Hertha vs F95 2:2 – Den Ausgang hätten wir vorher gekauft. Aber am Ende…
In einem mäßigen Fußballspiel, das erst ganz am Ende spannend wurde, blieb die glorreiche Fortuna auf einem 2:2-Unentschieden hängen.
Bericht · Neben dem Ergebenen in der Kältehölle Olympiastadion stand Jannis, der Sohn seines besten griechischen Freundes aus Potsdam, selbst aktiver Fußballer und, na ja, irgendwie auch F95-Fan. Und der hatte nur Augen für seinen Halblandsmann Christos Tzolis. „Pass auf“, sagte Jannis noch vor dem Anpfiff, „der schießt das Siegtor.“ Hätte er beinahe Recht behalten. Denn unser lustiger Hellene hatte genau diesen entscheidenden Treffer zum 3:2 gleich zweimal auf dem Fuß. Einmal vergeigte seinen zweiten Elfer, und in der Nachspielzeit hätte er auch nochmal einlochen können, ja, müssen. Jannis war trotzdem begeistert: „Wie der den Ball annimmt!“ [Lesezeit ca. 7 min]
So blieb es beim Remis in dieser Partie mit den berührenden Begleiterscheinungen nach dem viel zu frühen und unerwarteten Tod des Hertha-Präsis Kay Bernstein. Was für eine Schweigeminute! Keiner grölte blöd dazwischen, selbst das übliche Geplapper erstarb. Und die F95-Ultras zeigten, wie man auf eine solche Situation respektvoll reagiert. In Absprache mit den Hertha-Fans verzichteten sie fünf Minuten lang ganz auf den Support und feuerten danach mit gebremstem Schaum an. Dazu ein Banner, das ihre Anteilnahme am Tod von Kay Bernstein auf bestmögliche Weise ausdrückte. In den Farben getrennt, in der Sache vereint – so sah’s aus.
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Dass nun ein stadtbekannter Schreibfink meint, einen Artikel absondern zu müssen, in dem er mit maximalem Einsatz von Schmierölpsychologie davon labert, man hätte das Spiel verschieben müssen, ist mehr als peinlich. Die schwachen Leistungen beider Teams in der ersten Halbzeit auf die beschriebene Ausgangslage zu schieben, ist schierer Blödsinn. Mal ehrlich: In welchem Maße kann der Verlust des Präsidenten des Vereins, bei dem die Kicker ihr Geld verdienen, tatsächlich deren Treiben auf dem Platz beeinflussen? Selbst der Mangel am üblichen lautstarken Support kann da nicht als Argument dienen, den die Fans beider Seiten drückten ihre Unterstützung einfach nur anders aus. Aber, was soll einer schreiben, der auf Clickbait-Überschriften setzt und hilflos versucht, die Berichterstattung zu emotionalisieren?
Dass sich unter rund 49.000 Menschen, versammelt an einem Ort, immer mindesten ein Vollpfosten findet, zeigte sich in der Halbzeitpause, als irgendein Arschloch gleich neben der Trennscheibe zwischen dem Fortuna-Block und dem gesperrten Sicherheitsblock einen massiven Böller zündete, dessen Wirkung fußballgottseidank niemanden verletzte. Wäre der Zündelnde ein Fortune gewesen, hätten ihn die Umstehenden sicher verhaftet und möglicherweise körperlich verwarnt. So aber blieb der Täter unerkannt, diese blöde Sau!
Geschenkt, und zurück zum Spiel. Die Coaches hatten sich an den fraglichen Positionen für Tim Oberdorf als Rechtsverteidiger, für Jona Niemiec als Rechtsaußen und Ao Tanaka anstelle von Shinta Appelkamp im offensiven Mittelfeld entschieden. Für den Ergebenen war genau dieses Mittelfeldtrio das Beste, was die Fortuna an diesem frostigen Nachmittag zu bieten hatte. Besonders der lächelnde Japaner stach ihm positiv ins Auge. Der zeigte unermüdlich maximalen Einsatz, der leistete sich in Hälfte 1 die wenigsten Fehlpässe und der erkämpfte sich die Pille nach Ballverlusten systematisch zurück. Yannik Engelhardt gab eine beinahe optimale Version des defensiven Sechers als Spielkontrolleur, vor allem als Kontrollinstanz fürs Tempo. Und über die Spielintelligenz des Ísak Jóhannesson muss man ja nun wirklich keine Arien mehr singen.
Dafür funktionierten die Außenschienen in den ersten 45 Minuten gar nicht. Der Lena ihr Bruder agierte behäbig ohne jeden Zug nach vorn und übersah seinen Kollegen Jona Niemiec durchgehend. Wohlgemerkt: Nachdem Tim Oberdorf nach der Pause sein Offensivgen wiederentdeckte, setzte er den guten Jona nun regelmäßig sinnvoll ein, sodass der seine robusten Dribblings bis zur Grundlinie zelebrieren konnte. Dass sein Gegenspieler ein Volldepp war, der gleich zweimal auf denselben Trick reinfiel und beide Strafstöße verursachte, prangerte später auch Hertha-Coach Dardai an.
Dass auch auf links so gut wie nix ging, lag weniger an Emma Iyoha als am besagten Chris Tzolis. Denn der zog ständig nach innen, sodass das Grundschema der Schienenspielerei einfach nicht stattfinden konnte. Und weil von außen in der ersten Hälfte nullkommanull kam, hing auch Vince Vermeij als Spitze in der Luft. Ergebnis: Die ansonsten glorreiche Fortuna produzierte genau drei Torschüsse – jämmerlich.
Käpt’n Hoffmann lief in dieser Halbzeit auch dermaßen weit neben der Spur, dass man ihn eigentlich gnadenhalber in der Pause hätte rausnehmen müssen… hätte es eine sinnvolle Alternative gegeben. Aber jede Variante hätte zu größerem Umbau oder gar zum Systemwechsel geführt. Ja, Klaus Sima Suso kann IV, aber eher links. Und den Frischling in einer solch engen Partie einwechseln? Wohl kaum. Natürlich hätte der Allzweck-Tim von der AV- auf die IV-Position wechseln können, während Taka Uchino rechts außen verteidigt hätte. Oder man hätte auf Dreierkette umstellen können. Wie wir aber in den Testspielen der Vorbereitung gelernt haben: So richtig können unsere Jungs das noch nicht.
Also musste Hoffi weiter ran. Und der stabilisierte sich in den zweiten 45 Minuten so deutlich, dass an eine Auswechslung nicht mehr zu denken war. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass ein von ihm produzierter Abpraller einen Anteil am völlig überraschenden 1:0 für die Hertha hatte, die bis zu dieser 30. Minute noch gar keinen Torschuss auf dem Konto hatten. Der im Vorbericht erwähnte Tabakovic schnappte sich das Ei, und drei (in Worten: 3!) F95ger konnten ihn nicht von seinem Tun, vor allem von seinem strammen Torschuss abhalten. Euer ergebener Berichtsdiener wäre als Trainer völlig ausgerastet und hätte seine Jungs rundgemacht. Daniel Thioune nahm es unerwartet gelassen. Vielleicht, weil er die Sache für Berliner Strohfeuer hielt angesichts des hilflosen Offensivgebarens der Hausherren.
Jordy de Wijs zeigte zunächst keine Schwächen, knickte aber so um die 25. Minute herum ein bisschen um und trat danach ein bisschen vorsichtiger auf. Während Käpt’n Hoffmann immer wieder auf Keeper Kastenmeier zurücklegte, versuchte der kantige Holländer mit weiten Pässen zum Angriffsspiel beizutragen. Apropos: Exakt das Passspiel, das in Halbzeit 1 weitestgehend ertragfrei blieb, mauserte sich nach dem Seitenwechsel zum giftigsten Instrument der Fortune – vor allem dank Engelhardt und Jóhannesson.
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Und Chris Tzolis, das Idol von Jannis (der übrigens nur ein paar Wochen jünger ist als unser Flügelstürmer), was machte der? Der hielt sich nach der Pause dann doch ein bisschen häufiger an der Außenlinie auf, wurde aber von Emma Iyoha viel zu selten gefunden. Im Zweifel zieht Tzolis außerdem immer auf seine Lieblingsschussposition in der linken hinteren Ecke des Sechzehners, von wo aus er ja auch schon drei ausgesprochen schöne Buden gemacht hat. Da stand er in der 90. Minute, und es sah ein bisschen so aus, als könne er sich nicht zwischen einem strammen Schuss und einem scharfen Heber entscheiden, was dazu führte, dass das Ding knapp rechts („keine 30 Zentimeter“, meinte ein Mit-Fan anschlie0end) vorbeiging.
So um die 65. Minute herum fragten sich einige Mitgereisten, ob Trainer Thioune überhaupt keine Spieler wechseln wolle. Die Einwechselkicker machten sich natürlich unermüdlich so warm wie eben möglich, aber die Coaches machten erst in der 80. Minute Anstalten, einen Burschen rauszunehmen und einen anderen reinzuholen. Erst in der 81. Minute kam dann Speedy Jastrzembski für Jona Niemiec und sorgte gleich für maximal Verwirrung bei den Herthaner. Nun ist der gute Dennis ein Dribbler vor dem Herren, aber überhaupt kein Torschütze und oft ungenau im Abspiel. Weil er zudem immer nach innen zog, war jetzt der rechte Flügel außen unbesetzt.
Eine besondere Geschichte hätte der Wechsel von Daffy Daferner für Vince Vermeij schreiben können, hätte der Winterneuzugang gleich in seinem ersten Pflichtspiel den Siegtreffer erzielt. Und um ein Haar hätte er zumindest den Assist zum 3:2 auf sein Konto buchen können, denn der Pass auf Chris Tzolis in der 90. Minute kam von ihm. Andererseits sortierte sich Daffy deutlich anders ein als Vince, was seine Mitspieler nicht so richtig registrierten. Also blieb der Neuling, den sie beim Glubb so mies behandelt haben, ohne Torchance.
Zwischendurch erfreuten die Rotweißen den ihnen gewogenen Teil des Publikums mit feinen Kombinationen und tollen Lang- sowie Doppelpässen. Das roch ein wenig nach Schönspielerei, und man hätte sich einen Hauch mehr Effizienz gewünscht. In etwas so wie beim 1:1 unter Beteiligung von Engelhardt, Vermeij und Jóhannesson, wo die genannte drei sich einfach nicht davon abhalten ließen, die Bude zu machen. Dass es dann Ísak war, dem die Hütte gutgeschrieben wurde, macht Spaß – wo der doch immer sagt, dass er lieber tödliche Pässe spielt als Tore schießt.
Und dann ist da noch das 2:1 für die traurige olle Tante zu beschreiben, dass nur zwei Minuten nach dem Ausgleich durch Jóhannesson fiel. Kurz vorher hatten Jannis und der Ergebene noch über Flo Kastenmeier und seine besondere, hochmoderne Spielweise diskutiert. Da sagte euer ergebener F95-Analyst noch, dass es inzwischen kaum noch Kastenmeier-Momente gäbe. Und, schwupps, produzierte der Flo einen. Der will auf Iyoha(?) abschlagen und hat das Ei genau in die Füße eines Blauen, der mit dem Ding am Fuß anläuft, eine gute Schussposition erreicht und abzieht – wieder unbedrängt von gleich drei Fortunen. Danke für das Geschenk, lieber Flo, werden die Herthaner gedacht haben.
Um es ganz klar zu sagen: Hätte Christos Tzolis den zweiten Elfer in der 56. Minute reingemacht, wäre die Partie zugunsten von F95 entschieden gewesen, denn das Offensivbemühen der BSCler in der zweiten Hälfte war qualitativ überschaubar. Was sagte Jannis dazu: „Bei uns heißt es immer, einen zweiten Strafstoß sollte man in dieselbe Ecke schießen wie den ersten.“ Der von ihm bewunderte Mitgrieche entschied sich für das genau Gegenteil – irgendwie griechisch, findet der Ergebene und kann darüber schmunzeln.
Später auf dem Bahnsteig in Spandau, wo zig ziemlich gutgelaunte Fortuna-Fans auf ihren Zug nach Hause warteten, sagte der Aufsichtsratsvorsitzende Borgo Borgerding: „Vor dem Spiel hätte ich das Ergebnis gekauft. Aber nach dem Verlauf der zweiten Halbzeit…“ Dem kann der Ergebene nur zustimmen. Natürlich ist ein Auswärtspunkt immer etwas wert. Nur wenn man eine Halbzeit lang das klar bessere Team ist und die Gastgeber mit dem Rücken an der Wand hat, dazu zwei Hundertprozenter, dann darf man als Fortune zurecht ein bisschen enttäuscht sein.
Zumal ein Sieg die Tabellensituation deutlich verbessert hätte. Nun MÜSSEN die nächsten Heimspiele gegen St. Pauli und Elversberg unbedingt gewonnen werden, und mindestens ein Punkt in Paderborn ist Pflicht. Wenn danach wie so oft beim KSC gewonnen wird, sieht die Zweitligawelt für F95 schon sehr viel rosiger aus.
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Vielen Dank für den guten Bericht. Erste Halbzeit war leider wie gegen Magdeburg, Unterhaching usw. sehr verhalten und viel zu passiv, dass scheint DT oder die Mannschaft nicht hinzubekommen und dann liegen wir meist im Rückstand (mit 2 Gegentoren). Oberdorf viele Fehlpässe, einfach nicht in Form (das 1:0 geht 2 x komplett auf sein Konto, seine Flanke schlecht und dann die Verteidigung). Hoffmann reagiert auch immer viel zu spät und beteiligt sich nicht am Aufbauspiel, aber leider haben wir auch keine großen Alternativen (vielleicht Manu). Jona ganz stark, ist einfach auf den ersten Metern nicht zu stoppen. Mit dieser Abwehr wird es echt schwer gegen Pauli.
Drücken wir mal die Daumen