Vorbericht: F95 vs Kiel – Weiter, immer weiter…

Jetzt haben wir zwei schicke Heimsiege nebst einer blamablen Auswärtsniederlage hinter uns und wünschen uns, dass es ohne Peinlichkeiten weiter geht. Da kommt Holstein Kiel gerade recht.

Analyse · Leider geht es ja vier Spieltage vor Saisonabschluss in den Medien schon dauernd um Ab- und Zugänge, dabei könnte die glorreiche Fortuna rein rechnerisch… Dazu müsste F95 alle restlichen Partien gewinnen, der HSV wie üblich schwächeln und Paderborn und Paul nichts mehr reißen. Aber nicht nur deswegen müssen die Buben in Rot am Samstag unbedingt gegen Holstein Kiel gewinnen. Sondern um uns in treue ergebenen Anhänger:innen Freude zu bereiten. Denn darum geht’s ja auch immer. [Lesezeit ca. 5 min]

Die Störche sind ein Gegner vom selben Kaliber wie Karlsruhe und demnächst Hannover: Sie haben mit Ab- und Aufstieg nichts mehr zu tun. Danach sah es bei den Kielern aber auch die gesamte Saison über aus. Die Wege der beiden morgigen Kontrahenten trennten sich am 14. Spieltag mit dem feinen 2:1-Auswärtssieg unserer Jungs, denn danach setzten sich die Nordlichter im Mittelfeld fest, während Fortuna begann nach oben zu schielen.

Na, schon gespannt auf den Vorbericht? Nach einer kurzen Werbeunterbrechung geht’s weiter. Denn die Fortuna-Punkte verstecken sich nicht hinter einer Paywall. Alles, was du hier findest, ist gratis, also frei wie Freibier. Wenn dir aber gefällt, was du liest, dann kannst du uns finanziell unterstützen – zum Beispiel mit dem Kauf von Lesepunkten. Wir würden uns sehr freuen.

Die Störche treten mit verschiedenen Systemen an; gegen offensiv starke Gegner ist es meist ein 3-5-2. Aber auch Konstellationen mit Viererkette haben sie drauf. Ein gewisser Herr Skrzybski, der auch mal kurz Fortuna war, aber nach eigenem Bekunden Schalke-Fan ist, tut bei den Kielern mit und hat sich dort als Knipser entpuppt. Mit bereits 13 Treffern steht er auf Platz 3 der Torjägerliste, einen Platz vor unserem Dawid Kownacki.

Zweimal 0:3 gegen die beiden Ersten der Tabelle zeigten aber auch die Schwächen gegen starke Teams; beide Male kassierten sie früh ein erstes Gegentor. Weil sie dann natürlich aufmachen mussten und Heidenheim und Darmstadt sie unter Kontrolle hielten, verloren sie am Ende. Könnte ein Muster sein…

Das Gegnerporträt

Kaum zu glauben: Aber vor der gemeinsamen Regionalliga-Saison in Jahr 2001 trafen die glorreiche Fortuna und die wegen ihrer Sportkleidung sogenannten „Störche“ nur ein einziges Mal in einem Pflichtspiel gegeneinander an: im Tschammerpokal 1937, dem Vorläufer des heutigen DFB-Pokals. Im Achtelfinale schlug die Fortuna die Kieler im 2:1. Wie wir alle wissen, zogen die Rotweißen später ins Finale am 9. Januar 1938 im Müngersdorfer Stadion ein, wo sie Schalke mit 1:2 unterlagen.

In den sechs Jahre der Regionalliga Nord ärgerten uns die Holsteiner heftig und entschieden vier von acht Begegnungen für sich. Aus dieser Zeit stammt auch der ewige Kampfspruch „Kiel, du Arschloch“, der insgesamt eher liebevoll gemeint ist. Wobei der Ergebene sich partout nicht erinnern kann, was der Anlass für diese Titulierung war…

Um ein Haar wäre Holzbein Kiel 2018 in die erste Bundesliga aufgestiegen und damit erster Erstligist Schleswig-Holsteins geworden (Wer auch sonst?). Aber leider mussten sich in beiden Relegationsspielen VW-Burg geschlagen geben. In zwei Saisons hatte Markus Anfang als Trainer aus einer vielversprechenden Mannschaft ein führendes Team der zweiten Liga gemacht – mit den beiden Ex-Fortunen Kenneth Kronholm und Jojo van den Bergh als Stammspielern. Und um ein zweites Haar hätten sie es 2021 geschafft, aber der Äff-Zäh stand ihnen im Weg. Es war das Ende in der Saison, in der sich Friedhelm Funkel als Verräter entpuppte und den Hundmithörnerverein auf den letzten Drücker vorm Abstieg rettete.

Gemeinsam ist Holstein Kiel und Fortuna Düsseldorf, dass beide je zweimal Deutscher Meister wurden. Zweimal? Ja, sowohl F95 als auch Holstein wurden einmal Deutscher Fußballmeister und einmal Amateurmeister. Aber das liegt lange zurück. Traditionell sind die Partien dieser beiden waschechten Traditionsclubs immer recht spannend, selbst bei unentschiedenem Ausgang war immer Action auf der Wiese.

Der Spielplan

Wenn man Trainer Thioune in den Pressekonferenzen vor einem Spiel hört, wird klar, wie wenig der Spruch „Wir müssen nur auf uns schauen“ heute noch gültig ist. Denn zur Spielvorbereitung gehört mittlerweile ja eine ausführliche Videoanalyse des Kontrahenten. Ja, auch die Lage des Gegners in der Tabelle wird beim Basteln des Matchplans reflektiert. Insofern dürfte die wichtigste Motivation der Störche sein, den beiden Niederlagen gegen Heidenheim und Darmstadt etwas entgegenzusetzen.

Dabei dürften sich die Kieler Trainer aber auch intensiv mit den Auftritten der Fortuna beschäftigt und ihre Stärken und Schwächen herausgearbeitet haben. Könnte gut sein, dass die Gäste deshalb auf eine massierte Abwehr schon ab dem Mittelfeld setzen. Die Probleme der Fortunen mit der Spieleröffnung dürften ihnen nicht verborgen geblieben sein.

Andererseits werden Daniel Thioune und seine Kollegen sich auch genau angeschaut haben, wie die insgesamt sechs Gegentore der Kieler entstanden sind. Dreimal waren Ecken die Ausgangssituationen, einmal ein Kopfball nach Flanke. Dazu ein Elfmeter, ein Eigentor und das Ende eines Konters. Wenn Shinta Appelkamp spielt, dürften Ecken auch ein wichtiges Instrument der Fortuna sein. Und das Spiel über die Flügel kriegen die Jungs mit Emma Iyoha und Felix Klaus auch ganz gut hin.

Der Schlüssel zum Erfolg dürfte aber in der Defensive liegen. Denn gefährliche Angriffszüge haben die Störche drauf. Ein zweiter Erfolgsfaktor wird wohl sein, Skrzybski so kalt wie möglich zu stellen.

Das System und die Aufstellung

Unabhängig vom bereitstehenden Personal spricht Vieles dafür, wieder auf eine Viererkette zu setzen. Dieses Mal aber nicht als ödes 4-4-2 sondern mit mehr Offensivpower als echtes 4-3-3. Basis dafür ist, dass Nico Gavory wieder nominell als linker AV gesetzt wird und den Schienenspieler auf diesem Flügel gibt. Rechts bleibt es bei Zimbo Zimmermann in gleicher Funktion. Käpt’n Hoffmann scheint seine Schwindelanfälle überwunden zu haben; falls er doch ausfällt, würde natürlich Tim Oberdorf neben Chris Klarer in die Innenverteidigung rücken.

So vielversprechen sich Elo Fernandes Neto als Spielmacher gegen den KSC präsentiert hat, der Ergebene würde auf Shinta Appelkamp als Achter setzen. Allein schon, um zu zeigen, dass wir alle immer noch viel Vertrauen in ihn haben. Cello macht den einzigen Sechser. Verrückt aber: euer schwer ergebene F95-Beobachter würde Micky Karbownik ins Mittelfeld holen – und zwar eher rechts und quasi als zweiten Achter. Das Trio im Mittelfeld könnte dann nach Herzenslust rochieren und sich bei den Aufgaben abwechseln.

Auch ob Dawid Kownacki fit ist, war heute noch offen. Falls ja, sollte er als einzige Spitze starten, flankiert – wie schon angedeutet – von Emma Iyoha links und Felix Klaus rechts. Hat Dawid immer noch den Fipps, wird’s schwierig, denn da wäre ausgerechnet Daniel Ginczek der einzige Recke, der den Mittelstürmer geben könnte. Oder die Coaches wagen das Experiment, Jona Niemiec in die Startelf zu holen. Der würde dann rechts als Außenstürmer antreten, während in diesem Fall Kris Peterson den linken Flügel beackert.

Auf der Bank nehmen die üblichen Verdächtigen Platz: Gorka, Böckle, Uchino, Hoffmann(?) oder Oberdorf, Peterson oder Klaus, Ginczek(?), Fernandes Neto, Baah.

Der Tipp

Die Körperteile des aufrichtig Ergebenen sind sich ungewohnt einig: Fortuna Düsseldorf wird als Siegerin vom Platz gehen. Dabei sieht der Bauch ein 3:1 voraus, während der Kopf auf ein 2:0 spekuliert. Und das Herz meint, warum sollte sich F95 schlechter schlagen als HDH und die Lilien? Tippt also auf ein 3:0.