Der Verein

Jahresmitgliederversammlung 2023: Die Zukunft ist ungewiss…

…und die Lage ist ernst, aber nicht aussichtslos – so lässt sich die JMV 2023 der glorreichen Fortuna zusammenfassen.

Bericht · Es wurde ganz schön oft beschworen, also, vor allem der ominöse Zusammenhalt; das sollte geneigte Vereinsmitglieder ein bisschen beunruhigen, denn wenn Verantwortliche die Ruhe zur ersten Mitgliederpflicht erklären, dann ist der Baum kurz vorm Brennen. Aber, dramatisieren wir nicht. Der Bericht von Finanzvorstand Arnd Hovemann hat dem Ergebenen, der sich wie rund 600 andere im großen Saal des CCD den Hintern breitsaß, am besten gefallen. Der hatte Hand und Fuß, der war zügig präsentiert, und wer sich hinterher nochmal die schriftliche Version beizog, hatte ein ziemlich perfektes Bild von der Lage der Kohle rund um die Fortuna. Nicht nur der Ergebene hätte sich aber gewünscht, unmittelbar nach dem Vortrag wäre eine Aussprache angesetzt gewesen. Überhaupt wird er selbst im Verbund mit anderen Mitgliedern, die sowas interessiert, anregen, bei der JMV 2024 nach jedem der vier Berichte eine Frage-Antwort-Runde einzulegen. [Lesezeit ca. 5 min]

Wäre gestern aber auch ein bisschen gefährlich gewesen, wo doch Aufsichtsratswahlen anlagen, die bekanntlich Zeitfresser sind. Aber, siehe da, dank einer perfekten Veranstaltungsorganisation (Danke an Sven Mühlenbeck!) , einem guten Zeitmanagment vom Podium aus (Danke an Björn Borgerding) und der bewährten Moderation dieses Teils durch den Wahlausschussvorsitzenden (Danke an Thomas Bollien) ging die ganze AR-Wahl in etwas mehr als einer Stunde über die Bühne. Nun hieß es von Seiten des Vorstands ein paar Mal, dieses oder jenes könne man besser bei einem der themenorientierten Mitgliederforum klären, aber diejenigen der rund 29.000 Mitglieder, die es sich antun einen halben Sonntag auf unbequemen Stühlen vor einem Podium zu verbringen, sind die engagierten, und die sollten auch während der JMV fragen und diskutieren dürfen.

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Zumal die Zeiten des Chaos bei derlei Zusammenkünften der Fortunen endgültig vorbei zu sein scheinen – man erinnere sich an die Auftritte eines gewissen W.F. am gleichen Ort oder an Wahlen per Hammelsprung wegen fehlender Wahlzettel. Alles war bestens vorbereitet, wobei sich doch graduelle Unterschiede bei der Vortragsweise zeigten. Während – wie gesagt – Arnd Hovemann mit dem Tablet ans Pult kam und zwei Händevoll schicker Folien zur Untermalung seines Skripts an die Wand werfen ließ, erwies sich Klaus Allofs als ausgesprochen schlechter Vorleser, der sich oft verhaspelte.

Finanzbericht: GuV-Rechnung, Ertrag (Foto: FP)
Finanzbericht: GuV-Rechnung, Ertrag (Foto: FP)

Finanzbericht: GuV-Rechnung, Aufwand (Foto: FP)
Finanzbericht: GuV-Rechnung, Aufwand (Foto: FP)

Überhaupt waren die vier Vorträge, drei der Vorstände, einer des Aufsichtsrats, der eigentliche Kern der JMV. Denn natürlich wollten die Anwesenden wissen, wo F95 im ersten Jahr des Projekts „Fortuna für alle“ steht. Sowohl der Vorstandsvorsitzende als auch der Finanzvorstand malten ein recht einseitig gefärbtes Bild der Jahre 2022/23 und davor, scheuten aber auch nicht davor, Kurven für die Zukunft zu projizieren, bei denen alles nach oben zeigt. Auch der „Erfolgsbericht“ für die Zeit seit der FFA-Verkündung und jetzt sah, ähem, ein bisschen zu geschönt aus.

Deutlich gemacht: Der aktuelle Sportwelt-Deal (Foto: FP)
Deutlich gemacht: Der aktuelle Sportwelt-Deal (Foto: FP)

Dafür wurde aber auch Klartext gesprochen. Alexander Jobst bezeichnete beispielsweise die Schließung der Fußballschule in diesem Jahr als schweren Fehler, der so schnell wie möglich korrigiert wird. Eher zwischen den Zeilen äußerte er seinen Zorn auf den Beinahe-FFA-Partner Provinzial, der einen Rückzieher so spät machte, dass a) die Fortuna ziemlich blöd aussah und b) der Fortuna einige Kosten verursachte – über eine Vergütung (samt Schmerzensgeld?) dieser Kosten sei man im Gespräch.

Einen echten Rochus auf D.live zeigten sie alle ganz offen. Jobst meinte, eine Fortuna ohne die Stadt sei nicht möglich. Was eigentlich heißt: Die Stadt Düsseldorf könne nicht vom Bekanntheitsgrad und Image der Fortuna profitieren, ohne was dafür zu tun. Oder auch: Den vollmundigen Sprüchen von OB Keller müssen endlich Taten folgen. Dass der überhaupt nicht fußballaffine D.live-Chef Brill der Fortuna ohne Vorwarnung und kurzfristig die Verdoppelung der Stadionmitte vorlegen ließ, kann auch als Skandal gewertet werden. Aber der Verein braucht die Unterstützung der Stadt auch rund um die Optimierung der Infrastruktur, also dem Bau des Funktionsgebäudes an der Arena und der Ausbau rund um das NLZ am Flinger Broich.

Klaus Allofs bei seinem Vorstandbericht (Foto: FP)
Klaus Allofs bei seinem Vorstandbericht (Foto: FP)
Womit wir beim zweiten Kipppunkt in Sachen „Fortuna für alle“ sind. Denn wenn die verkündigte innige Zusammenarbeit zwischen der Stadt Düsseldorf und ihrer fußballerischen Diva nicht in die Gänge kommt, wird das Ding scheitern. So wie es auch scheitern wird, wenn sich nicht in absehbarer Zeit weitere Sponsoren finden, die auf FFA einsteigen. Zart deutete Jobst an, dass man da im Gespräch mit Henkel sei. Zum Glück wurden die Verlängerung und Ausweitung des Ausrüsterdeals mit Adidas und 11teamsports nicht als Erfolsdings von FFA verkauft…

Irgendwann marschierte dann die Mannschaft in blauen Anzügen (très chic!) in den Saal, nahm Platz und langweilte sich gut anderthalb Stunden lang. Tja, macht man eben so… Nur als die Vorstände kleine Witze über mögliche Pokalsiege und anschließende Beteiligung an internationalen Wettbewerben rissen, kam ein bisschen Leben in die Kicker, die mit rauschendem Beifall begrüßt und verabschiedet wurden.

Der Vorstand verteidigt seine Haltung zum DFL-Investoren-Themas (Foto: FP)
Der Vorstand verteidigt seine Haltung zum DFL-Investoren-Themas (Foto: FP)
Zu Beginn gab es einen Dringlichkeitsantrag zum Thema „Investor bei der DFL“, dem die Mitglieder später mit großer Mehrheit zustimmten. Um der Argumentation des Vorstands Gewicht zu verleihen, waren gleich alle drei Vorstände ans Mikro marschiert, obwohl wieder nur Alexander Jobst sprach. Man erinnert sich: Die Fortuna hatte dem Vorschlag seinerzeit zugestimmt, wobei es ihm vor allem darum ging, den Prozess in Gang zu halten. Außerdem sei der Begriff „Investor“ von der DFL falsch gewählt, denn es ging darum, gegen ziemlich viele Millionen Euro einen Teil der Medienrechte an ein Unternehmen abzutreten. Das sei etwa so, wie F95 seinerzeit Teile der Vermarktungsrechte an Sportfive angetreten hatte. Nutze alles nichts, denn die Mitglieder beharrten auf ihrer Haltung mit dem Wortlaut „Die Mitgliederversammlung von Fortuna lehnt den geplanten Einstieg eines Investors in die DFL ab.“

Hier fasst der Verein die aus seiner Sicht wichtigsten Aussagen der JMV zusammen. (Quelle: f95.de)

Da die Mitglieder bekanntlich die Entlastung von Vorständen und Aufsichtsrät:innen gern als Belobigung oder Bestrafung verwenden, wurden alle aktuellen Funktionär:innen mit verschieden hohen Werten entlastet, während Ex-VV Thomas Röttgermann wie im Vorjahr die Entlastung verweigert wurde. Dass das Wirken des Aufsichtsrats aber insgesamt positiv bewertet wird, zeigte sich daran, dass bei der Wahl alle aktuellen Aufsichtsräte wiedergewählt wurden. Besonders erfreulich: Unser Ameisenman Tim Greiner Mai, seit gut 25 Jahren Teil der engagierten Fanszene, wurde mit dem zweitbesten Ergebnis in seinem Amt bestätigt.

Björn Borgerding beim Bericht des Aufsichtsrats (Foto: FP)
Björn Borgerding beim Bericht des Aufsichtsrats (Foto: FP)

Und dann gab es noch einen Antrag auf Satzungsänderung, nach dem der Bereich „Mädchen- und Frauenfußball“ als eigene Abteilung (wie die Bereiche „Fußball“, „Handball“ sowie „Lauf und Triathlon) festgeschrieben werden soll. Der Vorstand sprach sich dagegen aus, weil a) die Repräsentant:innen des Frauenfußballs ja jederzeit im Sportausschuss dabei sein dürften und b) es nicht hilfreich sei, geschlechtsspezifische Abteilungen einzurichten. Knackpunkt der Sache: Im Sportausschuss, der über viele logistische Dinge rund um Trainings- und Spielbetrieb entscheidet, ist der Frauenfußball ohne Abteilung zu sein, nicht stimmberechtigt. Der Antrag erreichte die erforderliche Zweidrittelmehrheit allerdings nicht.

Ganz zum Schluss feuerte Mitglied Hajo Kendelbacher eine ganze Reihe von Fragen ab, unter anderem, ob man angesichts des Fahnenklaus samt Zerstörung nicht eine andere Partie als die gegen Braunschweig als Freispiel nehmen können. Das ginge leider nicht, weil die Freispiele schon vor Saisonbeginn der DFL gemeldet werden musste.

Und obwohl die Jahresmitgliederversammlung 2023 äußerst diszipliniert und harmonisch verlief, ist die Zukunft der Fortuna angesichts der massiven Verwerfungen, die dem Profifußball bevorstehen, ungewisse. Nein, sagte Jobst, einen Plan B gebe es nicht für den Fall, dass „Fortuna für alle“ scheitert, und dass hieß übersetzt: Dann müssten wir weitermachen wie früher – mit ungewissem Ausgang. Und wenn sich die Finanzen – wie vom Vorstand optimistisch prognostiziert – nicht schon in der laufenden und der folgenden Legislaturperiode entscheidend verbessern, könnte es sehr, sehr schwierig für den Verein werden. Wobei die Fortuna finanziell im Vergleich zu den Clubs, die ihren Spielbetrieb ausgelagert haben, noch ganz rosig dasteht.

Und wenn eines jetzt und in Zukunft feststeht, dann, dass der Düsseldorfer Turn- und Sportverein Fortuna 1895 ein eingetragener Verein ist und bleibt, bei dem die Mitglieder die oberste Instanz sind.


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Ein Gedanke zu „Jahresmitgliederversammlung 2023: Die Zukunft ist ungewiss…

  • Vielen Dank für den guten Bericht. Also ich finde in Summe sind das ganz schön dicke Bretter, die da von den Verantwortlichen gebohrt werden müssen. Da liegt noch ein sehr langer Weg vor uns. Die Ausgangssituation mit Stadt, Stadion, Sportwelt-Deal, Sponsoring/Werbung, Leihgeschäfte mit teils hoher Kaufoption, etc. lässt einen nicht wirklich in Euphorie verfallen.

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