Spielberichte

Leverkusen vs F95 4:0 (Pokal) – Traurig, ernüchtert und enttäuscht

Die glorreiche Fortuna aus dem wunderschönen Düsseldorf verlor völlig zu Recht im Pokalhalbfinale gegen Leverkusen.

Bericht · Traurig ist der Ergebene aus dem ganz persönlichen Grund, dass er seine geliebte Fortuna dieses Jahr nicht im Pokalfinale in Berlin erleben und unterstützen darf. Ernüchtert muss man als F95-Fan sein, weil die irrationalen Werte Glaube, Liebe, Hoffnung eben doch nicht ausreichen, ein Team zu schlagen, das auf jeder einzelnen Position besser besetzt ist als die eigene Mannschaft. Und enttäuscht ist euer rotweiß gefärbter Ergebene schon ein bisschen von der Leistung der Thioune-Truppe – besonders in der ersten Halbzeit. [Lesezeit ca. 6 min]

Leverkusen vs F95: Der Glaube lebt solange deine Fahne weht (Foto: FP)
Leverkusen vs F95: Der Glaube lebt solange deine Fahne weht (Foto: FP)

Dafür war es ein besonderes Erlebnis, diese historische Partie im Kreis von gut eintausend Menschen zu erleben, die sich gestern im Henkelsaal zum vom unvergleichlichen Martin Wilms organisierten Public Viewing einfanden. War die Stimmung vor dem Anpfiff noch einigermaßen aufgekratzt, wich dieses Gefühl spätestens nach dem 2:0 für Bayer zunächst einem gewissen Leck-Mich-am-Arsch-Gefühl, um dann in einem fröhlichen Trotz zu weichen. Und Stolz auf das, was diese tolle Mannschaft erreicht hat. Stolz, auch solch ein altmodisches, romantisches Ding.

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Genau wie der Begriff Mut, der spätestens nach Bekanntgabe der überraschenden Aufstellung mit einem 3-4-3 benutzt werden durfte. Da hatten sich die Coaches ja was ausgedacht: Eine Dreierkette mit Käpt’n Hoffmann zwischen den inzwischen bewährten Herren Siebert und Oberdorf. Das war mutig, aber erwies sich schnell als erfolglos, denn die Bayer-Flitzer überspielten die Mittelfeldreihe mit Zimmermann, Jóhannesson, Engelhardt und Iyoha ein ums andere Mal mit Leichtigkeit. Folgerichtig stellte Daniel Thioune bereits nach dem 0:1 in der 8. Minute auf die bewährte Viererkette um. Tim Oberdorf rückte ins Mittelfeld, das nun mit fünf Mann besetzt war.

Leverkusen vs F95: Das 1:0 in der 8. Minute (Foto: FP)
Leverkusen vs F95: Das 1:0 in der 8. Minute (Foto: FP)

Half alles nichts, weil die Werkself nun auf geduldiges Warten auf die gefährlichen Räume spielte und diese auch zuhauf bekam. Während Emma Iyoha mit dem pfeilschnellen und trickreichen Frimpong noch halbwegs mithalten konnte, war Zimbo Zimmermann auf der anderen Seite heillos überfordert; auch, weil ihm Felix Klaus, wieder ein Totalausfall, überhaupt nicht half.

Leverkusen vs F95: Kurz ratlos vor der Umstellung auf Viererkette (Foto: FP)
Leverkusen vs F95: Kurz ratlos vor der Umstellung auf Viererkette (Foto: FP)

Jeder, der auch mal Kreisligafußball gespielt hat oder guckt, weiß, dass gegen spielerisch überlegene Gegner nur Nähe und Härte hilft. Das kennen wir doch: Da macht so ein flinkes halbes Hemd den schwerfälligen Gegner regelmäßig nass, wenn der dem Dribbler aber ein paar Mal ernsthaft auf die Knochen geht, vergeht dem die Trickserei. Härte ist aber so gar nicht das Ding unserer braven Truppe. Nur in den ersten zehn Minuten wählten Siebert, Hoffmann und auch Engelhardt das Mittel des Fouls. Danach hielten sie in der ersten Halbzeit meistens respektvollen Abstand von den Leverkusenern. Und wenn sie einen Zweikampf mit legalen Mitteln eingingen, verloren sie den.

Leverkusen vs F95: Fußball muss brennen (Foto: FP)
Leverkusen vs F95: Fußball muss brennen (Foto: FP)

Sicher: Verliert der Gegner einen Mann durch eine rote Karte, gewinnt Bayer. Aber das Risiko hätte man gehen müssen. Zumal gerade die schnellen Bayer-Söldner gern weinend zu Boden gehen, wenn man sie auch nur schief anguckt. Darauf darf aber ein Spitzenschiri wie Christian Dingert nicht hereinfallen. Und gegen einen Rowdy wie Andrich hilft nur energisches, körperliches Dagegenhalten. Leider gibt es im aktuellen F95-Kader niemanden, der so viel Robustheit aufweist – Jamil Siebert mal ausgenommen. Der war es auch, der in den ersten 45 Minuten die wenigsten Kompromisse einging … dabei aber auch die in solche Spielweise eingepreisten Fehler machte.

Finde den Fehler: Menschen machen Fehler. Schreiber:innen sind Menschen, machen also Fehler. Und Schreiber ohne großes Team hinter sich – wie der Ergebene – machen natürlich auch Fehler. Deshalb unsere Bitte an alle: Wer einen Fehler im Text entdeckt, meldet ihn uns auf einem der bekannten Wege – z.B. per Mail an kontakt@fortuna-punkte.de oder über das Kontaktformular. Wir versprechen, falls wirklich etwas Falsches im Beitrag stand, bedanken wir uns nicht nur, sondern korrigieren es umgehend. Schönen Dank im Voraus!

Die ersten drei Tore, die den Halbzeitstand erzeugten, gingen auf mehr oder weniger schlimme individuelle Fehler zurück. Anstatt den von außen in die Box kommenden Frimpong im Auge zu behalten, zog Iyoha in die Mitte, wo aber bereits drei Kollegen aktiv postiert waren. Der Torschütze konnte mutterseelenallein zum 1:0 vollstrecken. Der Konter zum 2:0 entstand aus einem Stellungsfehler von Tim Oberdorf nach einem eigenen Angriff, als er Wirtz mehr Platz schenkte als der brauchte. So entstand eine 4:2-Überzahl – auch weil die nominellen Defensivarbeiter Zimmermann und Engelhardt nicht schnell genug zurückkamen.

Leverkusen vs F95: Das 2:0 entstand aus einem Konter (Foto: FP)
Leverkusen vs F95: Das 2:0 entstand aus einem Konter (Foto: FP)

Das 3:0 kam dann durch einen Fehlpass von Flo Kastenmeier zustande, der einen Abschlag diesem Andrich vor die Füße legte. Was aber dadurch möglich wurde, dass Jamil Siebert, der angepeilte Passempfänger einen unnötigen Schritt zur Seite machte, sodass die Pille zum Bayer-Kicker durchging. Solche Situationen zum Torerfolg durchzuspielen, gelingt der Alonso-Truppe mit spielerischer Leichtigkeit. Da sind sie nicht nur technisch perfekt, sondern auch enorm schnell im Kopf und erkennen die Lage blitzschnell.

Leverkusen vs F95: Das 3:0 nach einem Kastenmeier-Fehlpass (Foto: FP)
Leverkusen vs F95: Das 3:0 nach einem Kastenmeier-Fehlpass (Foto: FP)

Oder: Während allen F95-Spielern das Ei bei der Ballannahme gern mal einen Meter wegspringt, passiert das den Pillendrehern so gut wie nie. Das kombiniert mit einer Passquote von 93 Prozent macht die Bayer-Elf an guten Tagen unschlagbar. Wenn man sie lässt… Qarabag Agdam hat sie nicht gelassen, Wolfsburg, Freiburg und Hoffenheim zuletzt in der Liga auch nicht. Unsere Rotweißen aber schon. Und das macht die Enttäuschung des Ergebenen über diese erste Halbzeit aus. Untermauert durch eine Zweikampfquote von 62:38 zugunsten der Glyphosat-Kicker.

In Hälfte zwei sah die Sache viel besser aus, obwohl es nicht den Eindruck machte, als würden die Alonso-Schützlinge viel Dampf rausnehmen. Ungewöhnlicherweise hatte Daniel Thioune in der Pause Wechsel angeordnet. Für Käpt’n Hoffmann, dessen Teilnahme nur bei einer Dreierkette Sinn ergab, kam … mit Joshy Quarshie wieder ein Innenverteidiger. Hä? Erst mit der Hereinnahme von Cello Sobottka für den völlig wirkungslosen Felix Klaus wurde ein Schuh daraus, denn Tim Oberdorf rückte aus der Viererkette einen Zacken weiter vor und bildete mit Cello eine Doppelsechs, während Yannik Engelhardt offensiver arbeiten durfte. Auch ungewöhnlich, dass nun Ìsak Jóhannesson aushilfsweise den rechten Flügel übernahm.

Leverkusen vs F95: Eine von drei Chancen der Fortuna (Foto: FP)
Leverkusen vs F95: Eine von drei Chancen der Fortuna (Foto: FP)

Dem sinnlosen Wirken von Marlon Mustapha machten die Coaches erst in der 65. Minute ein Ende. Dem Ergebenen erscheint unser Ösi deutlich übermotiviert, und zwar in einem Maße, dass er seine designierte Rolle als Spitze nicht einnimmt, weil er gleichzeitig Wühler und Wandspieler sein möchte. Sein Rumgefuchtel mit den Armen macht ihn zudem ständig zu einem Kandidaten für eine gelbe Karte. Und Tzolis? Dieser Mensch, den manche Fans für einen Fußballgott halten, der aber eben auch nur zwei Füße und zwei Augen im Kopf hat. Der genoss über die 90 Minuten seine völlige Narrenfreiheit und hatte tatsächlich zwei waschechte Torchancen. Die dritte der drei Möglichkeiten hatte Ende der ersten 45 Minuten Andre Hoffmann.

Mehr war da nicht. Für Mustapha kam Jona Niemiec, und das gesamte Auftreten der Fortunen änderte sich auf einen Schlag, denn der Jona, der ist ein Schrank, der seinen Körper jederzeit im Sinne von Balleroberung und -behauptung einzusetzen bereit ist. So bestand die Offensivreihe 25 Minuten lang aus Iyoha, Tzolis und Niemiec, und die Coaches sollten mal überlegen, ob das nicht auch bei Ligaspielen eine mögliche Startelfvariante ist.

Leverkusen vs F95: Steh auf, wenn du am Boden liegst (Foto: FP)
Leverkusen vs F95: Steh auf, wenn du am Boden liegst (Foto: FP)

Reden wir nicht über den albernen Elfer, der zum Endstand führte. Hatte Schiri Dingert die Situation noch als legal bewertet, griffen die kölschbesoffenen Grottenolme ein, ganz im Sinne der bescheuerten DFB-Auslegung der Handspielregel. Bei einem Abwehrversuch dicht vor Flo Kastenmeier hatte Zimbo mit den Armen gerudert, um das Gleichgewicht zu bewahren. Dabei hatte ihn die Kugel minimalst an der Hand berührt. Niemand außer den fußballgottverfluchten VARisten hatten daran etwas zu beanstanden. Wie heißt es zum Videobeweis so schön: „Ihr macht unser’n Sport kaputt.“

Leverkusen vs F95: Noch der beste Mann im weißen Trikot (Foto: FP)
Leverkusen vs F95: Noch der beste Mann im weißen Trikot (Foto: FP)

Dabei flog Kastenmeier beim Strafstoß von Wirtz noch in die richtige Ecke. Aber der Schuss war einfach zu präzise und schlug nur Zentimeter neben dem Pfosten ein. 4:0 hieß es da, was die Partie zu einer Klatsche werden ließ, die sie angesichts der zweiten 45 Minuten nicht wahr. Und trotzdem haben die Spochtrepochter Recht, die schrieben, Bayer habe die Fortuna „auseinandergenommen“.

Leverkusen vs F95: Fortuna hatte die letzte Chance im Spiel (Foto: FP)
Leverkusen vs F95: Fortuna hatte die letzte Chance im Spiel (Foto: FP)

Die Trauer im Henkelsaal sowie gegenüber in und an der Retematäng hielt sich in engen Grenzen. Es war ja nur geschehen, was bei angewandtem Realismus zu erwarten war. Deshalb wird diese Niederlage weder die Moral der Mannschaft noch den Support-Willen des Fanvolks brechen. Im Gegenteil: Nicht wenige Zuschauende waren der bissigen Meinung, nun müssten halt die Gegner in der zweiten Liga büßen. Ja, und eigentlich ist es gut, dass es vorbei ist, denn jetzt gilt die volle Konzentration dem Aufstieg – am liebsten ohne Relegation.

Außerdem: Pokal ist jedes Jahr. Und was nicht ist, kann ja in der nächsten Pokalsaison werden. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt; der Glaube auch, und die Liebe zum geilsten Club der Welt nie.

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4 Gedanken zu „Leverkusen vs F95 4:0 (Pokal) – Traurig, ernüchtert und enttäuscht

  • „Leverkusen vs F95: Fußball muss brennen (Foto: FP)“
    Tatsächlich?!

    Antwort
  • Schade…. Andre Hofmann mit Raumdeckung, wie schön und wieder der Felix als Komplettausfall. Wer hatte diese Idee??? Man versteht es nicht …

    Antwort
  • So schön es gestern trotz des 0:4 im Henkelsaal war, so ärgerlich war mal wieder ein Auftritt der sogenannten Fans im schwarzen Outfit, direkt an der Treppe. Ultras ? Hools ? Warum nicht alle gemeinsam in rot-weiß ? Sich erst mit mitgebrachtem Hochprozentigen die Hirse zugedröhnt, sich beim „pogen und grölen“ mit Rot-Weißen angelegt und obendrein reichlich Gläser zerstört haben um letztlich besoffen zum Teil in ihrem eigenen Unrat und total verklebten Boden zu sitzen. Einfach nur peinliche Idioten. Fans ? Beileibe nicht. Ok, könnte man jetzt aufs junge Alter schieben. Aber Gleichaltrige zeigten in der Überzahl wie es auch gehen kann, nämlich mit jung und alt Stimmung machen.
    Ok, jetzt ist Schluss mit ärgern. Auf ein Neues am Sonntag, 13:30 Uhr und der Hoffnung, dass die „Schwarzen“ sich in der Arena halbwegs benehmen ! 95 olé !
    Fortunajack

    Antwort
  • Da sind wohl einige Bier geflossen im Henkel Saal.
    Warum Herr Mustapha und Herr Körperklaus Nach 70 Minuten Misere gegen Kaiserslautern wieder aufgerufen wurden, erschließt sich mir nicht. Da hatten wir wenigstens noch Herrn Tanaka, der sich nun eines Darmzipfels entledigen musste.
    Was war eigentlich mit Herrn 1. Liga Appelkamp unserem „Edeltechniker“? Kein Wort darüber, aber vielleicht verstehe ich davon nicht allzu viel.
    Die Hereinnahme von Herrn Sobottka und Mr. Quarshie diente wohl eher dazu, ein komplettes Debakel zu vermeiden. Das können wir besser.

    Antwort

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