F95 vs Rostock 2:0 – Wenn eine Mannschaft um Gegentore bettelt…
Obwohl die Fortunen phasenweise um ein Gegentor bettelten, holten sie gegen Hansa Rostock drei mordswichtige Punkte.
Bericht · In einem nicht immer schönen und/oder aufregenden Spiel war Hansa-Keeper Kolke bester Mann auf dem Platz. Das spricht für den Offensivdruck der glorreichen Fortuna, aber die Sache täuscht trotz einem Torschussverhältnis von 18:13. Denn so richtig torgefährlich waren die Jungs nur summasummarum 30 Minuten lang. Zwischendurch waren die Gäste ziemlich dicht am Anschlusstreffer. Weil denen aber ein kompromissloser Knipser fehlt und Tormann Flo Kastenmeier hielt, was zu halten war, kamen die Fortunen mit einem 2:0-Heimsieg davon. [Lesezeit ca. 7 min]
Viele Stimmen führten nach der Partie das Wort „Arbeitssieg“ im Mund. Man konnte nur froh sein, dass nicht auch noch von einem „dreckigen Sieg“ die Rede war. Dass es gar nicht dreckig war, lag auch am hervorragend pfeifenden Schiri Max Burda, der zu Recht viel laufen ließ und sich angenehm zurückhielt. Nur der Rostocker mit dem albernen Zopf meinte, reklamieren und schauspielern zu müssen. Zum Dank erntete er bei jedem seiner Fehler den Applaus der anwesenden F95-Fans.
Das war aber schon fast der einzige Aufreger. Mal abgesehen vom Versuch der Ultras, der Kurve ein neues Lied mit viel „Ohohoho“ aufzuzwingen. Und weil der Vorsänger in Sachen Gesang ziemlich talentfrei ist, hörte sich die Sache an, als läge irgendwo ein sterbendes Tier in der Gegend herum. Geschenkt. Scheint, dass jeder neue Kapo meint, sich mit einem selbstverzapften Song unsterblich machen zu wollen. Auch wenn das Gestöhne Ohrwurmtendenzen aufwies, beteiligte sich nur der Ultras-Block am elend langen Versuch, das Ding vor Spielbeginn durchzudrücken. Immer, wenn die Vorsänger dagegen altbekannte Gassenhauer anstimmten, kam auf der Süd so etwas wie Stümmung auf.
Das Geschehen auf der Wiese begann mit einem Schockmoment in der ersten Spielminute. Vince Vermeij verliert (zum ersten, aber nicht zum einzigen Mal) den Ball in der Offensive, ein Rostocker steckt gedankenschnell durch, sodass ein Kollege die Pille auf halblinks krieg, auf Kastenmeier zustürmt und mit einem feinen Flachschuss einlocht. Da machte das Stöhnen in der Kurve plötzlich Sinn: Ja, ja, gegen einen potenziellen Absteiger gleich mal ein Gegentor kassieren – typisch Fortuna.
Ob der Linienrichter die Fahne gehoben hat, ist dem Ergebenen entgangen. Jedenfalls schalteten sich die Falschbiertrinker aus der VAR-Kommune ein, und die Situation wurde auf Abseits überprüft, was sich für ziemlich genau zwei Minuten hinzog. Im Fernsehen war dann die Abseitsposition im Augenblick des Passes ganz gut zu sehen, also blieb es beim 0:0.
Ungewohnt schon, dass die Rotweißgestreiften in der ersten Halbzeit auf die Süd zu spielten. Ungewohnt aber auch, dass Trainer Thioune mit Vince Vermeij und Duffy Daferner eine Doppelspitze aufgestellt hatte. Funktioniert hat die nicht, und in der 68. Minute hatten die Coaches ein Einsehen und brachten Ísak Jóhannesson für Daferner. Dass unser junger Isländer bis dahin auf der Bank zu schmoren hatte, lag ja auch daran, dass bei zwei Spitzen eben ein Platz weniger im Mittelfeld existiert.
Die Beurteilung der beiden Mittelstürmer fällt schwer. Ja, doch, Vince war wieder enorm fleißig und suchte jeden Zweikampf, aber seine Gymnastik dabei hatte manchmal etwas realsatirisches. Mal abgesehen davon, dass er eroberte Bälle oft auch wieder verlor. Ein gutes Auge für Mitspieler hatte er auch nicht, und eigentlich war man sich im Block einig: Lasst Vermeij in der Pause in der Kabine. Anders lag die Sache beim vom Glubb ausgeliehenen Daferner. Eigentlich hätte der wohl den falschen Neuner mimen sollen, aber da wäre er Vermeij im Weg gewesen. Also suchte sich Duffy seine Räume woanders. So gelang ihm per Kopf der entscheidende Pass auf Felix Klaus, der in der 16. Minute mit einem herrlichen Volley zum 1:0 einnetzte.
Überhaupt: Felix Klaus MUSS immer dann den Rechtsaußen machen, wenn hinter ihm Zimbo Zimmermann als Schienenkollege zu Werke geht; gegen diese Kombi hat Jona Niemiec (Der kam in der 89. Minute für Felix) keine Schnitte, was schade ist, weil sich keine andere Position für unseren schnellen Brecher anbietet. Wenn in dieser Phase was ging, dann über diese rechte Seite.
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Denn das Tandem aus Nico Gavory und Chris Tzolis krankt daran, dass der junge Grieche gern nach innen zieht. Dann muss der Franzose fast zwangsläufig derjenigen sein, der von außen flankt; Doppelpässe oder ähnliche Leckerlis finden dort dann nicht statt. Übrigens: Auch wenn Gavory sich deutlich stabilisiert hat, wird manche Defensivsituation auf seiner Seite gefährlich, weil er nicht schnell genug ist. Apropos: In der 58. Minute musste sich Jordy de Wijs auswechseln lassen, weil er was am Fuß mitgekriegt hatte. Bis dahin war auch bei ihm nicht selten mangelnde Geschwindigkeit zu spüren. Dafür war er aber einer der wenigen, der nach der Schlafwagenphase versuchte, das Spiel voranzutreiben.
„Nur zwei Zeigerumdrehungen weiter…“ – so leiten manche Schreiber solche Sachen ein – durften die Zuschauenden, der Herzen für Rotweiß schlagen, erneut jubeln. Der quirlige Ao Tanaka hatte sich in eine schussträchtige Position ungefähr 20 Meter vom Tor entfernt gedribbelt und zog ab. Der Hammer kam so hart und präzise, dass der gute Rostocker Torwart keine Chance hatte; zumal er den Schuss sehr spät erkennen konnte.
Der Ergebene könnte an dieser Stelle Passagen aus anderen Spielberichten per Copy & Paste einfügen, denn erneut war Ao Tanaka der beste Fortune auf dem Platz. Erneut zeigte er dieselben Qualitäten bei der Balleroberung, der Ballbehauptung, der Übersicht und im Passspiel wie schon in allen Spielen im Kalenderjahr 2024. Die Trauer darüber, dass uns der fröhliche Japaner verlassen wird, wächst nicht nur im Herzen eures ergebenen F95-Beobachters.
Das war’s dann auch mit der rotweißen Herrlichkeit in der ersten Halbzeit. Und falls es die Folge von taktischen Anweisungen des Trainers war, dass seine Mannschaft wie auf Knopfdruck in Lethargie verfiel, dann sollte Daniel Thioune mal in sich gehen. Oder war es wieder die berüchtigte fehlende Intensität? An dieser Stelle auch mal nachgefragt? Was macht eigentlich Mentaltrainer Axel Zehle? Sorgt dafür, dass sich die Buben alle so richtig woooohlfühlen? Oder hilft der nur bei mentalen Krisen? Wäre er nicht derjenigen, der für dauerhafte Intensität zu sorgen hätte? Oder vielleicht sogar für die von Spochtrepochtern gern erwähnte Gier & Galligkeit? Wie kommt es, dass – unabhängig von der konkreten Aufstellung – sich die Elf einfach mal zufriedengibt. Oder haben die ab Minute 18 gar auf Halten und Verwalten gespielt?
Finde den Fehler: Menschen machen Fehler. Schreiber:innen sind Menschen, machen also Fehler. Und Schreiber ohne großes Team hinter sich – wie der Ergebene – machen natürlich auch Fehler. Deshalb unsere Bitte an alle: Wer einen Fehler im Text entdeckt, meldet ihn uns auf einem der bekannten Wege – z.B. per Mail an kontakt@fortuna-punkte.de oder über das Kontaktformular. Wir versprechen, falls wirklich etwas Falsches im Beitrag stand, bedanken wir uns nicht nur, sondern korrigieren es umgehend. Schönen Dank im Voraus!
Haben sie natürlich nicht. Und in der Minute 19 wäre beinahe schon das 3:0 gefallen, aber Chris Tzolis traf das Ei nicht genau genug. Tatsache aber, dass der Offensivschwung der ersten 20 Minuten schnell erlahmt und die Rostocker plötzlich das Sagen hatten. Die Leute in der Spielautomatenarena, die nicht für Blau waren, konnten froh sein, dass der Kasten von Flo zur Pause noch sauber geblieben war.
Wie gesagt: Im 41er waren etliche Beobachter:innen sich einig, dass Vermeij besser nicht mehr mitmachen sollte. Auf der Wunschliste für Einwechslungen standen außer Marlon Mustapha auch noch Dennis Jastrzembski und Tim Oberdorf; letztere als Ersatz für Joshy Quarshie, der ja fast zwangsweise wieder als Innenverteidiger ranmusste, weil Käpt’n Hoffmann wegen Wadenprobleme passen musste. Man muss dem blutjungen Quarshie wirklich zugutehalten, dass er einige Male kompromisslos klärte und keinen Zweikampf verloren gab. Aber, was der gebürtige Duisburger sich stellenweise an Stellungsfehlern leistete und wie oft er bei gegnerischen Schnellangriffen wackelte, war schon ein bisschen unheimlich.
Vermutlich ist es richtig, dieses Wackeln auszuhalten, um dem Jungen den Erfahrungsaufbau zu ermöglichen. Fragt sich nur, ob und wann er einen spielentscheidenden Fehler macht. Leider war auch Tim Oberdorf in den ersten zehn Minuten nach seiner Einwechslung nicht auf der Höhe seines möglichen Könnens; gerade zwischen der 60. und der 80. Minute bettelten die Fortunen geradezu um einen Gegentreffer. Nehmen wir mal zugunsten der Coaches an, dass Lauern auf Konter angesagt war.
Dazu passte aber die rasant anwachsende Fehlerquote nicht, die fast bei keinem F95-Kicker ausblieb. Wie viele Pässe landeten im Aus? Oder im Irgendwo? Wie oft ließen sie sich den Ball vom Fuß nehmen? Oder sich ganz simpel überlaufen? Wie oft fiel ihnen nichts ein, sodass Flo Kastenmeier wieder mal den meisten Ballbesitz hatte? Beinahe jeder andere aktuelle Zweitligist hätten die Fortuna in dieser Verfassung einfach geschlachtet. Aber den Rostockern gelang bei insgesamt 13 Torschüssen und 7(!) Ecken kaum je eine echte Torchance.
Irgendwann und ohne besonderen Grund gingen die Fortunen aber wieder mit einem Hauch mehr Intensität (Der Ergebene kann das Wort nicht mehr hören!) voran. Treiber waren am ehesten noch Tzolis und natürlich Tanaka. Vermeij blieb bis zum Schluss ohne jede Bindung, und die Schiene mit Zimmermann und Niemiec funktionierte nicht so recht. Also ging mehr durch die Mitte. Auch weil nun Jóhannesson an Bord war und als Achter für Offensivdruck sorgte.
Wo wir gerade beim Mittelfeld sind, muss natürlich auch Yannik Engelhardt erwähnt werden, der gestern ein paar Mal ganz schön was auf die Knochen kriegte, aber die 100%-Bank auf der Sechserposition ist. Dass der Junge gut ist, wissen wir, dass er aber immer besser wird, hat wohl niemand vorhergesehen. Da fragt man sich schon, was aus Cello werden soll, wenn der wieder mit an Bord ist. Eigentlich nur eine Hälfte einer defensiven Doppelsechs in Partien, in denen das Team eindeutig defensiv eingestellt wird.
Über 31.000 Menschen verbrachten ihre wertvolle Zeit in der Arena, darunter um die 2.000 Rostocker, die sich komischerweise fast komplett im Oberrang angeordnet hatten und eine künstlerisch wertvolle Choreo präsentierten, die so gar nicht zum Böse-Jungs-Image der Hansa-Fans passen wollte. Von größeren Animositäten zwischen den Anhängerschaften war nichts zu spüren, und soweit bekannt gab es weder vor noch nach dem Spiel irgendwelchen Ärger mit den Hanseaten.
Der Sieg, so merkwürdig er auch zustande kam, war wichtig, da kann es keine zwei Meinungen geben. Weil nur diese drei Punkte noch für Erregung vor den Partien in Hanoi und zuhause gegen den HSV sorgen konnten. Wie euer Ergebener schon im Vorbericht anmerkte: Nur eine Siegesserie mit mindestens drei-, lieber viermal drei Punkten kann die glorreiche Fortuna noch in die Nähe des Relegationsplatzes bringen.
Tatsächlich aber diskutierten die Leute im Block in der Pause und nach dem Spiel viel ausgiebiger darüber, wie unsere von Herzen geliebte Fortuna am 3. April das Wunder aller Wunder im Pokalfinale bei Bayer Leverkusen erzwingen kann. Da war dann von einem 7-2-1-System die Rede und darüber, dass Alonso sowieso abschenken wird, weil ihm der Meistertitel reichen würde. Oder die Prognose, dass F95 bis ans Ende der Verlängerung ein 0:0 halten und dann das Elferknallen für sich entscheiden könnte. Und was einem so an Science-Fiction in Bezug auf dieses Spiel noch so in den Kopf kommen kann.
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